Oberpfälzerin Herbst 2021
Lifestyle-Magazin für Frauen
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lifestyle<br />
Morgens eine Butterbreze<br />
im Auto, mittags den fertigen<br />
Salat vom Supermarkt,<br />
Abends schnell was vom Chinesen<br />
– klar, unser Leben ist<br />
oft hektisch. Dann noch Kochen?<br />
Für viele klingt das wie<br />
eine Utopie. Kein Wunder,<br />
dass Trinkmahlzeiten, Fertigprodukte<br />
und allerlei Riegel einen wahren Boom<br />
erleben. Eines unsere Grundbedürfnisse<br />
– Essen – ist zu einem lästigen Punkt<br />
auf unserer To-Do-Liste geworden.<br />
Dabei muss Kochen nichts zu tun haben<br />
mit seitenlangen Rezepten und exotischen<br />
Zutaten. Denn Zeit für stundenlange<br />
Vor- und Zubereitung haben nun<br />
wirklich die wenigsten – auch ich nicht.<br />
Trotzdem finde ich es seltsam, dass wir<br />
uns einerseits fast durchgehend mit<br />
unserer Gesundheit beschäftigen, auf<br />
Instagram dem Hashtag #fitlife folgen<br />
und Unsummen für Cremes und Wunderpillen<br />
ausgeben – und andererseits<br />
völlig vernachlässigen, dass der eigene<br />
Traumkörper und das eigene Wohlbefinden<br />
an genau einem Ort beginnen:<br />
Unserem Teller. Und für den gebe ich<br />
mir wirklich gerne Mühe.<br />
Denn auch, wenn ich keine überdurchschnittlich<br />
gute Köchin oder Bäckerin<br />
bin, habe ich doch ziemlich viel Spaß<br />
beim Ausprobieren und Experimentieren.<br />
Immer sonntags plane ich jede einzelne<br />
Mahlzeit für die nächste Woche<br />
und gehe dann Montagmorgen dafür<br />
einkaufen. Ich freue mich, wenn ein Rezept<br />
auf Anhieb gelingt – und oft fallen<br />
mir spontan noch Ideen ein, die ich unbedingt<br />
umsetzen muss. Noch schnell<br />
eine Marinade für den Tofu zusammenrühren<br />
oder ein Roggenbrot backen, nur<br />
um zu sehen, ob das klappt? Das kommt<br />
bei mir recht häufig vor.<br />
Held<br />
am Herd<br />
Laura Schertl<br />
Das heißt nicht, dass ich Schokolade<br />
auf ein Grad genau temperieren oder<br />
ein Steak perfekt medium rare braten<br />
könnte (schon allein, weil ich kein<br />
Fleisch esse) – aber ich finde es toll,<br />
neue Techniken kennenzulernen und<br />
auszuprobieren. Denn das erweitert<br />
nicht nur mein Skill-Set, es vergrößert<br />
auch den Pool an Rezepten, die ich kochen<br />
könnte. Aber auch, wenn ich Spaß<br />
am Ausprobieren und Testen habe, gerade<br />
unter der Woche muss es einigermaßen<br />
schnell und praktisch sein. Da<br />
tut es auch mal die Gemüsemischung<br />
aus dem Tiefkühlfach. Am Wochenende<br />
wühle ich mich allerdings durchaus<br />
gerne mal durch seitenlange Anleitungen<br />
und suche im Supermarkt nach der<br />
einen, seltsamen Zutat, die ich noch nie<br />
irgendwo gesehen habe.<br />
Ergänzend dazu habe ich mittlerweile<br />
zwei Blumenkästen mit selbst gezogenem<br />
Basilikum (das in diesem Jahr<br />
wirklich gewachsen ist wie Unkraut)<br />
und einen mit Schnittlauch und Salbei.<br />
Ganze zwei Sommer habe ich<br />
gebraucht, bis ich verstanden<br />
habe, wie ich mich um das<br />
Basilikum kümmern muss,<br />
damit es nicht eingeht. Dafür<br />
habe ich mühevoll Zweige<br />
abgeschnitten, in Wasser<br />
gestellt, bis sich Wurzeln bilden<br />
und dann wieder eingepflanzt. Drei<br />
Gläser Pesto konnte ich mir daraus machen.<br />
Und auf die Gefahr hin, jetzt nach<br />
Hausfrau zu klingen: Selbstgemacht<br />
schmeckt eben schon oft am besten.<br />
Diese Regel gilt aber nur eingeschränkt.<br />
Denn wenn ich eines gelernt habe:<br />
Gerichte von Mama schmecken beim<br />
Nachkochen nur annähernd so gut.<br />
Mein heiß geliebter Gemüsereis hat<br />
mich schon mehrere verzweifelte Anrufe<br />
bei meiner Mama gekostet und<br />
auch ihr Salatdressing habe ich noch<br />
nie so hinbekommen. Aber sind wir mal<br />
ehrlich: Sogar ein geschnittener Apfel<br />
schmeckt besser, wenn Mama das gemacht<br />
hat. Ein normaler Apfel und ein<br />
geschnittener Apfel von Mama sind<br />
zwei völlig verschiedene Obstsorten.<br />
Deshalb gilt im Zweifelsfall: Nicht verzagen,<br />
Mama fragen. Und viel ausprobieren.<br />
Denn Kochen lernt man nur<br />
durchs Kochen. Trotzdem kann ich verstehen,<br />
dass nicht jeder gerne in der<br />
Küche steht und sich durch komplizierte<br />
Anleitungen kämpft. Ihr Nicht-Köche,<br />
die ihr beim gemeinsamen Kochabend<br />
nur am Tisch sitzt und darauf wartet, ob<br />
ihr was schneiden sollt: Ihr seid herzlich<br />
eingeladen. Auf ein Glas Wein mit<br />
irgendwas zu Essen. Kein Fünf-Gänge-Menü,<br />
aber ein mit viel Liebe gekochtes<br />
Gericht. Ich kann nicht versprechen,<br />
dass es auch schmeckt. Ich koche<br />
gerne, aber ich habe nie behauptet,<br />
dass ich es besonders gut kann.<br />
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© Sara Neidhardt, privat