faktor Herbst 2023
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leben<br />
SEIN SIGNATURE DISH vereint ebenfalls zwei Kochwelten.<br />
Dabei kombiniert er mit viel Humor ein japanisches<br />
Tonkatsu-Schnitzel mit der typischen Wiener Garnitur<br />
von Sardelle, Kaper und Zitrone. Ein Tonkatsu ist<br />
höher als das hiesige Schnitzel und wird mit japanischen<br />
Pankobröseln paniert. Das Fleisch im ,Motz‘ stammt<br />
vom Durocschwein und ist wunderbar zart und saftig.<br />
Aber Zinke hat die Erfahrung gemacht, dass er nicht alles<br />
ausformulieren sollte an Zutaten, die in Heiligenstadt<br />
doch sehr exotisch sind. Seine neueste Speisekarte<br />
führt deshalb nicht mehr alles minutiös auf. Gäste müssen<br />
jetzt schon genauer hinschauen, um die Fusionsküche<br />
zu erkennen. Am besten, man wählt ,Chef’s<br />
Choice‘ – nicht offiziell auf der Karte –, lehnt sich zurück<br />
und lässt den Chef einfach mal machen.<br />
DER NAME MOTZ kommt übrigens nicht etwa von<br />
,motzen‘, sondern erinnert an Friedrich von Motz, einen<br />
Beamten, der einige Jahre in Heiligenstadt wirkte und<br />
danach Preußens Finanzminister wurde und den Deutschen<br />
Zollverein in die Wege leitete. Alexander Zinke<br />
hatte einen historischen Namen gesucht, der noch nicht<br />
besetzt war. Der Fluss im Restaurantnamen ist ein Bächlein,<br />
das vor dem Restaurant plätschert und die Gäste<br />
auf der Terrasse erfreut. Das Motz ist aber nicht nur ein<br />
Restaurant. Es ist an regendes Frühstückscafé mit Shakshuka,<br />
Egg Benedict und Bauernfrühstück mit Trüffeln,<br />
abwechslungsreicher Anlaufpunkt für ein Mittagessen<br />
und Bar, am Wochenende mit Livemusik von angesagten<br />
DJs. Der Koch mit seinen internationalen Hotel-Erfahrungen<br />
etabliert seine Gastro nomie als Marke. Es gibt<br />
bereits einen eigenen Riesling und ein Bier nach eigenem<br />
Geschmack, gebraut nur für das Motz. Und Zinke geht<br />
noch einen Schritt weiter. Im November plant er in Heiligenstadt<br />
ein gutbürgerliches Wirtshaus zu eröffnen,<br />
vom Stil her angelehnt an englische Pubs mit ihrer Gemütlichkeit<br />
und ihrer guten Küche. Dort wird er regionaltypische<br />
Gasthausklassiker aus ganz Deutschland anbieten<br />
wie Solei, marinierten Harzer, Kölschen Kaviar, Erfurter<br />
Puffbohnensalat und Saure Zipfel. Alles von bester<br />
Qualität, wie man sie auch nicht mehr selbstverständlich<br />
in den Regio nen findet. „Ich mag eben Casual Dining.<br />
Es geht schließlich um den Geschmack und ein gutes<br />
Produkt.“ ‚Kollege Motz‘ wird das Lokal heißen.<br />
APROPOS KOLLEGE. Für seine Bar mit vielen Cocktailklassikern<br />
tauscht sich Zinke regelmäßig eng mit der<br />
Monsterbar in Göttingen aus. „Man redet, unterstützt<br />
sich gegenseitig und begreift sich als Ganzes in seinem<br />
Berufsfeld und nicht als Einzelkämpfer – auch ein Gewinn<br />
aus meinen Jahren in der ganzen Welt“, erzählt der<br />
Spitzenkoch, mit sich und dem Leben sichtlich zufrieden.<br />
Und doch fragt sich der geneigte Leser: nach London,<br />
Provence, Bangkok, Dubai, Abu Dhabi ...? Der Eichsfelder<br />
lacht und meint es, ganz persönlich, auch ernst:<br />
„Heiligenstadt ist eine der schönsten Städte der Welt.“ƒ<br />
ÜBER FRIEDRICH VON MOTZ<br />
Friedrich von Motz wurde am 18. November 1775 in<br />
Kassel geboren. Von 1803 bis 1807 wirkte er in Heiligenstadt<br />
als Landrat des Eichsfelds und übernahm von 1808<br />
bis 1813 den Posten als Direktor für Steuern. Die politische<br />
Tätigkeit von Friedrich von Motz in Heiligenstadt war<br />
nur der Anfang einer großen Karriere. Später wurde er<br />
Minister und ein bedeutender Staatsmann in Berlin.<br />
ZUR PERSON<br />
Alexander Zinke absolviert seine Kochlehre in Gera und<br />
ging danach sofort ins Ausland. In London arbeitete er<br />
im The Savoy, im Nobu und im The Connaught.<br />
2009 wurde er erstmals Küchenchef im ägyptischen<br />
Hotel Makadi. Es folgten weitere Führungspositionen<br />
in Wien, Bangkok, Dubai, Abu Dhabi und in einem<br />
Ressort in Sri Lanka. Dann kehrte er nach Deutschland<br />
zurück und arbeitete für die Restaurants der FREIgeist<br />
Hotels, angefangen in Nörten- Hardenberg bis zum<br />
ersten FREIgeist in Göttingen, in dem er als Küchenchef<br />
die Nikkei-Küche einführte.<br />
Zinke ist mit einer Thailänderin verheiratet und hat<br />
zwei Kinder im Alter von acht und neun Jahren. In der<br />
Familie sprechen sie Englisch und Deutsch, essen<br />
thailändisch, und er hat noch immer nicht die Schärfetoleranz<br />
erreicht, die seine Frau mühelos beim Biss in<br />
eine Chili beweist.<br />
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