21.12.2023 Aufrufe

syndicom magazin Nr. 38

Das syndicom-magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

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12<br />

Dossier<br />

Und die «Löhne» der Selbständigen?<br />

Eine Gruppe fällt aus dem traditionellen Rahmen des gewerkschaftlichen<br />

Zielpublikums heraus: die Selbständigen.<br />

Auch sie sind auf stabile und faire Preise in ihren<br />

Branchen angewiesen. Während sich für Angestellte der<br />

Wert der Arbeit oft in einer angemessenen Vergütung<br />

spiegelt, ist die Situation der Selbständigen etwa in der<br />

Visuel len Kommunikation prekär.<br />

Grafikerinnen und Illustratoren sehen sich gezwungen,<br />

zu tiefen Stundensätzen zu arbeiten, die nicht oder<br />

nur knapp zum Leben reichen, oder ihre Arbeit mit einem<br />

Zweitjob zu subventionieren. Im Unterschied zu Angestellten<br />

fehlt Selbständigen der gemeinsame Betrieb als<br />

Basis, um ihre Honorare kollektiv zu verhandeln.<br />

dem Hintergrund der aktuellen Teuerung. Selbständige<br />

müssen ihr Honorar gegenüber ihren Kund:innen aktiv<br />

persönlich durchsetzen. Um unsere Mitglieder dabei zu<br />

unterstützen, bieten wir seit Mai 2023 eine Weiterbildung<br />

in Verhandlungstaktik an.<br />

Damit sich die Strukturen der Branche langfristig verändern,<br />

braucht es auch auf Seiten der Kund:innen ein Umdenken.<br />

Ihnen muss bewusst werden, dass immaterielle,<br />

kreative Arbeit ihren Preis hat und nicht umsonst verfügbar<br />

ist. Auch in Zukunft wird die Aufklärungsarbeit in der<br />

Branche zentral sein.<br />

Deshalb setzen wir uns mit den aktiven Mitgliedern der<br />

Berufsgruppen Grafikdesign und Illustration dafür ein,<br />

ein tief im schweizerischen Selbstverständnis verankertes<br />

Tabu zu brechen: Wir müssen über Geld reden! Nur wer<br />

sich mit anderen austauscht, vernetzt und zusammenschliesst,<br />

kann sich effektiv gegen Missstände zur<br />

Wehr setzen.<br />

Transparenz alleine reicht noch nicht. Deshalb haben wir<br />

in den beiden Gruppen eine Minimalempfehlung für einen<br />

Stundensatz ausgearbeitet. Vor allem Berufseinsteiger:innen<br />

sollen ihre Arbeit nicht unter Wert verkaufen.<br />

Diesen Richtwert passen wir regelmässig an, zuletzt vor<br />

Zur Gruppe der Illustrator:innen<br />

bei <strong>syndicom</strong><br />

Interview mit Barbara Seiler, Illustratorin und Mitglied der Kerngruppe<br />

der Illustrator:innen bei <strong>syndicom</strong><br />

Wieso ist es wichtig, dass es <strong>syndicom</strong><br />

gibt? Wie unterstützt dich die<br />

Gewerkschaft?<br />

Da wir als Illustrator:innen vorher keinen<br />

eigenen Berufsverband hatten,<br />

war es für uns schwierig, entsprechende<br />

Ansprechpartner:innen zu finden.<br />

Während der eine sich als Autor<br />

sieht, versteht sich die andere auch<br />

als Grafikerin, und wieder andere<br />

fühlen sich durch die Künstler:innen<br />

vertreten. Illustrator:innen gehören<br />

überall und nirgends dazu.<br />

Durch <strong>syndicom</strong> haben wir Illustrator:innen<br />

endlich eine eigene Anlaufstelle<br />

bekommen – und deshalb ist<br />

<strong>syndicom</strong> so wichtig. Hier können wir<br />

uns als Teil der Gewerkschaft selbst<br />

organisieren und eigene Standards für<br />

unsere Branche festlegen: Wie hoch<br />

sollte ein Stundenansatz mindestens<br />

sein? Wie arbeitet man mit Nutzungsrechten?<br />

Was ist das Urheberrecht?<br />

Warum ist es so schwierig, faire<br />

Honorare zu verhandeln?<br />

Ich vermute, das liegt einerseits an<br />

Kund:innen, die sich nicht bewusst<br />

sind, wie viel Zeit und Arbeit in einer<br />

Illustration steckt – und andererseits<br />

an den Illustrator:innen, die sehr<br />

grosse Schwierigkeiten haben, ein<br />

Preisschild an ihre kreative Arbeit zu<br />

heften. Wir müssen uns ständig für<br />

unsere Preise rechtfertigen. In der Gewerkschaft<br />

arbeiten wir stetig daran,<br />

diesen Unsicherheiten entgegenzuwirken.<br />

Sei es durch Kurse in Verhandlung,<br />

Erläuterungen zu Honorarberechnungen<br />

oder einfach, indem wir uns<br />

ab und zu an einem Stammtisch austauschen.<br />

Wie verhandelst du deine Honorare,<br />

nach welchen Grundsätzen?<br />

Wir fragen immer vorgängig nach einem<br />

Budget, mit dem wir allenfalls arbeiten<br />

können. Wir haben ganz klare<br />

Stundensätze, die wir auch nicht kürzen.<br />

Sind unsere Honorare für Kund:innen<br />

zu teuer, kann natürlich verhandelt<br />

werden. In diesem Fall achten wir<br />

darauf, dass auf beiden Seiten Abstriche<br />

gemacht werden müssen,<br />

nicht nur von uns!<br />

Um Preisdiskussionen entgegenzuwirken,<br />

holen wir vorab möglichst viele<br />

Informationen zum Auftrag ein. Was<br />

genau wird benötigt? Wofür? Wie lange<br />

wird die Illustration genutzt? Dass es<br />

dabei hin und wieder zu unterschiedlichen<br />

Honorarvorstellungen kommt,<br />

lässt sich jedoch nicht vermeiden.<br />

Da wir zu zweit arbeiten, können wir<br />

uns aber sehr gut gegenseitig in Verhandlungen<br />

stärken. Ausserdem sagen<br />

wir auch mal Nein zu einem Auftrag,<br />

wenn es für uns nicht passt.<br />

Gibst du die aktuelle Teuerung an<br />

deine Kund:innen weiter bzw. wie<br />

gehst du damit um?<br />

In diesem Jahr haben wir unseren<br />

Stundenansatz angehoben, damit wir<br />

die Teuerung ausgleichen können.<br />

Dass unsere Preise grundsätzlich höher<br />

sind als noch vor drei Jahren, liegt<br />

aber vor allem auch an der Erfahrung.

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