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Skript zur Vorlesung an der Hochschule Luzern - Wagner-Joos ...

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Seite 13/61<br />

gewissen Grade normal, ja b<strong>an</strong>al. Fragen k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> sinnvollerweise nur d<strong>an</strong>ach, ob und ggf.<br />

inwieweit bzw. mit welchen Mitteln sich Kriminalität auf ein Minimum beschränken lässt. Ein Teil<br />

dessen, was wir Kriminalität nennen, ist die Folge einer schlechten, weil kriminogenen Gesetz-<br />

gebung. Durch Vermeidung solcher Gesetze liesse sich Kriminalität vermin<strong>der</strong>n.<br />

Je<strong>an</strong> Ziegler n<strong>an</strong>nte das Verbrechen die �Immunschwäche <strong>der</strong> Demokratie�. Gerade gut funkti-<br />

onierende Demokratien mit einem gut ausgebauten Fin<strong>an</strong>zplatz, einem hohen Industrialisie-<br />

rungsgrad und technisch hochstehenden Kommunikationsnetzen sind <strong>an</strong>fällig für wirtschafts-<br />

kriminelle Delikte. Es gibt, so Zürcher Strafrechtsprofessor Christi<strong>an</strong> Weber, �kaum ein L<strong>an</strong>d<br />

dieser Erde, das frei von kriminellen Beziehungen <strong>zur</strong> Schweiz wäre.� Auch wenn es übertrie-<br />

ben wäre, zu behaupten, dass gerade in <strong>der</strong> Schweiz die Fäden <strong>der</strong> internationalen Wirt-<br />

schaftskriminalität zusammenlaufen, mehren sich doch die Anzeichen, dass als Folge <strong>der</strong> At-<br />

traktivität des Fin<strong>an</strong>zplatzes Schweiz illegale Geschäftstätigkeiten mit internationalen<br />

Dimensionen die Schweiz t<strong>an</strong>gieren. Das müsse nicht zw<strong>an</strong>gsläufig heissen, so Weber weiter,<br />

dass die Hauptaktivitäten verbrecherischen H<strong>an</strong>delns in <strong>der</strong> Schweiz gesetzt werden. Es genü-<br />

ge, dass beispielsweise die Beute des illegalen Tuns in <strong>der</strong> Schweiz verwahrt o<strong>der</strong> <strong>an</strong>gelegt<br />

wird. Es genüge, dass ein zwischengeschaltetes schweizerisches Geschäftsdomizil für eine<br />

Tr<strong>an</strong>saktion Verwendung findet o<strong>der</strong> ein ein in <strong>der</strong> Schweiz <strong>an</strong>sässiger Treuhän<strong>der</strong> o<strong>der</strong><br />

Rechts<strong>an</strong>walt quasi Gewähr für die Seriosität des Geschäfts erbringen soll. Im internationalen<br />

Verständnis stehe das Schweizerkreuz tatsächlich und immer noch für Qualität und Seriosität in<br />

Fin<strong>an</strong>z<strong>an</strong>gelegenheiten, so Professor Weber abschliessend. Der Journalist Leo Müller be-<br />

schreibt dies in seinem sp<strong>an</strong>nenden Buch �Tatort Zürich� auf ca. 35 Seiten und gibt �Einblicke<br />

in die Schattenwelt <strong>der</strong> internationalen Fin<strong>an</strong>zkriminalität�, auch wenn wir es teilweise so genau<br />

gar nicht wissen wollten.<br />

Gäbe es wirklich keine Kriminalität, so ist zu vermuten, dass <strong>der</strong> Bereich <strong>der</strong> Nichtkriminalität<br />

und damit auch <strong>der</strong> Kriminalität neu definiert würde, damit wenigstens noch ein wenig Kriminali-<br />

tät erhalten bliebe. Dies ist nicht weit hergeholt. Die Strafrechtswissenschaft hat in den letzten<br />

200 Jahren intensiv über das Phänomen �Betrug� diskutiert und ist zu Ergebnissen gekommen,<br />

die sich zwischen zwei extrem weit ausein<strong>an</strong><strong>der</strong> liegenden Polen bewegen: Heute wird die<br />

Auffassung vertreten, dass es auf das Verhalten des Opfers praktisch nicht <strong>an</strong>komme, während<br />

m<strong>an</strong> noch zu Beginn des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts <strong>der</strong> Meinung war, Betrug solle am besten überhaupt<br />

nicht strafrechtlich verfolgt werden. Dies liegt u.a. dar<strong>an</strong>, dass erst seit ca. 200 Jahren die Aus-<br />

breitung des Wirtschaftsverkehrs im Zuge <strong>der</strong> Industrialisierung gewaltig zugenommen hat und<br />

die Verbrechensmethoden �vergeistigt� wurden, so ein Strafrechtslehrbuch von H<strong>an</strong>s Welzel<br />

aus dem Jahr 1949.<br />

Wirtschaftsverbrechen sind - falls sie es jemals gewesen sein sollten - keine R<strong>an</strong><strong>der</strong>schei-<br />

nungen unserer Gesellschaft mehr, son<strong>der</strong>n, wie es Valentin L<strong>an</strong>dm<strong>an</strong>n (�Verbrechen als<br />

Markt�…“’–) nennt, ein �Markt�. Wirtschaftsverbrechen sind extrem sozial- und umweltschädlich

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