Ausgabe 12/2023
Das Magazin für Herisau und Umgebung. Erscheinungsdatum: 6. Dezember 2023
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4 · Porträt <strong>12</strong>/<strong>2023</strong><br />
ZEHN JAHRE SIND GENUG:<br />
RADIO MELTDOWN HÖRT AUF<br />
Vor zehn Jahren riefen fünf beste Freunde das radio-meltdown.ch ins Leben. Zudem etablierte<br />
sich der Verein als Kulturveranstalter. Nun aber ist Schluss. Am 23. Dezember feiert<br />
das Internetradio mit dem 10-jährigen Jubiläum gleichzeitig seinen Abschluss.<br />
Was tun, wenn die Lieblingsmusik in den gängigen<br />
Radiosendern nicht abgespielt wird?<br />
Logisch, selber Radio machen. Das dachten<br />
sich auch fünf Freunde aus Herisau. Obwohl<br />
das Vorhaben nicht ganz durchdacht war,<br />
handelte es sich nicht um eine Schnappsidee.<br />
Mit ihrer Kick-off-Party am 23. Dezember<br />
2013 liessen Albin Efinger, Max Nadig, Severin<br />
Latkovic, Sebastian Schuler und Samuel<br />
Lutz ihren Worten Taten folgen. Am ersten<br />
Januar 2014 ging radio-meltdown.ch erstmals<br />
live. Das Ziel: Mit ihrem Internetradio gute<br />
Musik anbieten – zumindest diese Musik, welche<br />
sie für gut befanden. Und somit auch weg<br />
vom Mainstream, also dem musikalischen<br />
Geschmack der grossen Mehrheit. «Bei uns<br />
stand die Unzufriedenheit zum bestenden<br />
Angebot im Vordergrund. Der Radiosender<br />
positionierte sich als Alternativradio<br />
in der Region. Wir dachten uns: Da geht<br />
mehr!», sagt Samuel Lutz. Regionale Künsterlinnen<br />
und Künstler schienen ihrer Meinung<br />
nach keine genügende Plattform zu erhalten,<br />
neue Bands noch weniger. Dies wollten sie<br />
ändern.<br />
Die Vision war klar: Mit radio-meltdown.<br />
ch sollten sich die Hörerinnen und Hörer<br />
wirklich mit der Musik auseinandersetzen<br />
können. «Beispielsweise wollten wir ganze<br />
Alben statt nur einzelne Hits abspielen und<br />
die Entwicklung regionaler Bands aufzeigen.<br />
Unser Radio sollte ein gutes Einstiegsradio<br />
sein, wenn man sich in die regionale Musik<br />
vertiefen wollte», erklärt Sebastian Schuler.<br />
Darüber, ob und wie das möglich sei, hätten<br />
Rund 100 Konzerte organisierten die Gründer von Radio Meltdown.<br />
die damals anfang 20-Jährigen nicht allzu viele<br />
Gedanken verloren. Man habe einfach mal<br />
gemacht. Und dies war auch gut so. «Würde<br />
man sich über jedes Vorhaben zu lange den<br />
Kopf zerbrechen, würde man nie etwas wagen.»<br />
Zudem seien sie zum damaligen Zeitpunkt<br />
überzeugt gewesen, das nötige Know-<br />
How für ein Internetradio zu besitzen. Nicht<br />
nur studierten sie Medienwissenschaften,<br />
Elektrotechnik und Informatik, vor allem ihr<br />
Musikinteresse und –wissen sei schon damals<br />
besonders ausgeprägt gewesen. Da ihre Musikvorlieben<br />
von Rock über Indie bis zu Reggae<br />
und Rap reichten, sollte wirklich für alle<br />
«Wir sahen uns als<br />
Kultursender mit<br />
ausgesuchter Musik<br />
und satirischen<br />
Beiträgen.»<br />
etwas dabei sein. Und auch technisch sei die<br />
Umsetzung eines Internetradios kein grosser<br />
Zauber. Notwendig seien lediglich ein Internetserver<br />
und eine Software, welche die ausgewählte<br />
Musik abspiele. Diese musste zwar<br />
selber raufgeladen und eingeplant werden,<br />
doch auch dies konnte schnell umgesetzt<br />
werden. Besonders zeitintensiv seien moderierte<br />
Radiobeiträge gewesen. Und vor allem<br />
in den Anfangszeiten sei da der Tatendrag<br />
gross gewesen. Wiederkehrende Formate<br />
wie das «Fritigsbier» oder «am Stuck» sollten<br />
dem Sender nicht nur einen Wiedererkennungswert<br />
geben, sondern eben der «guten»<br />
und teilweise noch unbekannten Musik Raum<br />
bieten. Zudem hätten sie sich Anfangs auch<br />
die Wochentage unter den Gründern aufgeteilt,<br />
sodass diese vom «Stoney Monday» bis<br />
zum «Lazy Saturday» reichten. «Wir verstanden<br />
uns als Kultursender mit ausgesuchter<br />
Musik und satirischen sowie humoristischen<br />
Beiträgen.»<br />
Hörerschaft aus Kanada<br />
Dementsprechend anspornend seien zu Beginn<br />
die Hörerzahlen gewesen. Besonders<br />
wenn diese über die Herisauer Dorfgrenzen<br />
hinausgingen. «Mittels einer Weltgrafik<br />
konnten wir die Herkunftsländer unserer<br />
Hörerschaft nachverfolgen. Und anfangs war<br />
es sehr motivierend, wenn wir sahen, dass<br />
jemand aus Kanada in unseren Sender reinhörte»,<br />
sagt Schuler. Doch schnell hätten die<br />
Radiomacher realisiert, dass vor allem die interkontinentalen<br />
Hörerinnen und Hörer nicht<br />
nachhaltig seien. Deshalb habe man noch<br />
verstärkter den Fokus auf die Region gesetzt.<br />
Und dies nicht nur mit ihrem Radioprogramm.<br />
Nebst ihren jährlichen Jubiläumspartys im<br />
alten Zeughaus, begannen die Radiomacher<br />
verschiedene Veranstaltungen zu organisieren,<br />
darunter auch seit 2017 gemeinsam mit<br />
dem Team Schmiedstube die Konzertreihe<br />
«Chellerkonzerte». Diese fanden jeweils alle<br />
zwei Wochen am Freitagabend im Café C an<br />
der Gossauerstrasse statt. «Wir wollten nicht<br />
nur die regionalen Bands bekannter machen,<br />
sondern Herisau im kulturellen Bereich etwas<br />
anbieten.» Vor allem auch nachdem das Kulturlokal<br />
Pontem 2016 seine Tore schloss, habe<br />
man diese Lücke füllen wollen.<br />
Zudem hätten sie unter anderem durch<br />
ihre Events radio-meltdown.ch finanzieren<br />
können. Hauptsächliche Kostenfaktoren waren<br />
dort die SUISA-Gebühren. Mit der jährlichen<br />
Abgabe wird das Nutzungsrecht für<br />
die abgespielte Musik erworben. «Auch die<br />
Beiträge unserer passiven Mitglieder griffen<br />
uns bei der Finanzierung unter die Arme. Ansonsten<br />
war unsere Man-Power gefragt. Der<br />
gesamte Radiobetrieb und die Organisation<br />
und Durchführung unserer Veranstaltungen<br />
machten wir ehrenamtlich.»<br />
Rund 100 Konzerte organisierten die fünf<br />
Freunde in den vergangenen zehn Jahren –<br />
und dies grossmehrheitlich erfolgreich. «Wir<br />
konnten hochwertige Musik für wenig Geld<br />
anbieten. Darauf sind wir noch heute stolz. Es<br />
fühlte sich zumindest an diesen Abenden so