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Beschaffung aktuell 01-02.2024

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» MANAGEMENT<br />

China als Wirtschaftspartner<br />

Strategien im Umgang mit<br />

China : Zukunftsaussichten<br />

Über viele Jahre hinweg war auf China als Wachstumsmotor der Weltwirtschaft<br />

Verlass . Die deutsche Wirtschaft profitierte hiervon in erheblichem Maße, und der<br />

deutsch-chinesische Handel wuchs in 2022 auf stolze 299,6 Mrd. Euro. Die Volks -<br />

republik China war im Jahr 2022 zum siebten Mal in Folge Deutschlands wichtigster<br />

Handelspartner. Außerdem zog das Reich der Mitte deutsche Direktinvestitionen in<br />

erheblichem Umfang an. In jüngster Zeit ziehen dunkle Wolken auf, die ein<br />

Überdenken der China-Strategien erfordern.<br />

Wie ist der Aufstieg Chinas zur<br />

zweitgrößten Volkswirtschaft zu<br />

erklären? Nach der Stagnation in den<br />

1960er und 1970er Jahren unter Mao<br />

Tse-tung öffnete sich China der Welt in<br />

den 1980er Jahren, und Chinas Wirtschaft<br />

startete von einem sehr niedrigen<br />

Niveau aus in einer nicht für möglich gehaltenen<br />

Weise durch. Chinas Anteil an<br />

der globalen Wirtschaftsleistung stieg in<br />

dreißig Jahren um das Zehnfache von ur<br />

zwei Prozent im Jahre 1990 auf 18,4 Prozent<br />

im Jahr 2021. Keine andere Volkswirtschaft<br />

in der Welt erreichte ein derartiges<br />

Wachstum. China wurde so zur<br />

zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt.<br />

Einerseits entwickelte sich China zur bedeutendsten<br />

Werkbank der westlichen Industrieländer;<br />

China-Sourcing war die<br />

unbestrittene Devise auch bei deutschen<br />

Einkäufern. Andererseits wurde das Reich<br />

der Mitte für die westlichen Industrieunternehmen<br />

immer wichtiger als Absatzmarkt<br />

und in den letzten Jahren auch als<br />

Produktionsstandort.<br />

Auch die globale Finanzkrise von 2007 bis<br />

2009 konnte Chinas Aufstieg nicht aufhalten.<br />

Die chinesische Regierung legte<br />

ein in der ganzen Welt höchst willkommenes<br />

massives Konjunkturprogramm<br />

auf, das die Infrastruktur, den Wohnungsbau<br />

und später auch Technologie in den<br />

Fokus nahm. China konnte dank der Anstrengungen<br />

der Regierung die Finanzkrise<br />

schnell hinter sich lassen. Die Zentral-<br />

regierung in Peking wollte mit einer beispiellosen<br />

Investitionsoffensive den großen<br />

Sprung nach vorne machen. Den lokalen<br />

Regierungen in China wurden von<br />

der Zentralregierung in Peking ambitionierte<br />

Wachstumsziele vorgegeben. Die<br />

lokalen Regierungen gingen vor diesem<br />

Hintergrund vor allem große Infrastruktur-<br />

und Bauinvestitionen an und finanzierten<br />

zusammen mit Schattenbanken<br />

die anstehenden Projekte, indem sie in<br />

gewaltigem Umfang Kredite bei den chinesischen<br />

Banken und der chinesischen<br />

Öffentlichkeit (reichen Chinesen) aufnahmen<br />

und dabei auch im Sinne einer kreativen<br />

Buchführung neue Finanzierungsinstrumente<br />

nutzten, um die von der Zentralregierung<br />

in Peking auferlegten Kreditbeschränkungen<br />

zu umgehen. Dies<br />

ging lange Zeit gut. Doch in 2023 ist<br />

deutlich geworden, dass das von staatlichen<br />

Investitionen getriebene chinesische<br />

Wirtschaftsmodell an seine Grenzen gestoßen<br />

ist.<br />

Die Erholung der chinesischen Wirtschaft<br />

nach dem brutalen Corona-Lockdown<br />

erwies sich als unerwartet zäh,<br />

und China bekam auch die weltweite<br />

Wachstumsschwäche der letzten beiden<br />

Jahre sowie die geopolitisch induzierten<br />

Handelsbeschränkungen schmerzhaft zu<br />

spüren. Im Ergebnis schrumpft der Anteil<br />

Chinas an der Weltwirtschaftsleistung in<br />

2023 deutlich auf rund 17 Prozent. Chinas<br />

Wirtschaft läuft nicht mehr rund!<br />

Nicht zuletzt haben Chinas Wettbewerber<br />

aus Südostasien kräftig aufgeholt<br />

und können China auf der Kostenseite<br />

unterbieten.<br />

Chinas Wirtschaft vor<br />

einem Berg von Problemen<br />

Chinas Wirtschaft steht 2023 vor großen<br />

Problemen: eine Immobilienblase, gigantische<br />

Schuldenberge der lokalen Regierungen,<br />

ein fragiles Finanzsystem und<br />

sinkendes Vertrauen der Verbraucher und<br />

Unternehmer in die weitere Wirtschaftsentwicklung<br />

mit der Konsequenz eines<br />

eklatanten Nachfragedefizits. Im Juli<br />

2023 ist China in die Deflation gerutscht.<br />

Deflation ist ein Zeichen von Kaufzurückhaltung<br />

von privaten Verbrauchern und<br />

Unternehmen. Chinas Importe gaben bis<br />

Mitte des Jahres im Jahresvergleich um<br />

mehr als 12 Prozent nach, die Exporte um<br />

15 Prozent. Auch die ausländischen Direktinvestitionen<br />

in China sind in jüngster<br />

Zeit stark rückläufig, und die Großinvestoren<br />

zeigen der Börse in Shanghai die<br />

kalte Schulter.<br />

Chinas Wirtschaft wird ausgebremst<br />

durch das langsame globale Wachstum<br />

und nicht zuletzt durch die geopolitischen<br />

Spannungen, die beide die chinesischen<br />

Exporte belasten. So kann es kaum<br />

verwundern, dass der staatliche chinesische<br />

Einkaufsmanagerindex für die Industrie<br />

seit Monaten unter der kritischen<br />

50er Marke bleibt.<br />

28 <strong>Beschaffung</strong> <strong>aktuell</strong> » 1-2 | 2024

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