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syndicom magazin Nr. 38

Das syndicom-magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

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32<br />

Aus dem<br />

Leben von ...<br />

Stefano Croci: «Ich bin aufgewachsen<br />

mit Brot und Solidarität»<br />

Stefano Croci wurde 1966 in Novazzano<br />

geboren und arbeitet seit seinem<br />

16. Lebensjahr bei der Post. Nach der<br />

Lehre verbrachte er einige Jahre in<br />

Zürich und kehrte dann ins Tessin zurück.<br />

Er war in mehreren Postämtern<br />

des Mendrisiotto beschäftigt und arbeitet<br />

jetzt in Chiasso.<br />

Freiwillig arbeitet er an kulturellen<br />

Veranstaltungen in Chiasso mit (z. B.<br />

Festate) und wirkt jetzt an der Filanda<br />

mit, der multifunktionalen Bibliothek in<br />

Mendrisio. Dieser Ort bietet Raum für<br />

Begegnungen, A ustausch und Kennenlernen.<br />

Stefano ist verheiratet, hat<br />

zwei Kinder und beschreibt sich selbst<br />

als Anarchist («Ich könnte niemals jemandem<br />

Befehle erteilen»). Zu seinen<br />

Vorbildern zählt die amerikanische Anarchistin<br />

Emma Goldman («Emma die<br />

Rote») des frühen 20. Jahrhunderts.<br />

Text: Giovanni Valerio<br />

Bild: Sandro Mahler<br />

«Man soll beitreten,<br />

weil man hinter<br />

unseren Werten steht»<br />

Ich wuchs auf in Fercasa, einem riesigen<br />

Wohnhaus im Besitz der SBB,<br />

das in den 1960er-Jahren nach dem<br />

Modell der Unité d’Habitation von<br />

Le Corbusier erbaut wurde. Ein<br />

abgeschiedener Ort, der in keiner<br />

Verbindung mit der nahen Stadt<br />

Novazzano stand, und der nur<br />

von Eisen bahnern bewohnt wurde.<br />

Mein Vater ist dort als Saisonnier der<br />

Spedition Danzas hingekommen.<br />

Fercasa war und ist eine autarke<br />

Wohngenossenschaft, in der sich das<br />

dort lebende Personal sowohl um die<br />

Instandhaltung als auch den Garten<br />

kümmerte. Es gab eine gemeinsame<br />

Werkstatt. Ein Mikrokosmos, wo diskutiert<br />

wurde, man sich traf und wo<br />

über Politik gesprochen wurde.<br />

Ich bin also aufgewachsen mit<br />

Brot und Solidarität. Mein idealer<br />

Lebens raum ist die Genossenschaft.<br />

Bei der Arbeit ist mir das Konzept<br />

des Basiskomitees wichtig, horizontale<br />

Gruppen. Dies sollte auch die<br />

Grundlage der Gewerkschaft sein:<br />

Als Arbeiter kenne ich die Probleme<br />

meiner Kolleginnen und Kollegen,<br />

weil ich mich auf derselben Ebene<br />

wie sie befinde. Die Organisation<br />

kommt von unten.<br />

Für viele ist die Gewerkschaft<br />

aber eine Art Versicherung: Man<br />

wendet sich nur an sie, wenn man sie<br />

zur Lösung eines Problems braucht.<br />

Es wird vergessen, dass das Problem<br />

häufig nicht individuell, sondern<br />

kollektiv ist. Für diese Fragen gäbe es<br />

Personalkommissionen, die in kleinen<br />

Poststellen nicht eingerichtet<br />

werden können, weil es zu wenige<br />

Beschäftigte gibt. Sie können auch<br />

nicht auf Sektor- oder regionaler<br />

Ebene eingerichtet werden. Und das<br />

ist schade.<br />

Ich bin seit über 40 Jahren bei der<br />

Post. Früher war es hier wie in einer<br />

Familie, im Guten wie im Schlechten,<br />

man kannte von Chiasso bis<br />

Airolo jeden persönlich oder vom<br />

Hörensagen. Heute wird abgeschottet<br />

voneinander in Teams gearbeitet,<br />

in Regionen aufgeteilt und mit sehr<br />

wenigen Kontakten. Man kennt nur<br />

noch die Ranglisten der Teams!<br />

Ich bin ein paar Mal aus der Gewerkschaft<br />

ausgetreten, da ich mich<br />

nicht vertreten fühlte. Die Spitze ist<br />

zu weit von der Basis entfernt. Wir<br />

müssen bei null beginnen, bei unseren<br />

geteilten Werten. Man sollte beitreten,<br />

weil man hinter den Werten<br />

der Gewerkschaft steht, und nicht<br />

nur wegen des Rechtsschutzes und<br />

der Krankenkasse.<br />

Es ist wichtig, den jungen Leuten<br />

zu erklären, dass wir nur etwas von<br />

der Post bekommen haben, weil jemand<br />

dafür gekämpft hat. Und das<br />

werden wir auch weiter tun, gemeinsam.<br />

Darum sollte <strong>syndicom</strong> der Post<br />

mit konkreten Ideen und Vorschlägen<br />

für Nachhaltigkeit, nicht nur für<br />

das Klima, sondern für das Soziale<br />

und die Wirtschaft, entgegentreten.<br />

Eine Verkürzung der Arbeits zeit wäre<br />

gut fürs Klima, die Wirtschaft und<br />

das Wohlbefinden.<br />

Ich vertrete neu das Tessin in der<br />

Gruppe der Post, die sich mit Nachhaltigkeit<br />

beschäftigt. Und ich habe<br />

umgehend das Greenwashing, die<br />

«grüne» Fassade der Investitionen<br />

der Post, angeprangert.

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