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Skript zur Vorlesung an der Hochschule Luzern - Wagner-Joos ...

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Seite 29/61<br />

aber bisher nur sehr wenige für Kapital<strong>an</strong>lage�, so die WELT am 5.6.2007 in ihrem Beitrag<br />

�Zahnlose Justiz�.<br />

Diese Umstände führen zu einer zentralen These hinsichtlich <strong>der</strong> Betrachtung des Phäno-<br />

mens des Kapital<strong>an</strong>lagebetrugs: Würden die Ermittlungsbehörden früher �zuschlagen�,<br />

wären die Schäden wesentlich geringer. Der typische Verlauf einer �Kapital<strong>an</strong>lage� ist <strong>der</strong>-<br />

jenige eines zunächst l<strong>an</strong>gsam, aber d<strong>an</strong>n immer schneller <strong>an</strong>wachsenden Anlagevolu-<br />

mens, das d<strong>an</strong>n <strong>an</strong> einem Scheitelpunkt relativ schnell �kippt�, sei es weil die �Neugel<strong>der</strong>�<br />

nicht mehr <strong>zur</strong> wirtschaftlichen Befriedigung <strong>der</strong> �Altkunden� ausreichen, sei es weil <strong>der</strong><br />

Ermittlungsdruck das für die Betrüger hinnehmbare Mass übersteigt und die ersten o<strong>der</strong><br />

gar die finalen Absetzbewegungen beginnen. Würde m<strong>an</strong> also den Ermittlungsdruck bereits<br />

in einem frühem Stadium <strong>an</strong>setzen, würde die Schadenssumme vermutlich geringer ausfal-<br />

len, zumal <strong>der</strong> einzelne Anleger in einem frühen Stadium wenig bis gar nichts gegen den<br />

mutmasslichen Betrüger ausrichten k<strong>an</strong>n.<br />

Das beste Gesetz ist gerade so gut, wie seine Durchsetzung gewährleistet wird. Gerade in<br />

internationalen Fällen müssen zahlreiche Probleme in <strong>der</strong> Zusammenarbeit <strong>der</strong> Ermitt-<br />

lungsbehörden verschiedener Län<strong>der</strong> beklagt werden. Der schweizerische Rechtsprofessor<br />

Christi<strong>an</strong> Weber beschreibt in diesem Zusammenh<strong>an</strong>g auch �m<strong>an</strong>gelnden Verfolgungswil-<br />

len� und teilweise korrupte Beamte. Mit Unwillen hat auch folgen<strong>der</strong> Fall eines Staats<strong>an</strong>-<br />

walts zu tun, <strong>der</strong> � vermutlich um seinen Weihnachtsurlaub zu retten - aus völlig unerklärli-<br />

chen Gründen - �den Druck aus den Ermittlungen rausnimmt�. So verfügte ein bayerischer<br />

Staats<strong>an</strong>walt am 20.12.2005 (nachdem im Betrugssystem mit <strong>an</strong>geblichen Darlehen bereits<br />

seit über einem Jahr ermittelt worden war…“’–): �Es wird zunächst abgewartet, ob die zum Jah-<br />

resende fälligen Darlehen in Höhe von 2,5 Mio. Euro bzw. 1,7 Mio. Euro bedient werden<br />

können. Wie<strong>der</strong>vorlage 1 Monat.� Dem Beschuldigten gel<strong>an</strong>g es, die Schadenssumme in-<br />

nerhalb eines weiteren Jahres auf 8-9 Mio. Euro zu steigern. Die Ermittlungen waren - mit<br />

rechtskräftiger Verfügung <strong>der</strong> BaFin - bei einem Schadensst<strong>an</strong>d von �nur� 80.000 Euro ein<br />

Jahr zuvor aufgenommen worden.<br />

Bereits im Jahr 1987, kurz nach <strong>der</strong> Einführung des neuen Straftatbest<strong>an</strong>des des § 264 a<br />

StGB, machte Worms (wistra 1987, 242 ff.…“’–) bereits darauf aufmerksam, dass trotz Berich-<br />

ten in Br<strong>an</strong>cheninformationsdiensten über unrichtige Prospekte selten Ermittlungsverfahren<br />

eingeleitet würden. Die WELT fasste dies 20 Jahre später in einem Artikel über die Göttin-<br />

ger Gruppe im Juni 2007 wie folgt zusammen: �(�…“’–) dass unsere Justiz völlig überfor<strong>der</strong>t ist<br />

mit dubiosen Kapital<strong>an</strong>lagen. Auch wenn es offensichtlich ist, dass ein Anlagesystem nicht<br />

funktionieren k<strong>an</strong>n, und wenn es deutliche, öffentliche Hinweise darauf gibt � zum Beispiel<br />

im H<strong>an</strong>delsblatt -, bleibt die Justiz letztlich zahnlos. Ein Betrug ist juristisch eben erst d<strong>an</strong>n<br />

Betrug, wenn tatsächlich Geld verschwunden ist und m<strong>an</strong> die betrügerische Absicht nach-<br />

weisen k<strong>an</strong>n. Das heisst also, wenn es zu spät ist.�

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