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Oberpfälzerin Herbst 2021

Lifestyle-Magazin für Frauen

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Werden Sie als Frau häufiger<br />

persönlich angegriffen<br />

statt sachlich kritisiert –<br />

oder ist das ein Klischee?<br />

Nein, es ist schon so, dass Frauen häufiger<br />

angegriffen werden. Ich denke,<br />

dass das mit jeder höheren Ebene, die<br />

man erreicht, schlimmer wird. Aber mit<br />

dem Aufkommen der sozialen Medien<br />

hat das Ganze nochmal einen ganz neuen<br />

Schub entwickelt. Man sieht das ja<br />

zum Beispiel an dem Gerichtsurteil für<br />

Claudia Roth, wo ein Polizist ihr Gesicht<br />

mit einem Pferdehintern verglichen hat.<br />

Oder daran, dass sich die Menschen<br />

über die Stimme von Annalena Baerbock<br />

lustig machen. Und das wird durch<br />

die sozialen Medien massiv verstärkt.<br />

Woran liegt das?<br />

Ich glaube, das sind Abwehrmechanismen.<br />

Auch von Männern, die vielleicht<br />

selbst nicht so erfolgreich sind<br />

und dann solche Frauen als Bedrohung<br />

wahrnehmen. Und dann ist es natürlich<br />

einfacher, am Aussehen herumzumäkeln<br />

als sich inhaltlich damit auseinanderzusetzen.<br />

Außerdem ist man<br />

in den sozialen Medien eher anonym<br />

unterwegs, das macht das Hetzen wesentlich<br />

einfacher.<br />

Ist auch die Berichterstattung<br />

schuld an solchen<br />

Hasswellen? Müssten Zeitungen<br />

und andere Medien<br />

mehr darauf achten, was<br />

sie schreiben?<br />

Der Mann<br />

ist ein<br />

kerniger<br />

Hund.<br />

Die Frau<br />

ein<br />

Mannsweib.<br />

Einerseits ja, weil heutzutage online<br />

nichts verschwindet. Früher hat man die<br />

Zeitung gelesen, sich darüber aufgeregt<br />

und am nächsten Tag den Fisch darin<br />

eingewickelt. Heute ist alles immer und<br />

zeitlich unbeschränkt verfügbar. Andererseits<br />

finde ich, dass viele seriöse<br />

Zeitungen ihren Job sehr gut machen.<br />

Da würde mir jetzt kein Beispiel für eine<br />

unangemessene Wortwahl einfallen. Politiker<br />

müssen darauf achten, was sie<br />

von sich geben. Wenn jemand früher bei<br />

einer Podiumsdiskussion etwas Flapsiges<br />

gesagt hat, wurde es belächelt und<br />

dann wieder vergessen. Heute wird<br />

alles aufgenommen, jeder Gesichtsausdruck<br />

wird dokumentiert. Das macht es<br />

teilweise auch sehr schwierig, authentisch<br />

zu sein. Viele werfen uns immer<br />

vor, dass wir immer um den heißen Brei<br />

herumreden. Manchmal ist das aber<br />

auch einfach Notwehr, um sich in diesem<br />

Moment nicht um Kopf und Kragen<br />

zu reden.<br />

Können sich Männer in solchen<br />

Momenten mehr herausnehmen<br />

als Frauen?<br />

Ja absolut. Wenn Männer zum Beispiel<br />

drüber schwadronieren, dass ja jeder<br />

ein Klappmesser in der Hosentasche<br />

bräuchte, regen sich vielleicht drei<br />

Menschen drüber auf. Die Mehrheit<br />

denkt: „Der ist halt kernig, der ist halt<br />

ein Hund.“ Wir Frauen werden dagegen<br />

sofort als aggressiv wahrgenommen.<br />

Wir sind dann ein „Mannsweib“. Das<br />

spiegelt sich auch bei bei Kleiderfragen<br />

wider. Bestes Beispiel ist Angela<br />

Merkel, die immer sehr neutral angezogen<br />

ist. In anderen Ländern tragen<br />

die Frauen schicke Kostüme, sind stark<br />

geschminkt. Sie betonen das Frauliche<br />

– und werden „trotzdem“ ernst genommen.<br />

Bei uns hingegen haben Frauen in<br />

der Politik oft das Gefühl, sie müssten<br />

sich eine Uniform zulegen.<br />

Müssten Frauen sich eher<br />

dem „männlichen“ Politikstil<br />

anpassen – oder müsste<br />

Politik „weiblicher“ werden?<br />

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