21.12.2023 Aufrufe

syndicom magazin Nr. 38

Das syndicom-magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

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16 Dossier<br />

Eine Druckerei erhöht die Löhne<br />

Printoset, eine kleine Zürcher Druckerei mit sechs Mitarbeitenden, hat einen grossen Anspruch:<br />

lokal und nachhaltig arbeiten. Sie druckt nach strengen Umweltkriterien, legt Wert auf kurze<br />

Wege und bezieht das Verbrauchsmaterial wenn möglich in der Umgebung. Anfang letztes Jahr<br />

hat die Druckerei die Löhne um 3,5 Prozent erhöht – ziemlich ungewöhnlich in der Branche.<br />

Für Reis Luzhnica, Miteigentümer und Gewerkschaftsmitglied, ist es eine Frage der Werte.<br />

Fragen: Muriel Raemy<br />

Bild: Patrick Gutenberg (Reis ist der 2. von rechts)<br />

Du und Dominik Lanzersdorfer, ihr habt Printoset<br />

vor etwa fünf Jahren übernommen. Warum?<br />

Reis Luzhnica: Die beiden damaligen Inhaber haben vor<br />

ihrer Pensionierung begonnen, eine Nachfolge zu suchen.<br />

Wir kannten das Geschäft, die Kund:innen und wir<br />

liebten das Arbeitsklima in der Printoset. Dominik war<br />

schon über 10 und ich 6 Jahre in der Printoset angestellt.<br />

Wir funktionierten schon da gut als Team und wir waren<br />

überzeugt, dass sowohl die Printoset an sich, aber auch<br />

wir als Team eine gute Basis für die Zukunft bilden. So entschieden<br />

wir uns, dieses Abenteuer einzugehen. Heute<br />

sind wir sechs Mitarbeitende. Wir wollen uns nicht vergrössern,<br />

sondern mit unserem Modell weitermachen,<br />

also weiterhin mit hoher Qualität arbeiten.<br />

Ihr habt Anfang Jahr eine Lohnerhöhung von<br />

3,5 Prozent gewährt. Weshalb?<br />

Unsere Angestellten haben einen riesigen Beitrag zu unserem<br />

Erfolg geleistet. Besonders hart war es, wie in vielen<br />

Branchen, während der Pandemie. Unsere Mitarbeitenden<br />

haben sich damals enorm engagiert und tun es auch<br />

heute. Wir finden, dass alle von den Gewinnen profitieren<br />

sollen. Wir sind zwei Inhaber, Dominik und ich, aber wir<br />

beziehen die Mitarbeitenden beratend in Entscheidungen<br />

mit ein. Die Printoset wurde als Genossenschaft<br />

gegründet und wurde später zu einer GmbH. Nicht viele<br />

wollen so ein Risiko eingehen, daher haben wir uns entschlossen,<br />

die Rechtsform so beizubehalten.<br />

Werdet ihr auch 2024 die Löhne an die gestiegenen<br />

Lebenskosten anpassen?<br />

Wir haben unsere Lohngespräche noch nicht geführt,<br />

aber wir halten uns jeweils an die Forderungen der Gewerkschaft<br />

<strong>syndicom</strong>, dies wird sicherlich auch für das<br />

nächste Jahr so sein.<br />

Was bedeutet es, eine kleine Druckerei in einem<br />

Kanton wie Zürich und in einer sich ständig verändernden<br />

Branche zu sein?<br />

Ein produzierendes Gewerbe in der Stadt Zürich zu betreiben,<br />

ist nicht ohne. Die Mieten sind hoch, und um gute<br />

Mitarbeitende zu finden und zu halten, reicht es nicht,<br />

nur beim Lohn anzusetzen, das ganze Umfeld muss stimmen.<br />

An den Lohn gewöhnt man sich schnell, aber wenn<br />

das Arbeitsklima und die Arbeitsbedingungen nicht passen,<br />

dann geht es oft nicht lange und man ist unzufrieden.<br />

Durch unseren eher kollegialen Führungsstil, durch Miteinbezug<br />

der Mitarbeitenden auch in unternehmerische<br />

Entscheidungen haben wir eine enge Bindung zueinander.<br />

Probleme werden angesprochen, es wird nicht die<br />

Faust im Sack gemacht. Natürlich haben wir hier den Vorteil,<br />

dass wir ein kleines Team sind, aber ich bin mir sicher,<br />

es würde auch bei grossen Unternehmen so besser<br />

funktionieren.<br />

Printoset stellt sich unter den GAV, ist aber nicht Mitglied<br />

von Viscom. Gibt es dafür einen Grund?<br />

Der Unternehmerverband entsprach nicht unserer politischen<br />

Einstellung. Die hohen Mitgliederbeiträge und die<br />

Dominanz der Grossen wie Tamedia und Ringier haben<br />

uns auch abgehalten. Übrigens bin ich auch als Unternehmer<br />

immer noch Gewerkschafter.<br />

Das heisst ...?<br />

Die Gewerkschaft sehe ich vor allem als Organisation, die<br />

für die Interessen der Arbeitnehmenden einsteht, für bessere<br />

Arbeitsbedingungen und höhere Löhne kämpft. In<br />

der Gewerkschaft sehe ich aber auch etwas sehr Verbindendes,<br />

sie zeigt uns, dass trotz der unterschiedlichen Berufe<br />

und der unterschiedlichen Meinungen die Interessen<br />

und Herausforderungen doch oft die gleichen sind. In<br />

unserer Branche gibt es Herausforderungen wie die<br />

Künstliche Intelligenz, die Auslagerung von Arbeit, die<br />

Konzentration auf wenige Konzerne, denen wir mit unserer<br />

Überschaubarkeit und unserer Arbeitsethik begegnen.

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