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ARD-Jahrbuch

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Der Zar reitet<br />

. . . mitunter auch die Korrespondenten<br />

Von Ina Ruck<br />

Gerd Ruge war 1956 der erste <strong>ARD</strong>-Korrespondent,<br />

der aus Moskau über die Sowjetunion berichtete.<br />

Erst 1967 gelang es der <strong>ARD</strong>, einen zweiten Korrespon-<br />

denten, speziell für das Fernsehen, zu akkreditieren.<br />

Heute betreibt die <strong>ARD</strong> ein Hörfunk- und ein Fernseh-<br />

studio mit jeweils drei Korrespondenten und insge-<br />

samt 40 Mitarbeitern, die über Russland und die Nach-<br />

folgestaaten der UdSSR (außer den baltischen) berichten<br />

– das Gebiet reicht vom Polarkreis im Norden bis<br />

nach Mittelasien im Süden. Ob Tschetschenienkrieg,<br />

die Rolle Putins im globalen Machtgefüge oder die<br />

energiepolitische Entwicklung in der russischen Födera-<br />

tion – die Zuschauer des Ersten werden aktuell und<br />

kompetent informiert, in rund 2 000 Sendeminuten<br />

jährlich.<br />

V<br />

iermal täglich kann man aus den Fenstern<br />

unseres Moskauer Studios ein<br />

Spektakel beobachten. Immer dann,<br />

wenn es plötzlich still wird auf dem<br />

Kutusowskij Prospekt. So still, dass wir die<br />

Fenster öffnen können und dennoch das eigene<br />

Wort noch verstehen. Viermal am Tag nämlich<br />

wird der Kutu gesperrt.<br />

Zweimal morgens, zweimal abends leistet<br />

sich Moskau die Vollsperrung einer sechsspurigen<br />

Ausfallstraße, minutenlang. Aus unseren<br />

Fenstern im 12. Stock blickt man dann nicht in<br />

den üblichen Stau – sondern weit über die<br />

sechsspurige Leere, die sich bis über die Moskva­<br />

Brücke hin zum Weißen Haus, dem Sitz der<br />

Regierung, erstreckt. Ganz hinten sieht man die<br />

Kuppel der Erlöserkathedrale, und es ist eine<br />

beinahe himmlische Ruhe.<br />

Irgendwann hört man von Ferne die ersten<br />

Martinshörner, Minuten später rast das erste Polizeiauto<br />

unter unseren Fenstern vorbei. Dann<br />

noch eins, dann noch eins, meist laut hupend.<br />

Dann wieder gar nichts – und schließlich eine<br />

Kolonne schwarzer Wagen, rasend schnell, in<br />

der Mitte hinter versetzt fahrenden Bodyguard­<br />

Geländewagen eine lang gestreckte Limousine.<br />

Hat die seitlich vorne eine Standarte aufgesteckt,<br />

sitzt der Präsident im Fond – fehlt die<br />

Fahne, ist es der Premier. Manche sagen, man<br />

erkenne Putin auch daran, dass seine Kolonne<br />

noch schneller fahre als die Medwedews – bis<br />

zu 120 Stundenkilometer.<br />

Gesperrt wird immer dann, wenn Präsident<br />

und Premier zur Arbeit fahren – oder wieder<br />

zurück. Denn der Kutusowskij führt vom Stadt­<br />

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