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Archäologische Funde aus Deutschland - Deutsches ...

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R Ö M I S C H E Z E I T<br />

Ein hölzerner Prunkstuhl <strong>aus</strong> Fallward bei Wremen,<br />

Ldkr. Cuxhaven<br />

(Niedersachsen)<br />

Ein einzigartiges Fundstück stellt der 65 cm hohe, <strong>aus</strong> einem <strong>aus</strong>gehöhlten<br />

Stamm der Erle gefertigte, Sessel dar. Nur die eigentliche Sitzfläche, die vielleicht<br />

<strong>aus</strong> Stoff oder Leder bestand, ist verloren. Die Rückenlehne ist in mehrere<br />

Felder gegliedert, die mit Kerbschnittornamentik verziert sind. Flechtbandmuster<br />

und Mäander dominieren. Auf der Vorderseite des Stuhls sind ineinander<br />

gestellte Winkelornamente vorherrschend. Die Verzierung des Prunksessels<br />

spiegelt den Einfluss des charakteristischen Kerbschnittdekors römischer Metallarbeiten.<br />

Zum Prunksessel gehört ein ebenfalls reich verzierter Fußschemel<br />

mit der bezeichnenden Runeninschrift „skamella“ (Schemel).<br />

Solche Sitzmöbel sind in Skandinavien auch im Mittelalter und der frühen<br />

Neuzeit verwendet worden. Sie waren der Sitz des H<strong>aus</strong>herrn, während die<br />

übrigen H<strong>aus</strong>bewohner auf bescheideneren Sitzgelegenheiten Platz nehmen<br />

mussten.<br />

Der Stuhl fand sich in einem Grab, das im ersten Viertel des 5. Jahrhunderts<br />

n. Chr. angelegt worden war. Als Sarg diente ein Einbaum <strong>aus</strong> Eichenholz. An<br />

weiteren Beigaben fanden sich ein Tisch <strong>aus</strong> Feldahorn, eine Schale <strong>aus</strong> Bergahorn<br />

und ein vogelförmiges Gefäß <strong>aus</strong> Erlenholz. Die <strong>Funde</strong> zeigen, in welch<br />

großem Umfang hölzerne Möbel, Gefäße, Geräte und vieles mehr einmal existiert<br />

haben und nur in Einzelfällen durch besonders glückliche Umstände der<br />

Erhaltung archäologisch überliefert sind.<br />

Die metallenen Beschlagteile eines römischen Militärgürtels mit charakteristischem<br />

Kerbschnittdekor (Abb. 26) weisen den Toten als römischen Offizier <strong>aus</strong>.<br />

Seit dem 3. Jahrhundert n. Chr. konnten Germanen in der römischen Armee<br />

Karriere machen. Im 5. Jahrnundert n. Chr. stiegen einzelne von ihnen sogar<br />

in höchste Staatsämter auf. Der Vandale Stilicho beispielsweise wurde sogar<br />

Heeresmeister (magister militum) und heiratete in die Kaiserfamilie ein.<br />

Der Tote in Fallward war als Offizier in der römischen Armee vielleicht in Nordgallien<br />

stationiert. Er hatte durch seinen Militärdienst sein soziales Prestige gesteigert<br />

und nicht zuletzt durch die Soldzahlungen auch seine soziale Position<br />

ökonomisch gestärkt. Durch und durch mit der<br />

römischen Lebensweise vertraut, dürfte er und<br />

viele andere Offiziere germanischen Ursprungs<br />

zur Verbreitung von römischen Techniken und<br />

Wissensbeständen und damit zur „Romanisierung“<br />

selbst jener Landstriche beigetragen<br />

haben, die fernab des römischen Herrschafts-<br />

bereichs lagen.<br />

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Abb. 26.<br />

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