das Spielzeitheft als PDF-Dokument (ca. 8 MB - Niedersächsische ...
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»Da bin ich, bin gekommen.« Mit diesen Worten beginnt<br />
die letzte Tragödie des griechischen Dramatikers Euripides.<br />
Und der sich da so seltsam selbstbewusst ankündigt,<br />
ist ein Fremder, ein lydischer Eindringling. Ungefragt und<br />
überraschend verschafft er sich Eintritt in die festgefügte<br />
Ordnung der Stadt Theben. Sein Eindringen verursacht<br />
Aufruhr, Rausch und Gewalt. Die einen geraten in Ekstase,<br />
andere werden in Schrecken versetzt. Nur zu verständlich,<br />
<strong>das</strong>s Pentheus, der König von Theben, <strong>das</strong> Eindringen des<br />
Fremden nicht zulassen will, ja nicht einmal wahrhaben<br />
möchte. Doch der ist listig, er lässt sich nicht fassen. Es ist<br />
der Gott Dionysos, der maskierte Gott, der hier unter<br />
lächelnder Maske erscheint. Fremd ist er nur scheinbar:<br />
Gerade, weil er den Bewohnern der Stadt nur zu vertraut<br />
ist, gerade weil er, der eindringende Gott, nichts anderes<br />
ist, <strong>als</strong> ein Teil ihrer selbst, verbreitet er Faszination und<br />
Schrecken. Und weil Pentheus sich weigert, <strong>das</strong> anzuerkennen,<br />
gerät alles ins Wanken. Jede Ordnung, alles Festgefügte<br />
und Regelmäßige, löst sich auf, alle Identitäten<br />
verschwimmen, und der maskierte Gott erscheint in seiner<br />
grauenvollsten Form: <strong>als</strong> schreckenerregendes Spiegelbild<br />
des Eigenen. Doch weil Dionysos auch der Gott des Theaters<br />
ist, inszeniert er <strong>das</strong> tragische Scheitern des König<br />
Pentheus' <strong>als</strong> glanzvolles Schauspiel.<br />
euripides<br />
(480–406 v. chr.)<br />
gehört neben<br />
aischylos und<br />
sophokles zu den<br />
großen klassischentragödiendichtern<br />
der<br />
griechischen<br />
antike. er schrieb<br />
über 90 tragödien,<br />
von denen<br />
allerdings nur<br />
18 erhalten sind.<br />
für »die bakchen«,<br />
die kurz vor<br />
seinem tod 406 v.<br />
chr. entstanden,<br />
erhielt er 405 v.<br />
chr. posthum<br />
den 1. preis bei<br />
den athener<br />
tragödienwettbewerben.