immobilia 2023/12 - SVIT
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den, dass in den Jahren des Aufschwungs<br />
die Bestandesliegenschaften in den Portfolios<br />
systematisch unter dem Markt bewertet<br />
wurden, was über die Zeit zu grossen<br />
Differenzen zwischen den Buchwerten und<br />
den Transaktionspreisen geführt hat. Die<br />
Investoren haben also gewissermassen einen<br />
Puffer in den Büchern, und diese «Luft<br />
im System» kann nun – bei tendenziell sinkenden<br />
Marktwerten – abgelassen werden:<br />
Da im Aufschwung nicht so stark aufgewertet<br />
wurde, muss nun auch nicht so stark –<br />
und nicht so schnell – abgewertet werden.<br />
Es ist also gut möglich, dass der KGAST Index<br />
nach Berücksichtigung der Jahresendbewertungen<br />
ins Negative dreht.<br />
Eine weitere Datenquelle für die Entwicklung<br />
der Marktwerte von Renditeliegenschaften<br />
ist der «SWX IAZI Investment<br />
Real Estate Price Index», der die Preisentwicklung<br />
im Rahmen von Transaktionen<br />
abbildet. Der Index weist für den Zeitraum<br />
2. Quartal 2022 bis 2. Quartal <strong>2023</strong> einen<br />
Anstieg der Transaktionspreise von 5,6%<br />
aus, und zeigt auch im 3. Quartal des laufenden<br />
Jahres steil nach oben. Es scheint<br />
also immer noch Käufer zu geben, die bereit<br />
sind, die hohen Preise der letzten Jahre<br />
noch zu übertreffen. Es dürfte sich<br />
dabei aber weniger um institutionelle als<br />
vielmehr um kleinere private Investoren<br />
handeln. Die im Rahmen der Metaanalyse<br />
befragten Transaktionsspezialisten, die<br />
Marktindizes für Renditeimmobilien von<br />
FPRE sowie die empirische Evidenz deuten<br />
jedenfalls nicht auf steigende Transaktionswerte<br />
hin.<br />
INFLATIONSBEKÄMPFUNG AUF<br />
KOSTEN DER KONJUNKTUR<br />
Während im Segment Mehrfamilienhäuser<br />
die Erträge mittelfristig steigen<br />
dürften, ist bei Geschäftsliegenschaften<br />
auf Grund der konjunkturellen Verlangsamung<br />
mit dem Gegenteil zu rechnen. Die<br />
Marktwerte von Büro- und Verkaufsliegenschaften<br />
kommen damit ertragsseitig unter<br />
Druck, und es stellt sich die Frage, wohin<br />
die Reise bei den Leitzinsen geht. Die<br />
Zentralbanken haben die Zinsen erhöht,<br />
um die Inflation zu bekämpfen, und dies<br />
scheint auch zu funktionieren: In den meisten<br />
Ländern, die zinspolitische Massnahmen<br />
getroffen haben, sinken die Inflationsraten,<br />
allerdings häufig langsamer, als<br />
den Zentralbanken lieb ist. Dementsprechend<br />
warnte beispielsweise die US-amerikanische<br />
Notenbank, man werde die Zinsen<br />
so lange hochhalten, bis die Inflation<br />
besiegt sei, auch wenn dies eine Rezession<br />
zur Folge habe. Sowohl in den USA als<br />
auch in vielen europäischen Ländern dürfte<br />
diese «Higher for longer»-Thematik die<br />
Investitionstätigkeit bremsen, was sich negativ<br />
auf das zukünftige Wirtschaftswachstum<br />
auswirkt.<br />
Vor diesem Hintergrund erscheint die<br />
Schweiz einmal mehr wie die sprichwörtliche<br />
«Insel der Glückseligen». Die Inflationsraten<br />
erreichten auch auf dem Höhepunkt<br />
bei Weitem nicht das Niveau in<br />
vielen anderen Ländern, die Zinserhöhungen<br />
fielen insgesamt moderat aus (USA:<br />
+5,4%, EU-Raum: +4,5%), und die Teuerungsraten<br />
liegen inzwischen wieder unter<br />
dem für die SNB relevanten Zielband der<br />
Preisstabilität. Zu verdanken ist dies nicht<br />
zuletzt Wechselkurseffekten: Sowohl gegenüber<br />
dem Euro als auch dem US-Dollar<br />
gegenüber hat der Schweizer Franken<br />
in den letzten Monaten an Wert gewonnen,<br />
was Importe aus diesen Währungsräumen<br />
– immerhin die beiden wichtigsten Handelspartner<br />
der Schweizer Wirtschaft –<br />
verbilligte und die Inflation dämpfte.<br />
Negative Auswirkungen hat der starke<br />
Franken auf die Exportwirtschaft, da<br />
Schweizer Produkte für ausländische Kunden<br />
teurer werden, und auch der Detailhandel<br />
wird in Mitleidenschaft gezogen, wenn<br />
die Konsumenten vermehrt im Ausland<br />
einkaufen. Dazu kommt die globale Wachstumsverlangsamung,<br />
welche die Situation<br />
der Exportwirtschaft zusätzlich beeinträchtigt.<br />
Nachdem bereits vor Jahresfrist<br />
vor einer möglichen Rezession in der EU<br />
gewarnt wurde, verdichten sich nun die Anzeichen<br />
für eine negative Entwicklung der<br />
Konjunktur in den kommenden Monaten,<br />
und auch in den USA könnten die anhaltend<br />
hohen Zinsen die Konjunktur abwürgen.<br />
Die Gefahren für die Schweizer Wirtschaft<br />
steigen also, zumal eine Rezession<br />
auch in der Schweiz nicht auszuschliessen<br />
ist, und es ist davon auszugehen, dass die<br />
SNB eher früher als später reagieren wird,<br />
denn gemäss Artikel 5 des Nationalbankgesetzes<br />
soll sie neben der Gewährleistung<br />
der Preisstabilität auch «der konjunkturellen<br />
Entwicklung Rechnung» tragen.<br />
DIE ZINSSENKUNG KOMMT<br />
FRÜHER ALS ERWARTET<br />
Fahrländer Partner geht davon aus,<br />
dass bereits im 1. Halbjahr 2024 eine erste<br />
Zinssenkung erfolgen wird, insbesondere<br />
mit der Absicht, den Schweizer Franken<br />
zu schwächen und die Wirtschaft vor den<br />
Folgen einer möglichen Rezession in der<br />
EU zu schützen. Dies wird die Marktwerte<br />
von Geschäftsliegenschaften stützen,<br />
die konjunkturbedingt unter ertragsseitigem<br />
Druck stehen. Bei den Mehrfamilienhäusern<br />
sind ab Mitte 2024 allenfalls<br />
leicht steigende Marktwerte zu erwarten.<br />
Ob allerdings am Transaktionsmarkt bereits<br />
nächstes Jahr wieder die Volumen erreicht<br />
werden, wie sie vor den Zinserhöhungen<br />
beobachtet wurden, ist angesichts<br />
der schwächelnden Bautätigkeit und der<br />
herrschenden Unsicherheit (globale Krisenherde,<br />
Konjunktur, Verhalten der Konsumenten<br />
vor dem Hintergrund steigender<br />
Lebenshaltungskosten) fraglich.<br />
*DOMINIK MATTER<br />
Der Autor ist Volkswirt und<br />
Partner bei Fahrländer Partner.<br />
IMMOBILIA / Dezember <strong>2023</strong> 17