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Geschichtliches aus dem Sauerland - R.J.Sasse

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Kirchengeschichtliches <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>Sauerland</strong>e<br />

Meist das ganze Jahr war der Bauer als Fuhrmann auf Reisen; oft Monate lang dauerte<br />

die Abwesenheit von seiner H<strong>aus</strong>haltung in der Heimat.<br />

Pferde und Gefähr machten die Tour bis Frankfurt am Main, ja bis Hamburg und Bremen.<br />

Unterdeß mussten die Frauen die nötigen ländlichen Arbeiten verrichten. Das Vieh war schlecht<br />

genährt, weil Äcker und Wiesen keine Pflege hatten; an eine regelrechte Bewässerung dachte<br />

man nicht und kannte man auch nicht. Ist es doch häufig genug vorgekommen, dass man mit<br />

<strong>dem</strong>Pfluge, nach <strong>dem</strong> Augenmaße, Furchen über die Wiesen zog; das war die Bewässerung.<br />

Der Acker blieb gewöhnlich brach liegen und diente <strong>dem</strong> zahlreichen, zu zahlreichen Vieh zur<br />

mageren Weide. Der Stalldünger war spärlich und schlecht; die Jauche wurde in den Bach geleitet,<br />

weil man ihren Wert nicht erkannte. Dagegen wurden die Berge gehackt, gebrannt und<br />

getorft, sodann Roggen hineingesäet. Dieser Bergroggen hatte eine gute Eigenschaft, er war<br />

frei von Unkrautsämereien, und wurde <strong>aus</strong> diesem Grunde als T<strong>aus</strong>chobjekt gern verwertet.<br />

Einen Trieur, die heutige Reinigungsmaschine, kannte man noch nicht.<br />

Dieser in den Haubergen, wie auch der auf <strong>dem</strong> Ackerlande gewonnene Roggen wurde vor<br />

der Vermahlung gemischt, und das ist - wie die Handelskammer sich <strong>aus</strong>drückte - "das eigentümliche<br />

Muken." Das Begleitwort "Hansen" weißt hin auf Handel; auch heute noch spricht<br />

man von Hansa, von den Hansastädten, von hanseatischen Stapelplätzen, den großen Exporthäfen<br />

in Bremen, Hamburg und Lübeck. Im Mittelalter waren fast alle bedeutenden Städte in<br />

Westfalen und Rheinland im Hansabunde vereinigt, um sich durch gemeinsamen Schutz gegen<br />

Wegelagerer und Seeräuber zu unterstützen. Die Flotte der Hansa durchfurchte die Nord- und<br />

Ostsee. In Dänemark, Schweden, England waren feste Stapelplätze und organisierte kaufmännische<br />

Gilden. Das ist in kurzen Zügen die Tätigkeit der Hansa. - Die Karavanserei <strong>aus</strong> <strong>dem</strong><br />

<strong>Sauerland</strong>e, die nur den Zweck verfolgte, Getreide als Brotkorn herbeizuschaffen, hieß dagegen<br />

Mukhansen, war mithin auch ein Handelsgeschäft, aber ohne Gefahr für Personen und Ware.<br />

Es erübrigt uns nun noch, zu untersuchen, woher das Wort Muken komme, welches seine<br />

ursprüngliche Wurzel ist. Es ist das altsächsische Wort "mugan". Prof. Dr. Köne hat in seinem<br />

"Beichtspiegel", S. 95, auch dieses Wort erklärt. "Mugan heißt zunächst, um die einzelnen<br />

Buchstaben zur Geltung zu bringen, mögen." - Als solches gehört es zu den Hilfszeitwörtern<br />

der Möglichkeit: können, dürfen, mögen.<br />

Das Wort mugan hat aber eine noch viel weitere Bedeutung; Köne sagt: valere etwas vermögen,<br />

erwirken, erzeugen. Letzteres ist unser Muken. Durch die Vermischung des Haarroggens<br />

mit <strong>dem</strong> Sauerländischen wurde eine bedeutende Besserung bewirkt; die Mischung hatte<br />

einen größeren valor, Wert, als das nicht vermischte Korn. "Durch Mischung von Beimischung,<br />

und durch Beimischung von Zumischung" wie ein jovialer Professor sich <strong>aus</strong>drückte, gibt es die<br />

gewünschte Qualität.<br />

Das Muken ist also unter Nr. 3, wie unter den beiden vorhergehenden, eine rechte und echte<br />

Besserungsanstalt. Dieses altfränkische Mukhansen, wobei auch die sogenannten "Franken-<br />

Sättel" zur Anwerbung kommen, ist in unserer Zeit überflüssig geworden; einmal, weil der<br />

Landwirt es gelernt hat, seine Wirtschaft mit Verstand und Umsicht betreiben, in<strong>dem</strong> er nicht<br />

mehr importiert, sondern sogar exportiert. Ein anderer Grund wird von der Handelskammer<br />

hervorgehoben durch die Worte: "Nach<strong>dem</strong> unter der einsichtsvollen Preußischen Regierung<br />

Ch<strong>aus</strong>seen und Kommunialwege aller Art - (ich füge hinzu: und Eisenbahnen) - entstanden<br />

waren, Kalk eingeführt und die Landwirtschaft in ????????? Bahnen geführt worden, haben<br />

diese Brot??????? aufgehört, und es bleibt für immer das schlagende Beispiel von den Vorteilen<br />

guter Verkehrsmittel."<br />

Das alte Mukhänserland wird gut tun, wenn die Landwirte ihre Söhne und Töchter noch weiter<br />

landwirtschaftlich <strong>aus</strong>bilden lassen, durch Besuch von Winterschulen und H<strong>aus</strong>haltungsschulen,<br />

und wenn man es sich angelegen sein lässt, für Separation, Melioration, Waldkultur<br />

und Eisenbahnen, wo sie noch fehlen, kräftig sich ins Zeug zu legen. Mugan heißt nicht schlafen,<br />

sondern Werte erzeugen.<br />

Schließlich sei noch erwähnt, dass das Wort mugan auch sonst noch sprachlich Verwendung<br />

findet; wenn z.B. jemand sagt: ich mag nicht, (es schmeckt nicht) oder: ich mag nicht mehr<br />

(ich bin satt). Einstmal wurde ein stotternder H<strong>aus</strong>vater, der vor <strong>dem</strong> Essen ein heiles Brot auf<br />

den Tisch legte, gefragt: Wollt ihr das alle auf einmal essen. "Ne, sagte er, awer wat vy mumu-mu-mu-muget."<br />

-<br />

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