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Ein Blick in den kulinarischen Schmelztiegel der Emirate

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KULTUR<br />

Es muss nicht immer<br />

Pizza se<strong>in</strong><br />

EIN STREIFZUG DURCH DUBAIS KULINARISCHEN SCHMELZTIEGEL<br />

Bei rekordverdächtigen 202 verschie<strong>den</strong>en Nationalitäten,<br />

die im Emirat Dubai e<strong>in</strong> zum<strong>in</strong>dest vorübergehendes Zuhause<br />

gefun<strong>den</strong> haben, liegt <strong>der</strong> Gedanke an die Utopie des „<strong>Schmelztiegel</strong>s<br />

<strong>der</strong> Nationen“ nicht weit. Um zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>en Aspekt<br />

des täglichen Lebens zu f<strong>in</strong><strong>den</strong>, auf <strong>den</strong> diese Idealvorstellung<br />

zweifellos zutrifft, muss man nicht weiter blicken als bis auf<br />

die Teller, die sich <strong>E<strong>in</strong></strong>heimische, Auslän<strong>der</strong> und Touristen gleichermaßen<br />

Tag für Tag m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Mal füllen.<br />

Essen ist vielleicht das <strong>E<strong>in</strong></strong>zige, was uns <strong>in</strong> dieser Stadt alle vere<strong>in</strong>t.<br />

Was immer Dubai auch an sozialer Integriertheit und wahrer <strong>in</strong>terkultureller<br />

Vermischung fehlen mag, es verfügt doch zweifellos über e<strong>in</strong>e<br />

dynamische und sich ständig entwickelnde kul<strong>in</strong>arische Szene, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

sich Weltstandard-KFC-Filialen an <strong>in</strong>ternationale Sternerestaurants und<br />

w<strong>in</strong>zige Imbissbu<strong>den</strong> von Besitzern aus Pakistan o<strong>der</strong> Indien reihen.<br />

Eigentlich ke<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong>, wenn man e<strong>in</strong>en <strong>Blick</strong> auf Dubais jüngere<br />

Geschichte wirft. Vor nur e<strong>in</strong>em guten halben Jahrhun<strong>der</strong>t war Dubai<br />

wenig mehr als e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e, perlenfischende Stadt, die hauptsächlich<br />

von Bedu<strong>in</strong>enstämmen bewohnt wurde. Die Entdeckung von Öl <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

1960er Jahren beflügelte se<strong>in</strong>e Verwandlung von e<strong>in</strong>er schläfrigen Kle<strong>in</strong>stadt<br />

zu <strong>der</strong> geschäftigen Metropole von heute. Bis zu diesem Zeitpunkt<br />

war Dubai auch – abgesehen von <strong>den</strong> persischen Händlern, die sich bereits<br />

seit Beg<strong>in</strong>n des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite des Golfs angesiedelt<br />

hatten – ethnisch homogen. Dies än<strong>der</strong>te sich schlagartig mit<br />

<strong>der</strong> Ankunft <strong>der</strong> ersten Gastarbeiterwellen aus Indien und Pakistan, die<br />

begonnen, fast schneller als die Ölquellen zu sprudeln. Im Gegensatz zu<br />

diesen ist bei <strong>den</strong> Menschenströmen, die es seitdem aus aller Welt <strong>in</strong> das<br />

Wüstenemirat zieht, auch ke<strong>in</strong> Versiegen <strong>in</strong> Sicht. Dubais Bevölkerung<br />

setzt sich mittlerweile <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie aus Auslän<strong>der</strong>n zusammen, die <strong>den</strong><br />

<strong>E<strong>in</strong></strong>heimischen zahlenmäßig im Verhältnis neun zu e<strong>in</strong>s überlegen s<strong>in</strong>d.<br />

Aber noch vor dem eher neuen Zustrom an <strong>E<strong>in</strong></strong>wan<strong>der</strong>ern aus <strong>den</strong> westlichen<br />

Län<strong>der</strong>n und <strong>den</strong> Philipp<strong>in</strong>en waren es hauptsächlich drei große<br />

ethnische Gruppen, die die Kultur und damit auch das kul<strong>in</strong>arische<br />

Terra<strong>in</strong> <strong>der</strong> Region formten: Araber aus dem östlichen Mittelmeerraum,<br />

Südasiaten und die bereits erwähnten Iraner. Sie waren so e<strong>in</strong>flussreich,<br />

dass sie über die Jahre h<strong>in</strong>weg sogar die ursprünglich emiratische Küche<br />

bee<strong>in</strong>flussten, die hauptsächlich aus Fleisch, Getreide und Milchprodukten<br />

bestan<strong>den</strong> hatte und heute kaum verkennbare Elemente aus <strong>den</strong><br />

genannten Regionen enthält.<br />

Discover ME 38<br />

EINE KULINARISCHE BANDBREITE<br />

– SO VIELFÄLTIG WIE DIE<br />

BEWOHNER DUBAIS<br />

Was Dubai also fehlte, als es sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> zweiten Hälfte des letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

dazu aufmachte, e<strong>in</strong> mo<strong>der</strong>ner Wirtschafts- und Handelsknotenpunkt<br />

zu wer<strong>den</strong>, war e<strong>in</strong> ausreichen<strong>der</strong> Bestand an Arbeitskräften<br />

und e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante Küche. Beide kamen Hand <strong>in</strong> Hand. Heute besteht<br />

Dubais Bevölkerung zu fast 90 % aus <strong>E<strong>in</strong></strong>wan<strong>der</strong>ern aus Süd- und Südostasien,<br />

an<strong>der</strong>en arabischen Län<strong>der</strong>n, Pakistan, Indien, Bangladesch,<br />

<strong>den</strong> Philipp<strong>in</strong>en und Europa. Sie alle kamen um zu arbeiten, was bedeutet,<br />

dass sie e<strong>in</strong>en Platz zum Leben brauchten und so formten sie<br />

ihre jeweils eigenen Siedlungen und Geme<strong>in</strong>schaften, die noch heute<br />

deutlich an <strong>der</strong> oftmals dist<strong>in</strong>kt vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abgegrenzten, räumlichen<br />

Verteilung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Nationalitäten <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Stadt zu erkennen<br />

s<strong>in</strong>d. Diese kosmopolitische Natur Dubais spiegelt sich deutlich <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Essensvielfalt <strong>der</strong> Stadt wi<strong>der</strong>. In <strong>den</strong> Augen <strong>der</strong> Welt mag Dubais<br />

Glitzer-und-Glamour-Image zwar im Vor<strong>der</strong>grund stehen, doch <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

Gassen und W<strong>in</strong>keln <strong>der</strong> Stadt ist traditionelles Straßenessen nach wie<br />

vor allgegenwärtig. Um es zu f<strong>in</strong><strong>den</strong>, sollte man sich allerd<strong>in</strong>gs von <strong>den</strong><br />

neueren Gegen<strong>den</strong> wie Dubai Mar<strong>in</strong>a o<strong>der</strong> Downtown fernhalten und<br />

stattdessen <strong>in</strong> die älteren Stadtviertel e<strong>in</strong>tauchen, die <strong>in</strong> ihren verw<strong>in</strong>kelten<br />

Straßen und Gassen teils wahre Schätze an leckeren und preisgünstigen<br />

lokalen Spezialitäten bereithalten. Verschie<strong>den</strong>e Faktoren<br />

halten viele Touristen davon ab, diese „Seele“ von Dubais Kochtöpfen<br />

zu erkun<strong>den</strong>: Sich se<strong>in</strong>en Weg durch namenlose Straßen zu suchen um<br />

Lokalitäten ohne Adresse zu f<strong>in</strong><strong>den</strong>, kann e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>schüchterndes Unterfangen<br />

für Ortsunkundige se<strong>in</strong>. Dennoch ist das <strong>der</strong> Raum, <strong>in</strong> dem <strong>der</strong><br />

wahre Geschmack von Dubai zu Hause ist. Die meisten dieser Restaurants<br />

s<strong>in</strong>d beschei<strong>den</strong>e W<strong>in</strong>kel, doch das servierte Essen ist gut und<br />

preiswert und das Gefühl von Authentizität, das sie vermitteln, ist e<strong>in</strong>e<br />

willkommene Abwechslung <strong>in</strong> dieser Stadt, die sich so oft im Rennen<br />

um die Verwirklichung ihrer fantastischen Ambitionen verfängt. Wer<br />

Dubai von se<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Seite kennenlernen möchte und sich nicht<br />

davon abgeschreckt fühlt, se<strong>in</strong>en Weg durch die e<strong>in</strong> o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Gasse<br />

<strong>der</strong> Altstadt suchen zu müssen, f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>en guten <strong>E<strong>in</strong></strong>stieg fernab des<br />

ausgetretenen, kristallbesetzten Pfads.<br />

Fotos: fotolia & Jumeirah Group<br />

DIE WÜSTENSTADT ABSEITS VON GLITZER,<br />

GLAMOUR UND EXTRAVAGANZ<br />

Immer e<strong>in</strong> guter Ausgangspunkt für hungrige Mägen ist die nach wie<br />

vor als Dhiyafah Street (passen<strong>der</strong>weise – bedeutet <strong>der</strong> Name doch auf<br />

Arabisch „Straße <strong>der</strong> Gastlichkeit“) bekannte und letztes Jahr anlässlich<br />

des 40. Jubiläums <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>gten Arabischen <strong>Emirate</strong> umbenannte „2 nd<br />

of December Street“ <strong>in</strong> Satwa. Hier reiht sich im wahrsten S<strong>in</strong>ne des<br />

Wortes e<strong>in</strong> Restaurant an das nächste und neben dem unvermeidlichen<br />

Pizza Hut und <strong>den</strong> übrigen üblichen Verdächtigen f<strong>in</strong>det man auch e<strong>in</strong>ige<br />

beliebte Anlaufstellen für „Ethnic Food“: Nefertiti für ägyptisches<br />

Koshary, Al Mallah für libanesische Shawerma und Falafel o<strong>der</strong> Firas<br />

für <strong>den</strong> unumgänglichen Zuckerschock, <strong>der</strong> jedes arabische Mahl abschließen<br />

sollte. Libanesisch gilt gewissermaßen als Standardwahl für<br />

die, die e<strong>in</strong>heimische – sprich: arabische – Küche erleben wollen. Als<br />

die am weitesten verbreitete unter <strong>den</strong> Küchen des Levant wurde sie<br />

zum Synonym für arabisches Essen schlechth<strong>in</strong>, doch auch die übrigen<br />

Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> Nahostregion, allen voran Paläst<strong>in</strong>a und Syrien, sowie ihre<br />

nordafrikanischen Verwandten über Ägypten bis h<strong>in</strong> zu Tunesien und<br />

Marokko haben <strong>in</strong> <strong>den</strong> Kochtöpfen Dubais ihre Spuren h<strong>in</strong>terlassen.<br />

Dubais Nachbaremirat Sharjah bietet wegen se<strong>in</strong>es hohen Araberanteils<br />

an <strong>der</strong> Bevölkerung e<strong>in</strong>e Restaurant- und Imbiss-Szene, die von <strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong> jeweiligen Herkunftslän<strong>der</strong>n kaum zu unterschei<strong>den</strong> ist. So f<strong>in</strong>det<br />

man die fantastischsten paläst<strong>in</strong>ensischen Falafel nicht etwa <strong>in</strong> Dubai,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> Laufweite von <strong>der</strong> Sharjah Corniche Al Buhairah an <strong>der</strong><br />

Jamal Abdel Nasser Street. Die übergroßen Kichererbsenbratl<strong>in</strong>ge, die<br />

auf Wunsch mit verschie<strong>den</strong>en Füllungen zubereitet wer<strong>den</strong>, versetzen<br />

e<strong>in</strong>en mit ihrem Duft nach Korian<strong>der</strong> und Kum<strong>in</strong> mental direkt <strong>in</strong> das<br />

Heilige Land. Auch das Chicken Musakhan, e<strong>in</strong>e Art mit geröstetem<br />

Fleisch, Zwiebeln und Gewürzen gefülltes Fla<strong>den</strong>brot, gehört zu <strong>den</strong><br />

Spezialitäten, die diesem Restaurant weit über Sharjahs Grenzen h<strong>in</strong>aus<br />

Ruhm und Ehre bescheren. Wenn von Heimweh geplagte Ägypter<br />

sich nach dem Geschmack des Landes am Nil sehnen, suchen sie Farahat<br />

<strong>in</strong> Deira auf. Statt <strong>der</strong> üblichen als „restaurantfähig“ angesehenen<br />

Kost wer<strong>den</strong> hier bo<strong>den</strong>ständige Schmorgerichte, Gemüsee<strong>in</strong>töpfe und<br />

Fleischgerichte serviert, die <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation und Geschmack <strong>in</strong> dieser<br />

Art direkt vom Mittagstisch e<strong>in</strong>er typischen ägyptischen Familie stammen<br />

könnten.<br />

KULTUR<br />

In<strong>der</strong> haben alle<strong>in</strong> schon ihrer schieren Masse wegen das Straßenbild<br />

Dubais nachhaltig geprägt. Doch auch auf kul<strong>in</strong>arischer Ebene ist <strong>der</strong><br />

Subkont<strong>in</strong>ent e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Marktführer <strong>in</strong> <strong>den</strong> Gassen Dubais. Indische Restaurants,<br />

die auch tatsächlich von In<strong>der</strong>n besucht wer<strong>den</strong>, f<strong>in</strong><strong>den</strong> sich<br />

hauptsächlich <strong>in</strong> <strong>den</strong> Stadtvierteln Karama, Satwa, Bur Dubai und <strong>den</strong><br />

umliegen<strong>den</strong> Gegen<strong>den</strong>. Ausgezeichnetes Thali wird im vegetarischen<br />

Restaurant Rajdhani <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bur Dubais Rolla Street serviert. Thali, was<br />

auf H<strong>in</strong>du schlichtweg „Teller“ bedeutet, ist e<strong>in</strong>e traditionelle <strong>in</strong>dische<br />

Mahlzeit, bei <strong>der</strong> zahlreiche kle<strong>in</strong>e Schälchen mit farbenfrohen Curries,<br />

Gemüse und Chutneys – begleitet von Reis und Brot und abgerundet<br />

durch Süßspeisen und Joghurt-Lassis – auf e<strong>in</strong>er run<strong>den</strong> Platte serviert<br />

wer<strong>den</strong>. Die Thali-Gerichte variieren von Region zu Region und können<br />

sowohl vegetarisch als auch fleischhaltig se<strong>in</strong>. Typischerweise gibt es<br />

ke<strong>in</strong>e Speisekarte, ke<strong>in</strong>e Bestellungen und ke<strong>in</strong>e Wartezeiten. Nur grenzenloses<br />

Schwelgen <strong>in</strong> <strong>den</strong> aufgetischten Köstlichkeiten, ganz wie im<br />

Märchen vom süßen Brei. „Töpfchen koch!“ <strong>den</strong>kt man sich nur und<br />

schon kommt wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> zahlreichen Kellner mit se<strong>in</strong>en Schüsseln<br />

vorbei, um e<strong>in</strong>en Nachschlag Dhal, Curry, Reis o<strong>der</strong> Chapatti-Brot zu<br />

servieren. Wer sich se<strong>in</strong>e Mahlzeit lieber selbst zusammenstellt, wird<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> Dubai-Filialen <strong>der</strong> aus Neu Delhi stammen<strong>den</strong> Restaurantkette<br />

Bikanervala fündig. Nicht nur das rot-gelbe Logo er<strong>in</strong>nert e<strong>in</strong> wenig<br />

an McDonalds, auch <strong>der</strong> Aufbau ist mehr im Fastfood- und weniger im<br />

Restaurant-Stil. An mehreren Theken wer<strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>e nord- und<br />

süd<strong>in</strong>dische Gerichte zubereitet, die man entwe<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zeln als Snack genießen<br />

o<strong>der</strong> sich zu e<strong>in</strong>er kompletten Mahlzeit zusammenstellen kann.<br />

Neben <strong>der</strong> Filiale nahe des BurJuman Centers <strong>in</strong> Karama gibt es weitere<br />

im Lulu Hypermarket <strong>in</strong> Al Qusais, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Al Wahda Street <strong>in</strong> Sharjah<br />

und seit Neuestem <strong>in</strong> Al Barsha.<br />

39 Discover ME<br />

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