Geschichtliches aus dem Sauerland - R.J.Sasse
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Kirchengeschichtliches <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>Sauerland</strong>e<br />
ten, um nochmals über die Beseitigung der misslichen kirchlichen Verhältnisse von Landenbeck<br />
sich zu besprechen, wurde nach eingehender Beratung der fast einstimmige Beschluss gefasst,<br />
an der Filialgründung festzuhalten, und die Anwesenden verpflichteten sich durch Namens-<br />
Unterschrift zu Zahlung eines größeren, ihren Kräften entsprechenden Beitrages für die neue<br />
Vikarie.<br />
Einige Sonntage später behandelte Herr Pfarrer H. in Cobbenrode diese Angelegenheit auf<br />
der Kanzel und suchte die Bewohner von Landenbeck durch heftige Ausfälle und allerhand Mittel<br />
von ihrem Vorhaben abzubringen. Im Nov. 1904 berief er sodann durch Bekanntmachung in<br />
der Kirche die Landenbecker zu einer Versammlung nach Cobbenrode, schüchterte die Erschienenen<br />
ein und brachte es leider fertig, dass ein Teil von der Filialgründung Abstand nahm und<br />
durch Unterzeichnung eines Schriftstückes, welches er aufsetzte, sich mit der Umpfarrung<br />
nach Cobbenrode einverstanden erklärten. Nachher gab er sich die größte Mühe, auch diejenigen<br />
Landenbecker, welche die Umpfarrung nicht mitunterschrieben hatten, durch Zureden und<br />
Drohen zur Unterschrift zu drängen, besonders auch dadurch, dass er während des sonntäglichen<br />
Hauptgottesdienstes bekannt machte, dass bei jenen Familien, welche sich der Umpfarrung<br />
widersetzten, in Zukunft zu Cobbenrode <strong>aus</strong>geschlossen würden:<br />
1. die Kommunikanten von der Beichte und beziehungsweise von der Kommunionbank,<br />
wenn sie <strong>aus</strong> wärts gebeichtet hätten;<br />
2. die schulpflichtigen Kinder von der Christenleh und <strong>dem</strong> Erst-Kommunion-Unterricht;<br />
3. die Männer von der Pacht eines Kirchenplatzes auf der Orgelbühne.<br />
4. auch würden von diesen Familien keine Messstipendien mehr angenommen.<br />
Tatsächlich sind die Kinder derjenigen Eltern, welche an der Filialgründung festhalten, vom<br />
Erst-Kommunion-Unterricht zurückgewiesen worden, obschon deren Mütter den Herrn Pfarrer<br />
H. darum gebeten hatten. Unter <strong>dem</strong> Hinweise: erst schickt eure Männer, dass sie die Einpfarrung<br />
unterschreiben; eher lasse ich die Kinder nicht zu, hat er die Bittenden abgewiesen.<br />
Es kommt noch hinzu, dass den Ortschaften O.- und N.-Landenbeck, die 46 Schulkinder<br />
aufzuweisen haben, seitens der Königlichen Regierung eine eigene Schule zuerkannt ist, und<br />
der Ankauf eines geeigneten Bauplatzes hierfür in N.-Landenbeck in Aussicht genommen ist.<br />
Obgleich Landenbeck, welches bis dahin zur Schulgemeinde Cobbenrode gehörte, sich zur<br />
Aufbringung der Bauplatzkosten den Betrage von 450 Mark verpflichtet hat und über 1/3 der<br />
ganzen Cobbenroder Schulsteuer bezahlt, erklärte Herr Pfarrer H. von der Kanzel, dass Cobbenrode<br />
gegen die Schule in Landenbeck arbeiten werde, wenn sie sich nicht umpfarren ließen.<br />
Eine Aufregung, wie sie in <strong>dem</strong> friedlichen Tale noch nicht dagewesen, hat sich angesichts<br />
solcher Repressalien der Bevölkerung von Landenbeck bemächtigt!<br />
Beichtstuhl und Kanzel, ja selbst das Heiligste muss hier herhalten, den Zweck zu erreichen!<br />
Gleich traurig ist der Umstand, dass Herr Pfarrer H. die Autorität der Eltern gegenüber ihren<br />
eigenen Kindern schmälert und untergräbt! Wir Unterzeichneten protestieren entschieden gegen<br />
solche Zudringlichkeit. Wir erkennen gern an, dass wir keinerlei Recht auf Seelsorge von<br />
Cobbenrode haben, dass die Bewohner Landenbecks ihre kirchlichen Pflichten in Cobbenrode<br />
erfüllen konnten und die Geistlichen von Cobbenrode die Kranken in Landenbeck versehen haben,<br />
wofür sich Landenbeck dankbar bezeigte durch freiwillige Beiträge für die Cobbenroder<br />
kirchlichen Bedürfnisse. Cobbenrode hatte auch sonst Nutzen davon, in<strong>dem</strong> Landenbeck dort<br />
fast alles kaufte. Könnte dies nicht weiter so gehen, bis die Gelder zur Gründung einer eigenen<br />
Vikarie zusammengebracht sind? Wir sind fest überzeugt, dass Friede und Einigkeit, welche<br />
jetzt durch die Cobbenroder Wühlerei zerstört sind, unter den Bewohnern Landenbecks bald<br />
wiederhergestellt werden, wenn Herr Pfarrer H. seine Agitation einstellt. Dann kommt die Vikarie-Gründung<br />
in 15 - 20 Jahren sicher zustande, da wir zu den größten Opfern bereit sind und<br />
die Witwe Josef Hegener zu diesem Zwecke in Nieder-Landenbeck ein großes Grundstück für<br />
Kirche, Vikarie und Friedhof zum Geschenke angeboten hat. Wir müssten die Umpfarrung nach<br />
Cobbenrode als ein sehr großes Unglück ansehen, weil dieselbe Landenbeck viel Geld kosten<br />
wird etc. etc.<br />
In tiefster Ehrfurcht verharren Ew. Bischöflichen Gnaden Untertänigste: 1. Wilhelm Pieper,<br />
2. Joh. Hermes, 3. Josef Vollmer, 4. Fritz Steilmann, 5. Hermann Henkel, 6. Engelbert Berls, 7.<br />
Johann Hamm, 8. Josef Heßmann, 9. August Fabri, 10. Wwe. Josef Hegener.<br />
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