Taxi Times München - 3. Quartal 2023
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FESTPREIS<br />
FESTPREISE MIT<br />
TARIFKORRIDOR<br />
Ab 1. September dürfen <strong>Taxi</strong>zentralen und -unternehmer mit den<br />
Fahrgästen einen Festpreis vereinbaren. Wir zeigen, was<br />
künftig erlaubt ist, wie solche Fahrten dokumentiert werden<br />
müssen und wie man Festpreise in den Taxameter eingibt.<br />
Was lange währt, wird endlich gut. Was eingehend<br />
geprüft wurde, wurde schlussendlich für praxistauglich<br />
befunden. Die Stadt <strong>München</strong> wird die erste<br />
Kommune in Deutschland sein, die Festpreise bei bestellten <strong>Taxi</strong>fahrten<br />
erlaubt. Der Münchner Stadtrat stimmte Ende Juli einer<br />
Änderung der <strong>Taxi</strong>tarifordnung zu. Neu aufgenommen wurde der<br />
§ 2a „Tarifkorridor“. In diesem neuen Paragrafen ist genau geregelt,<br />
bei welchen Fahrten ein Festpreis vereinbart werden kann,<br />
wie dies gegenüber dem Kunden und gegenüber der Genehmigungsbehörde<br />
dokumentiert werden muss und um wie viel Prozent<br />
sich der Festpreis unterhalb bzw. oberhalb des <strong>Taxi</strong>tarifs bewegen<br />
darf (Tarifkorridor). Damit gibt der § 2a der Münchner <strong>Taxi</strong>tarifordnung<br />
(TTO) die Antworten auf viele Fragen, die seit Bekanntwerden<br />
des Beschlusses immer wieder auftauchen.<br />
Kann für jede Fahrt ein Festpreis vereinbart werden?<br />
Nein. Festpreise dürfen nur bei „Fahrten auf vorherige Bestellung<br />
mit vereinbartem Abfahrts- und Zielort“ angeboten werden.<br />
Das bedeutet im Umkehrschluss: <strong>Taxi</strong>fahrten, bei denen der Fahrgast<br />
am Halteplatz einsteigt oder das <strong>Taxi</strong> an der Straße heranwinkt,<br />
müssen immer mit laufendem Taxameter gefahren werden. Selbst<br />
bei bestellten Fahrten hat der Fahrgast das Recht, die Fahrt ohne<br />
Festpreis und stattdessen mit laufendem Taxameter durchzuführen.<br />
Muss die Bestellung telefonisch erfolgen?<br />
Nein. Im § 2a, Absatz 1 der TTO heißt es: „Die vorherige Bestellung<br />
kann insbesondere telefonisch oder per Smartphoneanwendung<br />
(„App“) erfolgen.“<br />
Kann man einen beliebigen Preis vereinbaren?<br />
Nein. Der vereinbarte Festpreis darf höchstens 20 Prozent nach<br />
oben und 5 Prozent nach unten vom gültigen Münchner <strong>Taxi</strong>tarif<br />
abweichen. Diese Spanne wird als Tarifkorridor bezeichnet.<br />
Wie berechnet sich der<br />
Fahrpreis?<br />
Zur Berechnung des Fahrpreises<br />
wird die Länge der vom Kunden<br />
angegebenen Fahrtstrecke mithilfe<br />
eines Routenplaners ermittelt und<br />
mit 2,30 Euro pro Kilometer zuzüglich<br />
5,50 Euro Grundpreis berechnet.<br />
Wird die (verkehrsbedingte) Wartezeit<br />
beim Festpreis berücksichtigt?<br />
Nein. Die Wartezeit wird nicht in den Preis einbezogen.<br />
Die Medien wie auch die Stadt heben dies als besonderen<br />
Vorteil der neuen Festpreise hervor, da der Kunde<br />
dadurch bei Fahrten mit größeren Staus trotzdem einen verlässlichen<br />
Preis bekommt. Erfahrungswerte der Münchner <strong>Taxi</strong>zentralen<br />
belegen, dass eine Festpreisfahrt zur Rushhour in etwa<br />
10 Prozent oberhalb des Tarifs angesetzt werden sollte, um den<br />
Wegfall der Wartezeit-Komponenten zu kompensieren.<br />
Wird die Anfahrt zum Kunden extra berechnet?<br />
Nein. „Anfahrten sind kostenfrei“, heißt es dazu im § 2a, Absatz 4 TTO.<br />
Gelten die im <strong>Taxi</strong>tarif geregelten Zuschläge auch<br />
bei Festpreisfahrten?<br />
Ja. Sowohl der Zuschlag für ein Großraumtaxi als auch für die<br />
Mitnahme eines Fahrrads werden auf den Festpreis aufgeschlagen.<br />
Dem Kunden müssen die Zuschläge bei der Bestätigung und während<br />
der Fahrt im Taxameter gesondert ausgewiesen werden.<br />
Was passiert, wenn ein Fahrgast bei einer Festpreisfahrt<br />
einen Zwischenstopp einlegt oder die Fahrt<br />
mittendrin abbricht?<br />
u<br />
DIE AFD STIMMTE DAGEGEN<br />
Der Beschluss für die neuen Münchner<br />
Festpreise fand innerhalb des Münchner<br />
Stadtrats eine sehr breite Mehrheit.<br />
Einzig die AfD stimmte gegen<br />
die Entscheidung. Auf Nachfrage der<br />
<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>-Redaktion erklärte eine<br />
Fraktionssprecherin dazu, dass man<br />
<strong>Taxi</strong>fahrer befragt habe, die bei der<br />
Umsetzung Praktikabilitätsprobleme<br />
sehen würden. Beispielsweise dürften<br />
sich Schwierigkeiten bei der konkreten<br />
Preisgestaltung ergeben. Wörtlich heißt<br />
es dazu seitens der AfD: „So kann es<br />
zu Streitigkeiten zwischen <strong>Taxi</strong>fahrer<br />
und Fahrgast kommen, wenn aufgrund<br />
der Korridorvariable der im Taxameter<br />
angezeigte Fahrpreis von dem<br />
tatsächlich anfallenden Tarif abweicht.<br />
Außerdem können Konflikte zwischen<br />
den <strong>Taxi</strong>fahrern untereinander entstehen,<br />
wenn unterschiedlich mit der<br />
Korridorvariablen umgegangen wird<br />
(volle Nutzung vs. anteilige Nutzung vs.<br />
gar keine Nutzung).<br />
jh<br />
FOTOS: Hale, Semitron<br />
6 <strong>3.</strong> QUARTAL <strong>2023</strong> TAXI