April 2011 - Bund Freiheit der Wissenschaft eV
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freiheit <strong>der</strong> wissenschaft online – <strong>April</strong> <strong>2011</strong><br />
<strong>Bund</strong> <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />
Von For<strong>der</strong>ungen an die nachwachsende Generation und von daraus erwachsenden Pflichten<br />
ist jedoch in den aktuellen wissenschaftlichen und bildungspolitischen Diskursen wie auch in<br />
den Einrichtungen <strong>der</strong> Öffentlichen Erziehung kaum noch die Rede. Das wie<strong>der</strong>um hat eine<br />
Desorientierung <strong>der</strong> Beteiligten zur Folge. Die Notwendigkeit von For<strong>der</strong>ungen verschwindet<br />
ja nicht, die werden z.B. psychologisiert und in personenorientierte Erwartungen verwandelt<br />
("Nun bin ich aber sehr betrübt darüber, daß unsere Absprache wie<strong>der</strong> nicht eingehalten<br />
wurde ..." - beschwert sich <strong>der</strong> wegen fehlen<strong>der</strong> Hausaufgaben beleidigte Lehrer). Somit<br />
werden Ansprüche dann - gleichsam meuchlings - doch irgendwie wie<strong>der</strong> geltend gemacht.<br />
Ein Klima <strong>der</strong> verdrucksten Vagheit macht sich dann in den pädagogischen Beziehungen<br />
breit.<br />
Ohne den Bezug auf berechtigte For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Gesellschaft an jeden einzelnen<br />
Heranwachsenden verlieren alle an<strong>der</strong>en pädagogischen Ideen und Maßnahmen letztlich ihren<br />
Sinn. Das gilt z.B. auch für die Aufgabe, Kin<strong>der</strong> in je<strong>der</strong> nur denkbaren Weise zu för<strong>der</strong>n.<br />
Nur im Hinblick auf eine Aufgabe, also auf eine For<strong>der</strong>ung, kann För<strong>der</strong>n überhaupt Sinn<br />
machen. Die bloße kindliche Innerlichkeit läßt sich nicht för<strong>der</strong>n.<br />
Die Tendenz zur überzogenen Psychologisierung führt also nicht zu einer Verbesserung -<br />
etwa im Sinne einer Humanisierung - traditioneller 'autoritärer' pädagogischer Strategien, wie<br />
immer wie<strong>der</strong> behauptet wird, vielmehr verschwindet pädagogisches Handeln als Typ<br />
gesellschaftlichen und somit am Gemeinwohl orientierten Handelns allmählich aus dem<br />
öffentlichen Leben und Bewusstsein.<br />
2. Charakteristisch für die psychologisierende pädagogische Denkweise ist folgerichtig die<br />
ihr innewohnende soziale Ignoranz.<br />
Von "sozialer Kompetenz" ist zwar unentwegt die Rede, aber gemeint ist damit lediglich eine<br />
psychologisch verstandene (etwa anti-aggressive) Beziehungskompetenz <strong>der</strong> Individuen in<br />
gegenseitigem Austausch. Das ist wichtig, aber eine soziale Dimension - etwa die Schulklasse<br />
als 'Bildungs- und Solidargemeinschaft' - wird damit noch nicht erreicht. Sobald das Soziale<br />
mitgedacht würde, müßte eine Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den davon ausgehenden Erwartungen<br />
und For<strong>der</strong>ungen stattfinden. Die relativ dauerhaften sozialen Gebilde - auch Familie, Schule,<br />
Kirche, Sportverein, - fungieren nämlich als Bewahrer wichtiger Alltagsnormen, auf die sich<br />
die Mitglie<strong>der</strong> stützen können. Darin ist mehr enthalten als die bloße Summe <strong>der</strong> hier jeweils<br />
stattfindenden menschlichen Beziehungen. Eine Familie z.B. hätte eine kurze Lebensdauer,<br />
wenn sie sich sozial lediglich aus dieser Unmittelbarkeit heraus verstehen würde. Erziehung<br />
beruht im Kern auf sozialer Repräsentanz, sie geschieht durch Erwachsene im Namen von<br />
web<br />
fdw<br />
I/<strong>2011</strong>