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4 Die passende Kulisse auch für Banken<br />
sich die Hauptstadt George Town<br />
den Ruf als Steuerparadies erworben<br />
und ist zu einem der größten<br />
Finanzplätze der Welt geworden.<br />
Wenn man sich fragt, wie rund<br />
200.000 Firmen auf den nur 248<br />
Quadratkilometern der Inseln<br />
Platz finden, sollte man einmal einen<br />
Spaziergang an den zahllosen<br />
Postfächern vorbei machen. Auch<br />
die meisten international tätigen<br />
Banken, auch die größten deutschen,<br />
sind hier mit Filialen präsent.<br />
Außerdem fühlen sich mehr<br />
als zwei Drittel aller Hedge-Fonds<br />
auf den Cayman Islands richtig<br />
wohl. 2009 wurden die Caymans<br />
deshalb auf die sogenannte Graue<br />
1 Die Crews kennen sich aus 5<br />
Liste der Steueroasen gesetzt,<br />
unter dem heftigsten Protest der<br />
Briten versteht sich. Nach dem<br />
Brexit setzte die EU 2020 die Inseln<br />
sogar auf die Schwarze Liste<br />
zu den anderen nicht kooperativen<br />
Ländern. Doch <strong>das</strong> ist längst<br />
Vergangenheit, denn mittlerweile<br />
sind die Inseln sogar auf der Weißen<br />
Liste der OECD. Das Erfüllen<br />
von Vorgaben zur Transparenz<br />
und Abkommen zum Informationsaustausch<br />
über Steuerzahler<br />
mit zwölf Staaten, darunter auch<br />
der Bundesrepublik, haben zur<br />
weißen Weste geführt. Nunmehr<br />
muss man wohl, wenn man ein<br />
Konto auf den Caymans eröffnen<br />
möchte, unangenehme Fragen<br />
beantworten und die Antworten<br />
offenbar auch noch beweisen.<br />
Die tote Oma anzugeben reicht<br />
dann nicht mehr, es muss schon<br />
ein Nachweis über <strong>das</strong> Erbe beigebracht<br />
werden. Dennoch lagen<br />
nach Angaben des Bundesfinanzministeriums<br />
aus dem Jahr 2019<br />
rund zwölf Milliarden Euro von<br />
Deutschen auf den Caymans. Im<br />
Schnitt sollen 1,5 Millionen auf jedem<br />
Konto liegen. Vielleicht wird<br />
es demnächst weniger durch <strong>das</strong><br />
Steueroasen-Abwehrgesetz. Die<br />
Steuerlage ist also nach wie vor<br />
günstig, die Lebenshaltungskosten<br />
sind es auf den Inseln nicht.<br />
Laut Lebenshaltungskosten-Index<br />
der online-Plattform Numbeo sind<br />
<strong>2024</strong> allein die Bahamas und die<br />
Schweiz teurer als die Cayman<br />
Inseln.<br />
Große Fische ganz zahm<br />
Die wirtschaftlich gesehen großen<br />
Fische sind also reichlich<br />
auf den Caymans vertreten, auch<br />
wenn man nicht selbst erscheinen<br />
muss, um ein Konto dort zu<br />
eröffnen. Doch auch die echten<br />
großen Fische findet man im Urlaubsparadies<br />
Cayman Islands.<br />
Der Tauchtourismus ist überaus<br />
beliebt, was bei dem klaren Wasser<br />
und den zahlreichen Riffen<br />
rund um die Inseln nicht verwundert.<br />
Für eines der großartigen<br />
Erlebnisse mit großen Fischen<br />
braucht man allerdings nur Badekleidung,<br />
und vielleicht noch<br />
eine Taucherbrille, damit man<br />
genau sieht, was unter Wasser<br />
passiert. 1987 bemerkten Fischer,<br />
<strong>das</strong>s Stachelrochen liebend gerne<br />
die Reste, die bei der Fischverarbeitung<br />
auf den Fischerbooten<br />
entstehen, in Empfang nehmen.<br />
Eine Sandbank nur wenige Kilometer<br />
vom Land entfernt, war<br />
ideal dafür. Heute kann man die<br />
Tiere selbst auf dieser Sandbank<br />
füttern, die Stingray City genannt<br />
wird. Wenn die Ausflugsboote angelegt<br />
haben, steigen die Passagiere<br />
ins hüfthohe Wasser. Die Rochen<br />
schwimmen, oder man sollte<br />
vielleicht besser sagen »fliegen«<br />
unter Wasser, herbei und lassen<br />
sich füttern. Sie lassen sich sogar<br />
streicheln und von den Bootsbesatzungen<br />
auf den Arm nehmen.<br />
Aufpassen sollte man trotzdem,<br />
denn die Fische machen es sich<br />
gerne auf dem Grund des Meeres<br />
gemütlich und graben sich im<br />
Sand ein. Die Bootsführer weisen<br />
ausdrücklich darauf hin, <strong>das</strong>s<br />
man seine Schritte sehr bedächtig<br />
setzten sollte, um nicht auf<br />
die Tiere zu treten. Dann nämlich<br />
wird es – zahm hin oder her –<br />
unter Umständen ungemütlich,<br />
denn die sehr effektive Verteidigungswaffe<br />
des Knochenfisches<br />
ist der lange Schwanz, der giftige<br />
Stacheln enthält. Nicht umsonst<br />
heißen die Tiere auf Deutsch auch<br />
Stech- oder Peitschenschwanzrochen.<br />
Der Kontakt mit dem Gift<br />
wäre dann schon sehr schmerzhaft,<br />
geben die Einheimischen<br />
zu. Aber nicht lebensgefährlich. Es<br />
sei denn, sie stechen in den Brustoder<br />
Bauchraum. Dummer Weise<br />
gäbe es nämlich kein Gegengift.<br />
Das wird einem aber erst erzählt,<br />
nachdem man vor Ort war. Aber<br />
was ist schon ein bisschen Risiko<br />
gegen <strong>das</strong> einmalige Erlebnis,<br />
die eleganten Schwimmkünstler<br />
buchstäblich hautnah zu erleben!<br />
36 Das Stadtgespräch