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Reichweite ist nicht alles - Internet World Business

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24 <strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS<br />

Die Kenner staunen noch immer: Vor<br />

wenigen Wochen hat Amazon Buyvip.com<br />

gekauft. Der Shopping Club aus<br />

Spanien hat sechs Millionen Mitglieder in<br />

Europa und <strong>ist</strong> stark in den romanischen<br />

Ländern vertreten. Auf dem größten Markt<br />

in Europa, Deutschland, spielt er nur eine<br />

Nebenrolle. Er gilt als Kopie des erfolgreichen<br />

Originals Vente-privee.com aus<br />

Frankreich und <strong>ist</strong> bisher <strong>nicht</strong> über eigenständige<br />

Innovationen aufgefallen.„Buyvip<br />

war lange Zeit <strong>nicht</strong> mehr auf dem deutschen<br />

Markt präsent“, meint Jochen Krisch,<br />

Geschäftsführer der Münchner Handelsberatung<br />

Exciting Future.„Amazon hat durch<br />

die Übernahme einen Player aufgewertet,<br />

der schon unter ferner liefen rangierte.“<br />

Schnell gewachsener Erfolg<br />

Shopping Clubs oder Private Shopping<br />

gelten als Erfolgsmodell im E-Commerce.<br />

Die Unternehmen vertreiben Markenmode<br />

und -Accessoires und inzwischen auch andere<br />

Lifestyle-Produkte namhafter Hersteller.<br />

Verkauft wird nur an reg<strong>ist</strong>rierte Mitglieder<br />

und in kurzfr<strong>ist</strong>ig angesetzten Aktionen.<br />

Weltmarktführer Vente-privee.com<br />

setzt auf diese Art und Weise weltweit<br />

knapp 700 Millionen Euro im Jahr um.<br />

„Wir lösen die Schwierigkeiten von Herstellern,<br />

indem wir Restposten an einen geschlossenen<br />

Kundenkreis abgeben und so<br />

Marke und Image schützen“, erklärt Filip<br />

Dames, Geschäftsführer der Zalandolounge.de,<br />

einem noch jungem Konkurrenten,<br />

Vorteile des Geschäftsmodells.<br />

Bei Shopping Clubs gehen die Bestellungen<br />

im Sekundentakt ein. Ausgeliefert<br />

wird indes erst nach mehreren Wochen.<br />

Die Hersteller liefern je nach Bestellmenge –<br />

und das kann dauern. Während sie den rasant<br />

wachsenden Absatz von Produktionsüberschüssen<br />

schätzen oder die Möglich-<br />

keit, Preise und Waren auszutesten, lassen<br />

sich Kunden durch niedrige Preise und<br />

vom Glanz bekannter Namen locken. Lieferzeiten<br />

spielen angesichts der Labels eine<br />

untergeordnete Rolle, ebenso wie die Tatsache,<br />

dass me<strong>ist</strong> nur Restposten feilgeboten<br />

werden.<br />

Laut Marktforschung Fittkau & Maaß<br />

kennen drei Viertel der <strong>Internet</strong>-Nutzer<br />

heute Shopping Clubs, etwa jeder Dritte <strong>ist</strong><br />

sogar in mindestens einem Mitglied. Das<br />

Konzept hat sich sehr schnell durchgesetzt.<br />

Start-ups schafften beinahe aus dem Stand<br />

Umsätze in Millionenhöhe pro Jahr. Und<br />

Investoren stiegen daraufhin zuhauf ein.<br />

Die Kehrseite des schnellen Booms: Es <strong>ist</strong><br />

sehr eng geworden auf dem Club-Markt.<br />

In Deutschland wetteifern zurzeit mindestens<br />

ein Dutzend Clubs um die Gunst der<br />

E-COMMERCE 6. Dezember 2010 25/10<br />

SHOPPING CLUBS<br />

Markenware – heiß begehrt<br />

Shopping Clubs gelten als Trend im E-Commerce. Aber der Markt wird immer enger, der Konsolidierungsdruck wächst<br />

„Bei einem attraktiven<br />

Angebot sind Kunden bereit,<br />

zwei Wochen zu warten.“<br />

Oliver Bogatu<br />

Deutschlandchef Vente-privee.com<br />

Schnäppchenjäger. „Der Markt <strong>ist</strong> übervoll“,<br />

stellt Krisch fest. Das hat eine logische<br />

Folge zur Konsequenz: „Der Konkurrenzkampf<br />

unter den Shopping Clubs <strong>ist</strong><br />

enorm groß“, stellt Bernhard Steffens,<br />

Deutschlandchef von Buyvip.de, fest.<br />

Und <strong>nicht</strong> immer geht es fair zu. Mitglieder-<br />

oder Umsatzzahlen sind kaum zu<br />

verifizieren. Gegenüber den Marken müssen<br />

die Clubs mit <strong>Reichweite</strong> trumpfen.<br />

Dabei verbreiten sie Kennziffern, die einem<br />

Vergleich mit dem Wettbewerb <strong>nicht</strong><br />

standhalten. Die Mitgliederzahlen in der<br />

Tabelle rechts unten sind nur mit Vorsicht<br />

zu genießen. Mehr Orientierung bieten die<br />

Nutzerzahlen von Nielsen.<br />

Sie sagen aber <strong>nicht</strong>s über<br />

die Conversion Rate aus,<br />

also wie viele der Mitglieder<br />

und Nutzer kaufen.<br />

„Im letzten Jahr sind alle<br />

Clubs über die Mitgliederzahl<br />

gewachsen und haben<br />

die Zahl ihrer Verkaufsaktionen<br />

erhöht“, sagt Sven<br />

van den Bergh, einer der Geschäftsführer<br />

und Gründer von Limango.de. „Aber Private<br />

Shopping darf man <strong>nicht</strong> zur Resterampe<br />

entwickeln.“ Die Gefahr der Verramschung<br />

<strong>ist</strong> groß. Die Unternehmen<br />

stoßen an ihre Grenzen. Bei hundert und<br />

mehr Verkaufsaktionen im Monat verlieren<br />

die Kunden das Interesse oder fühlen<br />

sich bedrängt. Auch das Image des Exklusivverkaufs<br />

lässt sich mit Masse <strong>nicht</strong> aufrechterhalten<br />

– zumal inzwischen auch<br />

Produkte unbekannter Namen die Angebote<br />

der Clubs füllen, Markenware knapper<br />

und es bei der Auswahl der Clubs zu<br />

Verwechslungen kommen kann.<br />

„Der Warenzugang <strong>ist</strong> zentrales Thema<br />

und wird zunehmend zum Engpass im<br />

Private Shopping“, beobachtet van den<br />

Bergh. Bisher konnten die Clubs bei ihrer<br />

Beschaffung von der Wirtschaftskrise profitieren.<br />

Weil Verbraucher in den letzten<br />

Jahren lieber sparten, blieben Markenhersteller<br />

auf hohen Warenbeständen sitzen.<br />

Shopping Clubs boten einen innovativen<br />

Absatzkanal. Aber: „Die Hersteller gleichen<br />

die Produktion der Nachfrage an und<br />

produzieren weniger“, so Thomas Schultheiß,<br />

E-Commerce-Analyst bei DC Advisory<br />

Partners in Frankfurt, einer Beratung<br />

für Finanzierung und Übernahmen. „Für<br />

die Clubs wird es dadurch immer enger.“<br />

Markenware wird knapp<br />

Keiner gibt es für sich selbst zu, aber jeder<br />

unterstellt der Konkurrenz, dass sie häufiger<br />

Markenware zum Einkaufspreis zukauft.<br />

„Die Marken spielen die Clubs<br />

gegeneinander aus, das zwingt sie, reguläre<br />

Ware zuzukaufen“, beobachtet Krisch. So<br />

aber kann sich zum Unmut vieler Investoren<br />

der bisher so effiziente wie beliebte<br />

Restemarkt sicher <strong>nicht</strong> rechnen.<br />

Gut besucht: Shopping Clubs<br />

Mitglieder und Besucher der wichtigsten<br />

<strong>Internet</strong> Shopping Clubs im Oktober 2010<br />

Brands4friends.de 1<br />

Vente-privee.com 1<br />

Buyvip.com 1<br />

Limango.de<br />

Zalando-lounge.de<br />

Pauldirekt.de<br />

Mitglieder<br />

4 Mio.<br />

12 Mio.<br />

6 Mio.<br />

1,5 Mio<br />

k.A.<br />

1 Mio.<br />

Besucher 2<br />

1,4 Mio.<br />

819.000<br />

642.000<br />

1,2 Mio.<br />

3,36 Mio.<br />

497.000<br />

1 : Nur internationale Zahlen bekannt (bei allen anderen: Deutschland)<br />

2 : Unique Audience Oktober 2010 in Deutschland<br />

© INTERNET WORLD <strong>Business</strong> 25/10<br />

Quelle: Angaben Unternehmen / <strong>Reichweite</strong>: Nielsen<br />

Shopping<br />

Clubs: Inzwischenwetteifern<br />

zu viele<br />

um Markenware<br />

und<br />

Käufer<br />

Der Konsolidierungsdruck wächst. Die<br />

Übernahme von Amazon gab den Startschuss.<br />

Warum der US-Web-Händler ausgerechnet<br />

bei Buyvip.com zugriff – darüber<br />

wird heftig spekuliert. Sicher <strong>ist</strong>: Der<br />

Kauf bringt die Erwartungen einzelner<br />

Konkurrenten durcheinander. „Wenn<br />

Amazon in Buyvip investiert, wird es für<br />

die anderen Clubs schwer, Marktanteile zu<br />

verteidigen oder neue zu gewinnen“, stellt<br />

Schultheiß fest. Denkbar <strong>ist</strong>, dass Log<strong>ist</strong>ikspezial<strong>ist</strong><br />

Amazon das Club-Geschäft auch<br />

auf Lieferseite beschleunigt. Es gilt zudem<br />

als ausgemacht, dass hierzulande nur zwei,<br />

drei Clubs mit breitem Angebot überleben<br />

können.„Für Marken <strong>ist</strong> es extrem nervig,<br />

wenn sie auf jedem Markt mit mehreren<br />

Playern verhandeln müssen“, erklärt Buyvip.de-Mann<br />

Steffens. „Sie konzentrieren<br />

sich auf die großen, international agierenden<br />

Clubs.“ Mit ihnen lassen sich Verkaufsaktionen<br />

auch über Grenzen planen<br />

oder unterschiedliche Märkte austesten.<br />

Vor der Amazon-Übernahme galt<br />

es als sicher, dass in Deutschland<br />

Brands4friends.de – mit 80 Millionen<br />

Euro Umsatz 2009 Marktführer –<br />

Vente-privee.de und Limango.de<br />

gute Karten haben. Doch mit Amazon<br />

im Hintergrund werden Buyvip.de<br />

beste Chancen eingeräumt.<br />

Nicht zuletzt tauchte im März dieses<br />

Jahres mit Zalando-lounge.de<br />

(ein Ableger der Web-Boutique<br />

Zalando.de und von Rocket <strong>Internet</strong>,<br />

dem Inkubator der Samwer-<br />

Brüder) ein Konkurrent auf, der<br />

schnell Mitglieder warb. Von den<br />

Nutzerzahlen her betrachtet, hat er<br />

die Konkurrenz weit hinter sich<br />

gelassen. „Die Lounge <strong>ist</strong> auch ein<br />

Instrument für uns, um Kunden an<br />

Zalando zu binden“, sagt Geschäftsführer<br />

Filip Dames. „Die Marke

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