Reichweite ist nicht alles - Internet World Business
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16 <strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS MARKETING & WERBUNG<br />
Nike hat es längst getan, Puma folgte<br />
etwas später und jetzt <strong>ist</strong> auch<br />
Adidas damit aus dem Schrank: Wie<br />
seine Wettbewerber investiert auch<br />
der weltweit zweitgrößte Sportartikelhersteller<br />
in Zukunft den<br />
Löwenanteil des Werbeetats ins<br />
<strong>Internet</strong> (vergleiche Seite 12 sowie<br />
Kommentar auf Seite 46).<br />
„Die klassischen Medien sind<br />
lange <strong>nicht</strong> mehr so wichtig wie<br />
früher“, erklärt Adidas-Vorstand<br />
Erich Stamminger den Shift in einem<br />
Interview mit dem „Handelsblatt“.<br />
Adidas will im Netz vor allem<br />
die Zielgruppe der 14- bis 19-Jährigen<br />
abfischen – und geht hierzu vor<br />
allem in soziale Netzwerke. Printanzeigen<br />
und TV-Spots werden<br />
zurückgefahren und nur noch begleitend<br />
gebucht.<br />
Die auf Lifestyle setzenden Sportartikler<br />
sind <strong>nicht</strong> die einzigen, die sich mit<br />
lautem Tamtam ins Netz begeben. Erst<br />
kürzlich hatte der Versicherungsriese Allianz<br />
angekündigt, sein Online-Budget zulasten<br />
von Print zu verzehnfachen. Und<br />
die lange Online-scheuen FMCGl-Unternehmen<br />
(Fast Moving Consumer Goods<br />
= schnelldrehende Konsumgüter) wie<br />
Procter & Gamble, Unilever, Nestlé oder<br />
auch Beiersdorf haben ihre Etats fürs Web<br />
ebenfalls kräftig aufgestockt.<br />
Doch wie hoch <strong>ist</strong> die richtige Dosierung<br />
von Online im Media-Mix? Dieser<br />
Frage ging im vergangenen Jahr die Studie<br />
„Online Visions 2010“, die der weltweit<br />
größte Werbungtreibende Procter & Gamble<br />
zusammen mit der Agentur Pilot und den<br />
führenden Vermarktern durchgeführt hat.<br />
In dem bis dato umfangreichsten Belastungstest<br />
für Online wurde untersucht, ob<br />
und in welchem Maße das Web als Werbeträger<br />
TV ersetzen kann. Auf dem Prüfstand<br />
standen weiter Werbemittelgestaltung,<br />
Nutzungssituation und Rezeptionsverhalten<br />
und last but not least der optimale<br />
Media-Mix von TV und Online.<br />
Die wichtigsten Ergebnisse: Beide Medien<br />
ergänzen sich ideal und wirken zusammen<br />
besser als jedes für sich allein. So sorgt TV<br />
für schnelle Bekanntheit und Aufmerksamkeit,<br />
Online führt zu einer intensiveren<br />
Auseinandersetzung mit der Marke.<br />
SERIE: MEDIAPLANUNG (TEIL 3)<br />
Der Mix macht’s<br />
Generell gilt: „Wie in jedem erfolgreichen<br />
Orchester muss Online seinen Part mit<br />
wahrnehmbarer Lautstärke spielen, um<br />
wahrgenommen zu werden und der Kampagne<br />
eine zusätzliche Wirkungs-Facette<br />
zu verleihen“, so Uli Kramer, Geschäftsführer<br />
Pilot und „Geburtshelfer“ der Studie.<br />
In Zahlen heißt das: Ab einem Budgetanteil<br />
von 15 Prozent entfaltet Online<br />
bei den getesteten Konsumgütern (Always<br />
Ultra und Blendamed) seine optimale<br />
Wirkung. Bei etablierten Marken wird die<br />
Gesamteffizienz der Kampagne bei einem<br />
Online-Anteil von 20 Prozent am stärksten<br />
gesteigert.<br />
Die richtige Dosis <strong>ist</strong> entscheidend<br />
Untersucht wurde auch die Kontaktfrequenz,<br />
also wie oft ein User im Idealfall<br />
mit einer Werbung konfrontiert wird. Die<br />
Problematik <strong>ist</strong> bekannt: Zu wenig wirkt<br />
<strong>nicht</strong>, zu viel nervt den User. Bereits ein bis<br />
zwei Werbekontakte pro Monat haben<br />
einen großen Effekt. Für die Wirksamkeit<br />
der Testkampagnen erwiesen sich vier bis<br />
sechs Kontakte als optimal. Die gestützte<br />
Werbeerinnerung stieg in dieser Kontaktklasse<br />
gegenüber der Nullmessung um 46,<br />
die ungestützte um 36 Prozent. Kramer:<br />
„Diese Dosierung kann durchaus als<br />
Faustregel für Branding-Kampagnen mit<br />
Standardwerbemitteln angesehen werden.“<br />
Zu einem ähnlichen Ergebnis kam<br />
die Studie „Web Effects Impact Benchmarker“.<br />
Hier wurde die Markenbekanntheit<br />
abgefragt und auch diese we<strong>ist</strong> die<br />
höchsten Steigerungsraten bei sechs bis<br />
sieben Kontakten auf (siehe Grafik).<br />
Obwohl all dies bekannt <strong>ist</strong>, wird nach<br />
wie vor für das <strong>Internet</strong> im Vergleich zu TV<br />
und Print zu wenig Kapital eingeplant. Das<br />
belegt auch eine aktuelle Studie des <strong>Internet</strong>-Portals<br />
Yahoo und der Marktforscher<br />
von Nielsen aus den USA. Crossmedia-<br />
Kampagnen aus den Schlüsselbranchen<br />
Automobil, FMCG, Handel und Kreditkarten<br />
wurden auf den Prüfstand gestellt.<br />
Untersucht wurden Print, Online und TV.<br />
Ernüchterndes Fazit: In traditionelle<br />
Medien wird viel zu viel, in online dagegen<br />
noch immer zu wenig investiert. Wenn das<br />
Budget von überdimensionierten Medien<br />
in unterrepräsentierte umgeschichtet<br />
wird, verbessern sich die drei wichtigsten<br />
Kennzahlen „<strong>Reichweite</strong>“, „Kontaktklassenoptimierung“<br />
und „Bruttoreichweite“<br />
deutlich, lauten weitere Erkenntnisse und<br />
Handlungsempfehlungen für das Daily<br />
<strong>Business</strong>. Budgetumschichtungen in mehr<br />
als einen unterrepräsentierten Medienkanal<br />
liefern dabei die besten Ergebnisse.<br />
Die Branchenergebnisse im Einzelnen:<br />
Auto: Selbst in der „Online-Paradebranche“<br />
fließen 76 Prozent der Werbe-Invests<br />
in TV, das 98 Prozent der Zielgruppe erreicht.<br />
Dagegen gehen nur 17 Prozent des<br />
Werbe-Etats an Printmedien, die in der<br />
Zielgruppe auf eine <strong>Reichweite</strong> von 86<br />
Prozent kommen. Noch krasser <strong>ist</strong> das<br />
Missverhältnis im Bereich Online: Zwar<br />
6. Dezember 2010 25/10<br />
Nicht mehr ob, sondern wie viel ins Online-Medium verlagert wird, <strong>ist</strong> die entscheidende Frage für Media-Planer.<br />
Der Anteil des <strong>Internet</strong>s am Media-Mix hängt zwar von vielen Faktoren ab, Faustregeln gibt es aber schon<br />
Das hat Wirkung: Die Branding-Offensive der<br />
Unternehmen <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> mehr zu übersehen<br />
Mehrere Kontakte: Damit<br />
Online-Werbung ihre volle Wirkung entfaltet,<br />
müssen Nutzer die Anzeigen öfter als einmal sehen<br />
7 %<br />
8 %<br />
5 %<br />
10 %<br />
Foto: Yahoo<br />
Serie: Online-Mediaplanung<br />
Die fragmentierte Vermarkterlandschaft<br />
und die Vielzahl an Werbeformen und Werbemitteln<br />
machen die Planung von Online-<br />
Kampagnen zu einem komplizierten<br />
Geschäft. Unsere Serie erklärt, worauf es<br />
ankommt und wie sie funktioniert.<br />
❚ Folge 1: Who’s who – Übersicht<br />
Vermarkterlandschaft<br />
Ausgabe 23/2010<br />
❚ Folge 2: Basics: Planungs-Tools &<br />
Werbeformen<br />
Ausgabe 24/2010<br />
❚ Folge 3: Die optimale Verteilung<br />
des Mediabudgets<br />
Ausgabe 25/2010<br />
Alle drei Teile dieser Serie finden Sie online als<br />
PDF-Version unter www.internetworld.de/webcode<br />
WEBCODE 1023024<br />
lassen sich 76 Prozent der Zielgruppe<br />
online erreichen, der Anteil am Werbebudget<br />
jedoch liegt bei nur acht Prozent.<br />
Der effizienteste Media-Mix liegt laut der<br />
Studie bei 65 Prozent TV, 22 Prozent Print<br />
und 13 Prozent Online.<br />
Handel: Auch hier <strong>ist</strong> die Dominanz des<br />
Fernsehens am größten. 84 Prozent des<br />
Budgets nimmt TV ein, 13 Prozent gehen<br />
an Print und erst drei Prozent an Online.<br />
Dabei kommen auch Print und Online in<br />
der angepeilten Zielgruppe auf eine <strong>Reichweite</strong><br />
von jeweils über 80 Prozent. Empfohlener<br />
Mix hier: 67 Prozent TV, 21 Prozent<br />
Print und 12 Prozent Online.<br />
Kreditkarten: Obwohl Online in der<br />
Zielgruppe ebenso wie TV eine <strong>Reichweite</strong><br />
von über 90 Prozent erzielt, sieht die Budgetaufteilung<br />
so aus: 80 Prozent TV, 12<br />
Prozent Online, 8 Prozent Print. Empfehlung:<br />
48 Prozent TV, 24 Prozent Print, 28<br />
Prozent Online.<br />
FMCG: Hier <strong>ist</strong> der TV-Anteil mit 63<br />
Prozent am geringsten. Print macht 35 Prozent<br />
aus und das <strong>Internet</strong> zwei Prozent.<br />
Empfehlung: TV rauf auf 65 Prozent, 30<br />
Prozent Print, fünf Prozent Online. häb ❚<br />
Markenbekanntheit nach Kontakt: durchschnittliche Steigerungsrate<br />
Sechs bis sieben Werbeeinblendungen erzielen die beste Wirkung<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6-7 8-9 10-14 15<br />
Kontakt Kontakte Kontakte Kontakte Kontakte Kontakte Kontakte Kontakte Kontakte<br />
Nach einem Kontakt steigt die Bekanntheit durchschnittlich um sieben Prozent im Vergleich zum Ausgangswert,<br />
nach sieben Kontakten sogar um 22 Prozent<br />
Basis: n = 51.947 Befragte; Messung der Kontakte ab 2008;<br />
© INTERNET WORLD <strong>Business</strong> 25/10<br />
Quelle: Web Effects Impact Benchmarker<br />
6 %<br />
22 %<br />
12 %<br />
15 %<br />
13 %