Taxi Times DACH - 4. Quartal 2023
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KOLUMNE<br />
BEI KRANKENFAHRTEN<br />
MUSS NOCH VIELES AUF<br />
DEN PRÜFSTAND<br />
EIN DEBATTENBEITRAG VON GISELA SPITZLEI<br />
Was die Daseinsvorsorge betrifft, sind die Krankenfahrten<br />
ein wesentlicher Bestandteil, ohne den im<br />
Gesundheitswesen nichts geht. Dafür sprechen die<br />
Zahlen aus dem Gesundheitsministerium eine deutliche Sprache,<br />
z. B. im Jahr 2019 knapp 40 Millionen Transporte – eine Zahl, die<br />
sich sicher in den nächsten Jahren noch deutlich erhöhen wird.<br />
Wie wir auf dem Deutschen <strong>Taxi</strong>- und Mietwagentag in Ludwigshafen<br />
erfahren durften, ist auch bei den Krankenkassen das<br />
Thema Krankenfahrten aktiv im<br />
Gespräch. Im Rahmen der Digitalisierung,<br />
der Umsetzung von E-Avis,<br />
E-VO, Image-Verfahren wird es in<br />
den nächsten Jahren viele Veränderungen<br />
geben. Auch das Thema Leitstellenvermittlung<br />
zur Entlastung<br />
des inzwischen völlig überforderten<br />
Rettungsdienstes wird in der<br />
Zukunft Leistung vom <strong>Taxi</strong>-/Mietwagengewerbe<br />
fordern.<br />
Hieran gilt es nun aktiv mitzuarbeiten.<br />
Einer der wesentlichen<br />
Punkte für die gute Umsetzung der<br />
Digitalisierung werden die entsprechenden<br />
Bedingungen sein. Dazu<br />
gehören vor allem Änderungen im<br />
Sozialgesetzbuch und den dazugehörenden<br />
Richtlinien sowie ein Rahmenvertrag<br />
auf Bundesebene, der<br />
die zu erfüllenden Bedingungen für<br />
alle festhält.<br />
Damit sind nicht die Vergütungsvereinbarungen<br />
gemeint, sondern<br />
es geht darum, dass auch die Programmierer<br />
der Abrechnung künftig<br />
einheitliche und damit überall<br />
umsetzbare Richtlinien haben. Vor<br />
allem aber, dass in diesem Rahmenvertrag<br />
auch die von den Unternehmern<br />
zu erfüllenden Bedingungen<br />
klar und deutlich formuliert werden.<br />
Dass Rechtssicherheit geschaffen wird für die Ausführung der<br />
Dienstleistung, gerade auch für die beteiligten Unternehmer.<br />
Beispiel: die genaue Erklärung, was eine ordnungsgemäße<br />
Verordnung ist und wer dafür haftet. Zurzeit wird der Unternehmer,<br />
der diese Verordnung ja nicht ausstellt, dafür in die Pflicht<br />
genommen, wenn die Verordnung den Anforderungen der jeweiligen<br />
Krankenkasse nicht genügt. Reklamationen und deren Heilung<br />
muss der Unternehmer beim Arzt einholen, denn nur dieser<br />
ist berechtigt, eine Änderung durchzuführen oder zusätzlichen<br />
»Es muss Rechtssicherheit<br />
geschaffen werden für<br />
die Ausführung der<br />
Dienstleistung, gerade<br />
auch für die beteiligten<br />
Unternehmer.«<br />
Gisela Spitzlei, Vorsitzende des Ausschusses für<br />
Kranken- und Sonderfahrten im BVTM<br />
Vermerk anzubringen. Eine sehr aufwendige, teure und belastende<br />
Aufgabe für den Unternehmer, vor allem, weil gerade für die<br />
geforderten Änderungen und Bestätigungen in den Praxen kaum<br />
Verständnis besteht.<br />
Leider muss man auch immer wieder erfahren, wenn dann<br />
wegen der Ablehnung der Krankenkassen aus formalen Gründen<br />
die Rechnung an die Patienten gesendet wird, dass dann, wenn<br />
sie mit dieser Rechnung zu ihrer Krankenkasse gehen, ohne weitere<br />
Änderung die Kosten übernommen<br />
werden.<br />
Zusätzlich müssen die Genehmigungsvoraussetzungen<br />
bzw. die<br />
Genehmigung von Krankenfahrten<br />
generell auf den Prüfstand. Wenn<br />
die Leitstellenvermittlung erfolgreich<br />
sein soll, so gehört dazu dann<br />
auch die genehmigungsfreie Übernahme<br />
der von dort vermittelten<br />
Fahrten.<br />
Dass das Genehmigungsverfahren<br />
heute ein bürokratisches Monster<br />
ist, das Menschen gerade in einer<br />
psychisch und physisch schweren<br />
Phase ihres Lebens belastet, und<br />
dass Hilfe vom Unternehmer dabei<br />
immer öfter mit der Begründung<br />
„Datenschutz“ abgelehnt wird,<br />
gehört auch auf den Prüfstand. Eine<br />
der Begründungen für die Genehmigungspflicht<br />
ist, dass sonst ohne<br />
Kontrolle überallhin befördert wird.<br />
Dem ist entgegenzuhalten, dass<br />
schon jetzt in den vorhandenen Rahmenverträgen<br />
geregelt ist, dass nur<br />
zur nächsterreichbaren (geeigneten)<br />
Behandlung befördert werden darf,<br />
es sei denn, der Arzt hat ausdrücklich<br />
unter Behandlungsstätte ein<br />
anderes Ziel angegeben. Es liegt also<br />
in der Verantwortung des Arztes, der<br />
als Einziger berechtigt ist, eine Verordnung auszustellen, und<br />
nicht in der Verantwortung des Dienstleisters.<br />
Um Digitalisierung und optimale Nutzung der vorhandenen<br />
Ressourcen in Zukunft möglich zu machen, müssen nicht nur<br />
Computerprogramme geschrieben werden, sondern auch die<br />
Bedingungen auf den Prüfstand. Um das zu erreichen, ist es auch<br />
wichtig, dass die öffentliche Wahrnehmung der Leistung – Krankenfahrten<br />
durch das Gewerbe – mehr und besser kommuniziert<br />
wird.<br />
gs<br />
FOTO: BVTM<br />
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<strong>4.</strong> QUARTAL <strong>2023</strong> TAXI