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April 2011 - Bund Freiheit der Wissenschaft eV

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freiheit <strong>der</strong> wissenschaft online – <strong>April</strong> <strong>2011</strong><br />

<strong>Bund</strong> <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />

Entwicklung von Bildung und Erziehung in Deutschland verorten. Diese Darstellung hält<br />

übrigens für den am Aktionismus von Bildungspolitikern und selbsternannten pädagogischen<br />

Vordenkern Verzweifelnden den Trost parat, daß die Geschichte <strong>der</strong> Pädagogik schon immer<br />

Tendenzschwankungen nicht unerheblicher Stärke hatte und auch die<br />

Schulstrukturproblematik immer wie<strong>der</strong> aufgegriffen wurde und politisch bewältigt werden<br />

mußte.<br />

Das Buch ist auf je<strong>der</strong> Seite anregend. Es enthält vieles, dem man auch einmal geson<strong>der</strong>t<br />

nachgehen möchte.<br />

Von den Einzelthemen seien zwei herausgegriffen, die sicherlich einer Vertiefung bedürfen,<br />

obwohl <strong>der</strong> Verfasser selber schon sehr deutlich wird. Zum einen befaßt <strong>der</strong> Autor sich mit<br />

dem Thema „Inklusion“ in sehr grundsätzlicher Form (S. 80-99), zum an<strong>der</strong>en weist er auf<br />

einen bedeutungsvollen und nicht zu unterschätzenden Paradigmenwandel in <strong>der</strong><br />

bildungspolitischen Zielsetzung staatlichen Handelns hin (S. 100 ff.).<br />

Inklusion - Schonraumpädagogik/ Entlastungsstrategie und neue Ethik<br />

Die Diskussion des Themas „Inklusion“ hat sicherlich durch internationale Erklärungen und<br />

Konventionen einen beson<strong>der</strong>en Anstoß in Deutschland bekommen. Son<strong>der</strong>pädagogische<br />

För<strong>der</strong>ung ist auch ein Thema in den periodisch erscheinenden Bildungsberichten <strong>der</strong><br />

Kultusministerkonferenz.<br />

Auch bei diesem Thema gilt es, sich das vor Augen zu halten, was in dieser Hinsicht in<br />

Deutschland existiert und getan wird. Eine solche ehrliche Bestandsaufnahme gehört zu einer<br />

umfassenden Analyse, die Peter Brenner in Grundzügen vornimmt und historisch einordnet.<br />

Diese Analyse zeigt allerdings, daß es für die Erziehung von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

Son<strong>der</strong>wege <strong>der</strong> Erziehung gibt, <strong>der</strong>en Charakter man mindestens als „ambivalent“ ansehen<br />

kann, nämlich sinnvoll und problematisch zugleich. Das dokumentiert übrigens auch <strong>der</strong><br />

Bildungsbericht <strong>der</strong> KMK, wenn er die Arten <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenschulen aufzählt und zugleich<br />

den gemeinsamen Unterricht als ausbaufähig markiert.<br />

Das ist aber nicht genug. Denn nach Peter Brenner zeigt sich gerade in <strong>der</strong> Betonung <strong>der</strong><br />

Fürsorge, des caritas – Aspektes, das Dilemma <strong>der</strong> Erziehung Behin<strong>der</strong>ter in beson<strong>der</strong>en<br />

Einrichtungen. Hier ereigne sich so etwas wie „Schonraumpädagogik“. Auch sorge das<br />

Schulwesen selbst für son<strong>der</strong>pädagogischen För<strong>der</strong>bedarf, wenn es sich durch Zuweisung<br />

„schwieriger Fälle“ in beson<strong>der</strong>e Einrichtungen entlaste. Es müßte gelingen, Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ungen in den gleichen Einrichtungen wie die an<strong>der</strong>en und mit diesen zusammen zu<br />

unterrichten.<br />

Brenner formuliert dies aber nicht als schöne Vision einer erst dann heilen Welt, die etwa<br />

juristisch zu erkämpfen und durch Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Finanzierungspraxis administrativ<br />

durchzusetzen wäre, son<strong>der</strong>n zeigt auf, worauf es dabei ankäme:<br />

Im tiefsten Grunde geht es ihm um die Frage einer neuen Ethik im Umgang mit Behin<strong>der</strong>ten.<br />

Diese Ethik setzt an <strong>der</strong> Erfahrung <strong>der</strong> pädagogischen Grenzsituation an, die durch die<br />

Anwesenheit Behin<strong>der</strong>ter im Unterricht entsteht. Das Nicht-Normale muß respektiert und,<br />

darf man hinzufügen, ausgehalten werden. Die pädagogische Grenzsituation markiert die<br />

Begegnung mit dem Menschen als Menschen, sie ist mehr und wirkt an<strong>der</strong>s als <strong>der</strong><br />

pädagogische Umgang mit Kin<strong>der</strong>n nach vorgegebenen Kriterien einer gesellschaftlichen<br />

Normierung.<br />

Indem die reformorientierte Pädagogik „vom Kinde aus“ das „gesunde und kräftige Kind“ vor<br />

Augen habe, sei sie schon ein Irrweg, <strong>der</strong> böse Folgen erzeugt habe und noch heute erzeuge -<br />

bis zu medizinischer Nachhilfe in zahllosen Fällen. Eine neue Ethik müsse ihren Maßstab am<br />

web<br />

fdw<br />

I/<strong>2011</strong>

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