26.03.2024 Aufrufe

Oberpfälzerin Herbst 2021

Lifestyle-Magazin für Frauen

Lifestyle-Magazin für Frauen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

lifestyle<br />

Man nehme eine Prise Unwissenheit,<br />

zwei gehäufte<br />

Teelöffel Ungeschick, 50<br />

Gramm fehlendes Augenmaß<br />

und zwei Packungen<br />

mangelndes Talent – et voilà,<br />

fertig ist die Küchen-Katastrophe.<br />

Richtig. Diese Küchen-Katastrophe<br />

– bin ich. 1,70 Meter geballte kulinarische<br />

Inkompetenz. Ich gehöre nicht<br />

zu den Menschen, die es entspannt,<br />

stundenlang Zutaten zu schnippeln<br />

oder wissenschaftlich-komplexe Rezepte<br />

zu befolgen, um dann in präziser<br />

Feinarbeit einen Kuchen zu verzieren,<br />

der kurze Zeit später sowieso gegessen<br />

wird. Nicht, dass ich es nicht versucht<br />

hätte. Ich habe den Töpfen und<br />

meinem Backofen immer wieder Chancen<br />

gegeben. Beispiele? Pfundweise!<br />

Fangen wir mit meinem persönlichen<br />

Albtraum an: dem Backen. Wobei der<br />

Horror schon bei der Rezeptsuche beginnt.<br />

Ich klicke mich durch Unmengen<br />

von Back-Webseiten und suche<br />

nach den wichtigsten Kriterien: wenige<br />

Zutaten. Kurze Vorbereitungszeit.<br />

Schwierigkeitsgrad: sehr leicht. Lange<br />

Recherche ist notwendig, Spaß stelle<br />

ich mir aber anders vor. Dann wird es<br />

schwierig. Ich erinnere mich an meinen<br />

letzten Back-Versuch. Ein Marmorkuchen.<br />

Was soll da schon schief<br />

gehen? Sogar ich kenne alle Zutaten.<br />

Bei den Mengenangaben bin ich zuversichtlich.<br />

500 Gramm Mehl – also grob<br />

eine halbe Packung. 3 Eier bekomme<br />

ich hin. 150 ml Milch kann ich abschätzen.<br />

Und 220 Gramm Zucker – wenn<br />

es ein paar Gramm mehr sind, was<br />

soll’s. Warum das Augenmaß? Weil ich<br />

weder Küchenwaage noch Messbecher<br />

besitze. Wofür auch? Für einen Kuchen<br />

pro Jahr?<br />

Kein Held<br />

am Herd<br />

Julia Hammer<br />

Ich vermische alle Zutaten und schon<br />

steigt mein Puls. Eine hartnäckige Eierschale<br />

in der Masse, der Teig wird<br />

nicht fest – und auch 100 Gramm<br />

Zusatzmehl machen es nicht besser,<br />

sondern klebriger. Nervös kippe ich<br />

also die Kaugummi-Masse in die runde<br />

Backform (ich habe mich gegen den<br />

Kasten und für die runde Form entschieden,<br />

weil sie schöner aussieht).<br />

2/3 schaffen es, 1/3 verteilt sich<br />

über meine Küche. Wunderbar. Zeit<br />

für Amaretto. Nicht für den Kuchen,<br />

sondern für mich. Nach 30 Minuten<br />

im Backofen zerbricht meine Illusion<br />

endgültig. Der Kuchen geht nicht auf.<br />

In meiner Verzweiflung rufe ich eine<br />

Freundin alias Backexpertin an. „Bist<br />

du wahnsinnig? Wenn da Kastenform<br />

steht, musst du die auch nehmen. Abgemessen<br />

hast du auch nichts, oder?<br />

Versaut. Zerbrösel den Teig und mach<br />

Créme drauf. Dann wird er eben gelöffelt.“<br />

Er wurde gelöffelt – dieser traurige<br />

Nicht-Kuchen, mit dem ich meine<br />

Backkarriere endgültig beendete.<br />

Ob mich Kochen mehr entspannt?<br />

Na, rate. Essen:<br />

definitiv. Aber Kochen – ich<br />

glaube, das liegt in meinen<br />

Genen. Als ich zehn war,<br />

hat mein PapanNudeln im<br />

Topf anbrennen lassen. So<br />

stark, dass der Rauchmelder<br />

auslöste. An diesem Abend gab es<br />

Lieferpizza. Den Lieferdiensten bin ich<br />

treu geblieben. Für lange Kochabende<br />

alleine habe ich weder Zeit noch<br />

Geduld. Ich hasse es, mich in Rezepte<br />

einzulesen, lange Einkaufszettel<br />

zu schreiben. Apropos Einkauf. Als<br />

Single-Haushalt habe ich mein System<br />

perfektioniert. Ich weiß, was ich<br />

brauche, kaufe die richtigen Mengen<br />

und finde mich im Supermarkt meines<br />

Vertrauens zurecht. Es sei denn,<br />

mein System wird gestört. Die Folge?<br />

Komplette Hilflosigkeit – wie vor einigen<br />

Tagen. Ich habe mit einer Freundin<br />

einen Kochabend geplant. Kochen in<br />

Gesellschaft finde ich gut. Einige Zutaten<br />

haben noch gefehlt. „Wir brauchen<br />

Tonka-Zucker, Chavroux Tendre Bûche<br />

und eine Topinambur-Knolle.“ Keines,<br />

wirklich KEINES dieser Dinge kenne<br />

ich. Ich laufe durch den Laden, suche<br />

in Regalen und bin völlig verloren. Genervt<br />

bleibt mir nichts anderes übrig,<br />

als sie anzurufen und mich durch das<br />

Geschäft navigieren zu lassen.<br />

Ob meine Küche immer ungenutzt<br />

bleibt? Nein. Ich besitze vier verschiedene<br />

Geräte, um Kaffee zu kochen. Das<br />

kann ich gut. Auch Pizza und Pasta<br />

funktionieren. Für alles andere habe<br />

ich ein Rezept entwickelt: Ich nehme<br />

eine Prise gut kochende Freunde, eine<br />

Handvoll Lieferdienst-Nummern und<br />

reichlich Restaurant-Abende. Et voilà<br />

– so funktioniert Genuss ganz ohne<br />

Küchen-Katastrophen.<br />

72

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!