Archäologische Funde aus Deutschland - Deutsches ...
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A L T S T E I N Z E I T<br />
Der Löwenmensch <strong>aus</strong> der Höhle “Hohlenstein-Stadel”<br />
im Lonetahl, Alb-Donau-Kreis<br />
(Baden-Württemberg)<br />
Zu den großartigsten Kunstwerken des Paläolithikums gehört die Elfenbeinstatuette<br />
<strong>aus</strong> dem Hohlenstein-Stadel auf der schwäbischen Alb. Es ist<br />
ein Mischwesen: halb Mensch, halb Löwe.<br />
Im Sommer 1939 wurden bei Ausgrabungen am Hohlenstein-Stadel zahlreiche<br />
Bruchstücke eines bearbeiteten Mammutstoßzahns gefunden, jedoch<br />
nicht als Reste einer Figur erkannt. Die Grabung musste im Sommer 1939<br />
abgebrochen werden. Der Grabungsleiter hatte bereits den Einberufungsbefehl<br />
für den Krieg in der Tasche, den <strong>Deutschland</strong> am 1. September mit dem<br />
Angriff auf Polen vom Zaun brach. Erst 1969 wurde bei der Inventarisierung<br />
der <strong>Funde</strong> im Museum die Bedeutung der Fragmente erkannt und die 200<br />
Bruchstücke rasch zusammengesetzt. 1988 konnten weitere Fragmente, die<br />
zwischenzeitlich aufgetaucht waren, an die Figur angefügt werden.<br />
Die mit 28 cm ungewöhnlich große Statuette vereint menschliche Züge, wie<br />
die aufrechte Körperhaltung, mit dem Kopf und den Extremitäten einer Raubkatze.<br />
Vieles an der Figur bleibt rätselhaft, selbst ob sie weiblich oder männlich<br />
ist, kann nicht eindeutig entschieden werden. Die Figur konnte nicht frei stehen,<br />
sondern musste an eine Wand angelehnt werden.<br />
Es liegen zwei Datierungen vor, die nahelegen, dass die Statuette etwa 32 000<br />
Jahre alt ist. Sie ist damit eines der ältesten vollplastischen Bildwerke, das man<br />
kennt. Nur zwei Kilometer vom Hohlenstein entfernt, fanden sich in der Vogelherdhöhle<br />
mehrere kleine Löwen- und Mammutfiguren <strong>aus</strong> Elfenbein.<br />
Figürliche Plastiken sind erst ca. 35 000 vor heute nachgewiesen, und die<br />
<strong>Funde</strong> von der Schwäbischen Alb sind gegenwärtig die ältesten. Etwa zur<br />
gleichen Zeit sind die bewegten und kompositorisch großartigen Malereien<br />
<strong>aus</strong> der Grotte Chauvet in Frankreich entstanden. Alle diese künstlerischen<br />
Ausdrucksformen sind mit dem anatomisch modernen Menschen verbunden.<br />
Figürliche Plastiken und Malereien des Neandertalers sind hingegen unbekannt,<br />
doch besteht die Möglichkeit, dass er Bildwerke <strong>aus</strong> Holz oder anderen<br />
vergänglichen Materialien hergestellt hat. Der anatomisch moderne Mensch<br />
begann, gemessen an seinem ersten Auftreten, erst spät mit der Produktion<br />
von kleinen und großen Kunstwerken, wofür vermutlich soziale Gründe <strong>aus</strong>schlaggebend<br />
waren. Die Sammler und Jäger konnten ihre Erfahrungen, ihre<br />
Sicht auf die Welt in den Plastiken und Wandgemälden nun dauerhaft dokumentieren<br />
und z. B. in Übergangsriten immer wieder nutzbar machen.<br />
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