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dihw MAGAZIN 4/2022

Die Fachpublikation dihw MAGAZIN berichtet in vierteljährlichem Turnus über Werkzeuge und Prozesse zur Bearbeitung von Metallen, Metalllegierungen, Verbundwerkstoffen, Naturstein, Beton, Holz- und Holzprodukten, Glas sowie von sonstigen Produkten.

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Werkstoffe<br />

Horst Lach (rechts) und Kurt Wagner (†) in einer Abteilung der Industrie-Diamanten-Schleiferei.<br />

Borazon® – kubisch kristalline Bornitrid-Körnung – metallüberzogen.<br />

1969 mit einem Schleifmittel konfrontiert,<br />

das es bis dahin (in der westlichen Industrie)<br />

nicht gab: „cubic boron nitride“ unter<br />

dem Namen „Borazon“; kubisch kristallines<br />

Bornitrid (CBN), spezifisches Gewicht 3,48,<br />

thermische Widerstandsfähigkeit 1400° C,<br />

Härte nach Knoop 4.700.<br />

Im Vergleich zu Diamant zwar in Härte unterlegen<br />

(Diamant = 7.800 nach Knoop),<br />

dafür jedoch an thermischer Widerstandsfähigkeit<br />

deutlich überlegen (Diamant =<br />

ca. 820°C). Borazon®/CBN – verarbeitet in<br />

kunstharz- und metallgebundenen Schleifscheiben<br />

mit großem Potenzial für das<br />

Schleifen gehärteter hochlegierter Stähle.<br />

Heute könnte ich mich auf die These versteifen,<br />

dass die „kleine Diamant-Industrie“<br />

zu Beginn der General Electric-Verkaufskampagne<br />

nicht zu den gesuchten<br />

Adressaten für dieses neue Schleifmittel<br />

gehört hat. Das kann man allein schon daraus<br />

folgern, wie dieses neue Material von<br />

GE verkauft werden sollte: Nicht Karatweise<br />

wie Diamant, sondern per Gramm,<br />

wobei ein Gramm Borazon®/CBN zum<br />

stolzen Preis von fünf US-Dollar (damals<br />

teurer als Gold) angeboten wurde.<br />

Die klassischen Schleifscheiben-Hersteller<br />

für die Stahlbearbeitung konnten zu dieser<br />

Zeit (zum Leidwesen von GE) mit diesem<br />

„überlegenen“ Schleifmittel für das Schleifen<br />

gehärteter Stähle nichts anfangen: kurzum,<br />

alle Ressourcen angefangen von Personal,-<br />

Labor-, Formen- und Pressenkapazitäten<br />

fehlten, um sich mit diesem aufwändigen<br />

neuen Schleifstoff zu beschäftigen.<br />

Der Zufall hilft<br />

Diamant-Schleifscheiben in Kunststoffund<br />

Metallbindungen in guter Qualität<br />

herzustellen, hatte man seit 1963 gelernt.<br />

Doch was sollte man mit diesem neuen<br />

Schleifmittel „Borazon“ – einem kubisch<br />

kristallinen Bornitid (Kurzbezeichnung<br />

CBN) anfangen? General Electric empfahl,<br />

damit Schleifscheiben für das Stahlschleifen<br />

herzustellen. Einsatzbedingung sollte<br />

ausschließlich Nassschliff sein bei einer<br />

Schnittgeschwindigkeit von 28 m/sec. Der<br />

Haken dabei war allerdings, dass die wenigen<br />

Gramm des Testmaterials, das wir für<br />

erste Versuche erhielten, noch nicht einmal<br />

ausreichten, um damit beispielsweise<br />

eine Umfangscheibe 200 x 10 mm für eine<br />

Jung-Flachschleifmaschine zu fertigen.<br />

Aber warum erst Flachschleifen, versuchen<br />

wir das neue CBN-Korn doch gleich beim<br />

Werkzeugschleifen. Gesagt, getan – die<br />

ersten CBN-Schleifscheiben für das Werkzeugschleifen<br />

entstanden: eine Topfscheibe<br />

125 x 12,5 und eine Kegeltopf-Schleifscheibe<br />

11V9-125 x 3. Der Test sollte jetzt<br />

bei einem unserer damals besten Diamant-<br />

Schleifscheiben-Kunden, der Firma Simon<br />

in Neu-Isenburg, Hersteller von Stähleund<br />

Werkzeugschleifmaschinen, stattfinden.<br />

Doch zuerst war die Enttäuschung<br />

groß. Es war weder möglich, den Versuch<br />

im Nassschliff durchzuführen, noch war<br />

die geforderte Schnittgeschwindigkeit von<br />

28 m/sec. erreichbar – eine Stähle-Schleifmaschine<br />

der Type L15 stand für die Topfschleifscheibe<br />

mit nur 18 m/sec. zur Verfügung.<br />

„Naja, wenn Sie schon da sind“, sagte<br />

der Maschinenbediener und der Test mit<br />

einem eingespannten HSS-Drehstahl begann.<br />

„Schleifgeräusch – Klang – hervorragend<br />

– kein „blau anlaufen“. Das Ding funktionierte<br />

mit den gewählten Maschinenbedingungen<br />

und CBN-Volumen V120 (12 %<br />

CBN-Volumen-Anteil) anstatt der von General<br />

Electric empfohlenen V240 (24 %<br />

CBN-Volumen-Anteil) der Schleifscheibe.<br />

So war die Entscheidung für LACH<br />

DIAMANT gefallen. Wir hatten per Zufall die<br />

erste weltweit funktionierende Borazon®/<br />

CBN-Werkzeugschleifscheibe in unseren<br />

Händen – und gleichzeitig das Geheimnis<br />

der richtigen Schnittgeschwindigkeiten<br />

für den Trocken- und Nassschliff von<br />

CBN-Schleifscheiben entziffert, die noch<br />

bis heute richtungsweisend sind. Trotz aller<br />

folgender Versuche mit diversen Kühl-<br />

Emulsionen.<br />

Die erste Hannover Frühjahrsmesse 1969<br />

stand an. Eine weitere historische Entscheidung<br />

wurde gefällt: Ab sofort wurde<br />

Erfolgreiches HSS-Werkzeugschleifen mit Borazon®.<br />

Erstmals sichtbar gemachte HSS-<br />

Rollspäne nach dem Schleifen<br />

mit Borazon®/CBN.<br />

<strong>dihw</strong> 14 4 ·<strong>2022</strong> 23

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