27.12.2012 Aufrufe

Geschichtliches aus dem Sauerland - R.J.Sasse

Geschichtliches aus dem Sauerland - R.J.Sasse

Geschichtliches aus dem Sauerland - R.J.Sasse

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Kirchengeschichtliches <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>Sauerland</strong>e<br />

Der Tatbestand ist folgender: Die Bewohner der Ortschaften Ober- und Nieder-Landenbeck<br />

gehören zwar zur Pfarrei Wormbach, besuchten aber fast sämtlich die hiesige Kirche, sodass<br />

sich die hiesigen Pfarreingesessenen ihretwegen dauernd einschränken mussten. Da nun dieser<br />

Zustand auf die Dauer unhaltbar wurde, so stellen wir es den Bewohnern von Landenbeck<br />

anheim, entweder eine gewisse Entschädigung an unsere Gemeinde zu entrichten oder unsere<br />

Kirche zu meiden. (NB., eine feine Logik! die dauernde Einschränkung hört sofort auf, wenn die<br />

verlangte Entschädigung entrichtet wird!!) - Bei einer im November vorigen Jahres (1908)<br />

stattgefundenen Versammlung haben sich nun die Bewohner von Landenbeck zu ersterem bereit<br />

erklärt, mit Ausnahme von Dreien, von denen einer garnichts bezahlen wollte, die beiden<br />

anderen aber nur einen Teil. Diesen Dreien nun samt ihren Familien ist der Aufenthalt in unserer<br />

Kirche von Pfarrer H. im Namen des Kirchenvorstandes zweimal untersagt worden. Zu letzteren<br />

gehört auch Josef Albrod; derselbe hat aber trotz dieses <strong>aus</strong>drücklichen Verbotes die<br />

hiesige Kirche zu wiederholten Malen betreten. Deshalb ersuchen wir eine Wohllöbliche Polizeibehörde<br />

das Weitere zu veranlassen. 3<br />

7. In Nov. No. 85 der Westdeutschen Volkszeitung vom 16. April 1909 schreibt der Kirchenvorstand<br />

von Cobbenrode:<br />

"Allerdings besuchen die Bewohner der Ortschaften Ober- und Nieder-Landenbeck seit langer<br />

Zeit unsere Kirche, und eben dieser Umstand scheint einigen Landenbeckern die Ansicht<br />

eingeprägt zu haben, hier<strong>aus</strong> ein Recht zum Besuche unserer Kirche herleiten zu können. Aber<br />

sollten denn dieselben nicht selber einsehen, dass es ein höchst unbilliges Verlangen ihrerseits<br />

ist, hier jahr<strong>aus</strong> jahrein die Kirche besuchen zu wollen und den hiesigen Pfarreingesessenen<br />

zuzumuten, sich ihretwegen dauernd einzuschränken und zwar ohne Entschädigung?"<br />

Dieser Einwand ist in Vorhergehen<strong>dem</strong> schon entkräftet. Der Einsender in No. 89 der Westdeutschen<br />

Volkszeitung hat vollständig recht, wenn er fragt: "Wo in aller Welt ist denn wohl je<br />

von einem Landenbecker im Ernst behauptet worden, Landenbeck habe ein Recht auf die<br />

Pfarrkirche zu Cobbenrode? Jeder Landenbecker wird sagen, dass er ein Recht nicht hat, dass<br />

er aber als Mitchrist soviel Nächstenliebe verlangen kann, dass man ihm nicht verwehrt, am hl.<br />

Opfer teilzunehmen, wenn es auch nicht gerade seine Pfarrkirche ist." - Warum werden die<br />

<strong>aus</strong>wärtigen Besucher z.B. von Hengesbeck, Isingheim, Bockheim, N.-Marpe, Schwartmecke<br />

etc. nicht auch so behandelt wie die Landenbecker? Sowas sollte in gemischten Gegenden vorkommen!!<br />

Sodann sagt der Kirchenvorstand in No. 85: Der von uns geforderte Betrag würde bei gleicher<br />

Verteilung pro Familie und Sonn-und Feiertag den ungefähren Kostenpunkt von 14 Pfg.<br />

<strong>aus</strong>machen." -<br />

Diese Angabe ist außerordentlich lehrreich; es steht fest, dass die Finanz-Abteilung der Königl.<br />

Regierung die Umlage nicht genehmigt hat; es steht fest, dass auch die Bischöfliche Behörde<br />

um ihre Genehmigung nicht angegangen ist; es steht ferner fest, dass auch die kirchlichen<br />

Korporationen von Wormbach nicht gefragt worden sind. - Mag die Familie zahlreich sein<br />

oder nicht; macht nichts. mag die eine wohlhabend, die andere arm sein, macht nichts; nach<br />

<strong>dem</strong> Steuerzettel hat man nicht gefragt. "Bei gleicher Verteilung pro Familie" etc. Man kann<br />

pro Jahr 80 Sonn- und Feiertage rechnen, das macht 80 mal 14 Pfennig auf jede Familie die<br />

runde Summe von 11 Mark, und auf 15 Familien 165 Mark.<br />

Nach meinen Informationen wurden jährlich 160 Mark beigetrieben; nämlich 110 Mark für<br />

"Seelsorge und eventl. zu Gunsten der Kirche", außer<strong>dem</strong> aber noch 50 Mark als spätere Abfindungssumme<br />

an Wormbach (Vergl. No. 79 der Westdeutschen Volkszeitung). Diese 50 Mark<br />

wollte Cobbenrode für die Landenbecker in Verwahr nehmen, bis die Zeit erfüllt sei, wo Landenbeck<br />

sich den Cobbenrodern freudig in die Arme werfen würde. Hierzu konnten sich die<br />

3<br />

Dem Josef Albrod vermag auch der Kirchenvorstand von Cobbenrode keine Ungebührlichkeiten zur Last<br />

legen. Er hat nur, trotz des Verbotes, wiederholt die Kirche betreten. Das ist sein ganzes und einziges<br />

Verbrechen, und nur hierauf beruht die Anklage auf H<strong>aus</strong>friedensbruch, sodass er, wie ihm bei der Voruntersuchung<br />

in Eslohe mitgeteilt wurde, vor den Staatsanwalt kommt und bis zu drei Jahren Gefängnis<br />

verurteilt werden könne. - Josef Albrod ist ein Esloher Pfarrkind, gebürtig <strong>aus</strong> Frielingh<strong>aus</strong>en, aber verheiratet<br />

nach O.-Landenbeck. Neben der persönlichen Kenntnis habe ich auch in meiner Pfarrei Erkundigungen<br />

über ihn eingezogen. Alle versichern, er sei ein Ehrenmann, aber mit festem Rückgrat, der sich<br />

nicht alles gefallen lasse. Begreiflich, daß ich für seine Ehrenrettung nach Kräften eintrete. -<br />

50

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!