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Bienen - Seminar Meckenbeuren

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Dr. Michaele Furgber<br />

„Manchmal denke ich mir irgendwas…“<br />

oder „Lernen durch Imagination“<br />

- ein Unterrichtsbeispiel aus Klasse 4 -<br />

Joshua, 9 Jahre, hat große Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren. Während des Unterrichts<br />

gelingt es ihm beispielsweise kaum, über einen Zeitabschnitt von wenigen Minuten<br />

gedanklich an einem Thema zu bleiben. Wird im Deutschunterricht eine kurze Geschichte<br />

vorgetragen, deren Handlung die Kinder innerlich mitverfolgen, scheinen in seinem<br />

Kopf „Störfeuer“ abzulaufen: seine Gedanken schweifen ab und bleiben an etwas äußerlich<br />

Sichtbarem im Klassenzimmer „hängen“, so dass die Stringenz eines inneren<br />

Vorstellungsaufbaus ständig unterbrochen wird. Im anschließenden Unterrichtsgespräch<br />

zeigt sich, dass Joshua einerseits den Inhalt der Geschichte kaum erfasst hat und andererseits<br />

diesen mit anderen Inhalten aus seiner „Fernsehfantasie“ vermischt.<br />

Welche weitreichenden Konsequenzen hat die Tatsache, dass immer mehr Kindern eigene<br />

innere Bilder fehlen? Sind junge Medienkonsumenten überhaupt in der Lage, eigene<br />

Vorstellungsbilder zu entwickeln, bzw. an ihnen zu verweilen und diese weiter zu<br />

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Leider ist davon auszugehen, dass durch reduzierte Primärerfahrungen einerseits, und<br />

durch die Dominanz des Vorgegebenen andererseits kindliche Vorstellungsfähigkeiten<br />

untergraben werden und zurückgehen.<br />

Mit dem massiven Einzug der Medien in das kindliche Freizeiterleben, vor allem durch<br />

ausgedehnten Fernsehkonsum und der Faszination des „Zockens“ am Computer, besteht<br />

die Befürchtung, dass eigene, persönliche Vorstellungsbilder immer weniger aufgebaut<br />

werden können, bzw. dass die Bereitschaft für individuelle innere „Filme“ sinkt.<br />

Texte sind seit langem eine Quelle für innere Vorstellungsbilder. Sie scheinen geradezu<br />

dafür geschaffen zu sein, die menschliche Fantasie anzuregen und das Einfühlungsvermögen<br />

in Charaktere imaginativ zu ermöglichen.<br />

Doch, wie erschließt sich heutigen Kindern Literatur, wenn die Lesefähigkeit nachlässt,<br />

bzw. die Bereitschaft zum Lesen und Zuhören stark abnimmt? Dass der Aufbau von Imaginationen,<br />

also Vorstellungsbildern, einen wesentlichen Beitrag zur positiven Unterstützung<br />

der Persönlichkeitsentwicklung von Kindern leistet, ist seit längerem unbestritten.<br />

Daher haben sich Pädagogik und Psychologie mit dem Phänomen bereits in den 90er<br />

Jahren beschäftigt.<br />

So spricht Verena Kast von einem drohenden „Realitätsverlust“, wenn der Dialog zwischen<br />

Wahrnehmung und Vorstellung verloren geht. Kast sieht vorstellungsbildende<br />

Fähigkeiten als „natürliche Fähigkeiten des Menschen, die eingesetzt und geübt, dem<br />

Menschen einen neuen Lebensraum erschließen können“. Wenn innerlich Gesehenes in<br />

Worte gefasst, gezeichnet, szenisch gespielt und in Bewegung gebracht wird, erhält dies<br />

äußere Gestalt.

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