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Archäologische Funde aus Deutschland - Deutsches ...

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J U N G S T E I N Z E I T<br />

Wanddekoration <strong>aus</strong> Ludwigshafen-Seehalde,<br />

Kr. Konstanz<br />

(Baden-Württemberg)<br />

Während verschiedener Abschnitte des Neolithikums waren die Uferzonen der<br />

Seen rings um die Alpen besiedelt. Die vorzüglichen Erhaltungsbedingungen<br />

haben zur Konservierung des Bauholzes der Häuser, aber auch zahlreicher Alltagsgegenstände<br />

<strong>aus</strong> organischen Materialien beigetragen.<br />

Durch die Jahrringbestimmung (Dendrochronologie) der Bauhölzer lässt sich<br />

die Errichtung von Häusern jahrgenau bestimmen. Es ist gelungen, eine komplette<br />

Sequenz der charakteristischen Jahrringe von Bäumen in Mitteleuropa<br />

aufzubauen. Heute reicht die Eichenchronologie bis 8480 v. Chr. zurück. An<br />

die Eichenchronologie ist eine frühholozäne Kiefernchronologie angeschlossen,<br />

die den Zeitbereich 7959-9931 v. Chr. abdeckt. Damit ist eine lückenlose<br />

12 000 Jahre umfassende Jahrringchronologie hergestellt.<br />

Die jungsteinzeitlichen Siedlungen am Bodensee können auf diese Weise<br />

zeitlich sehr genau bestimmt werden. So stammen die <strong>Funde</strong> <strong>aus</strong> der Ufersiedlung<br />

Ludwigshafen-Seehalde am Bodensee, die der älteren Pfyner Kultur<br />

angehören, <strong>aus</strong> den Jahren 3869 bis 3824 v. Chr. Die beiden fast lebensgroßen<br />

Brüste waren Bestandteil einer verputzen Rutenflechtwand eines H<strong>aus</strong>es.<br />

Der Verputz war mit dem Relief und weißer Farbe verziert. Es zeigen sich Winkelbänder,<br />

Dreiecke, Kreise und Punktfelder, die sich zu einem Gesamtdekor<br />

vereinigen (Abb. 8). Wegen der Verzierung und der Brüste hat man daran gedacht,<br />

dass es sich um einen Kultbau handeln könnte. Die weiblichen Brüste<br />

werden mit Vorstellungen von Fruchtbarkeit verbunden: Sie seien übersät von<br />

weißen Punkten, „dem Doppelsymbol der Fruchtbarkeit: ein Sternenregen,<br />

der die Menschenfrauen beglückenden himmlischen Mächte und die Milch<br />

der großen Sternenstraße“ (Müller-Beck). Das demonstrative Zeigen der Brüste<br />

lässt sich aber auch als ein Abwehrzauber verstehen.<br />

Man brachte in dieser Zeit plastische weibliche Brüste aber nicht nur an<br />

H<strong>aus</strong>wänden an, sondern verzierte in entsprechender Weise auch zahlreiche<br />

Tongefäße, sowohl flaschenartige Gefäße<br />

als auch kleine Töpfe und Krüge. Die Idee,<br />

durch die plastischen Brüste die Tongefäße<br />

letztlich zu weiblichen Körpern zu machen,<br />

hat eine bis in das 6. Jahrt<strong>aus</strong>end v.<br />

Chr. zurückreichende Tradition und war im<br />

4. Jahrt<strong>aus</strong>end nicht nur in Süddeutschland,<br />

sondern auch in der Schweiz und im<br />

Karpatenbecken weit verbreitet.<br />

26<br />

Abb. 8.<br />

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