04.01.2013 Aufrufe

Reichweite ist nicht alles - Internet World Business

Reichweite ist nicht alles - Internet World Business

Reichweite ist nicht alles - Internet World Business

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

20 <strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS<br />

Die Frage „Wie finden Sie uns?“ an die<br />

Kunden steht im Mittelpunkt der<br />

Marketing-Strategie des Bremer Prizeotel.<br />

Diese basiert ausschließlich auf Aktivitäten<br />

in und mit Social Media. Den Gästen<br />

gefällt das offenbar, sie lassen sich <strong>nicht</strong><br />

lange bitten und halten Prizeotel jeden Tag<br />

gnadenlos den Spiegel vor. Uwe etwa findet<br />

die Käseauswahl am Frühstücksbuffet<br />

zu klein. Marian meint, Prizeotel könnte<br />

das Design noch etwas aufpeppen, aber<br />

der Service verdiene eine „10 plus“. Mehdi<br />

kritisiert, dass die Parkgebühren pro<br />

Nacht „echt teuer“ seien. Er würde für einen<br />

kostenlosen Parkplatz lieber auf die<br />

Web-Verbindung verzichten. Kritik wird<br />

offen formuliert und Marco Nussbaum,<br />

Geschäftsführer Prizeotel, findet das gut<br />

so. „Wir haben von Anfang an stark auf<br />

Online-Reputation gesetzt“, erklärt er.<br />

Über 1.300 Kundenbewertungen hat das<br />

im Februar 2009 eröffnete Budget-Design<br />

Hotel mittlerweile erhalten. Damit möglichst<br />

viele Kunden dem Hotel ihre Meinung<br />

sagen, gehen Nussbaum und seine<br />

Mitarbeiter aktiv auf die Kunden zu und<br />

fordern sie auf, ihr Urteil abzugeben. Sogar<br />

auf den T-Shirts der Mitarbeiter steht<br />

„Ihre Bewertung <strong>ist</strong> unsere Motivation“.<br />

„Wir messen, wie häufig und wie das Hotel<br />

bewertet wird. Jede Woche erstellt eine<br />

Mitarbeiterin einen Report über die Online-<br />

Bewertungen“, erläutert Nussbaum. Dazu<br />

werden alle Hotelbewertungsplattformen<br />

analysiert, die für Prizeotel wichtig sind.<br />

Prizeotel hat dafür sogar einen<br />

neuen Job geschaffen, den<br />

„Chief Online Reputation<br />

Management Officer“.<br />

Die Bewertungen wirken<br />

sich unmittelbar<br />

auf die Mitarbeiter<br />

aus: Bei Prizeotel gibt es<br />

ein Prämiensystem, das an die<br />

Zahl und die Qualität der Hotelbewertungen<br />

gekoppelt <strong>ist</strong>.<br />

Die Bewertungsplattformen<br />

ermöglichen es den Gästen, die<br />

Rolle einzunehmen, die früher<br />

Qualitätstester in Hotels hatten.<br />

Ein Blick auf Bewertungs-<br />

munity findet es klasse, dass die Anregungen<br />

aufgenommen werden“, so Nussbaum.<br />

Prizeotel reagiert direkt auf die Beurteilungen<br />

der Kunden in den Bewertungsportalen,<br />

wenn diese eine<br />

Replik ermöglichen. Bei<br />

manchen Plattformen <strong>ist</strong><br />

dies <strong>nicht</strong> vorgesehen. Dann<br />

kopiert Nussbaum schon<br />

mal die Kritik oder Screenshots<br />

davon in den „Prize-<br />

Blog“ auf der Hotel-Webseite<br />

und antwortet dort darauf.<br />

Die Interaktion mit den<br />

Kunden <strong>ist</strong> für Prizeotel<br />

auch deshalb wichtig, weil<br />

das Hotel kein großes Marketing-Budget<br />

für traditionelle<br />

Werbemaßnahmen<br />

hat.„Stationäre klassische Werbung <strong>ist</strong> uns<br />

ein Graus und stößt bitter auf. Wir ernähren<br />

uns ausschließlich von Online Marketing<br />

und da speziell von Social Media“,<br />

bringt Nussbaum im Prize-Blog die Werbestrategie<br />

seines Hauses auf den Punkt.<br />

Für Prizeotel sind die Aktivitäten im Netz<br />

billiger als das Buchen von Katalogeinträgen<br />

oder der Druck von Hausprospekten.<br />

6. Dezember 2010 25/10<br />

CASE STUDY: SOCIAL MEDIA MARKETING<br />

Keine Angst vor Kundenurteil<br />

Das Bremer Hotel Prizeotel verzichtet auf klassische Werbemaßnahmen und setzt ausschließlich auf Social Media<br />

Über Prizeotel<br />

Prizeotel in Bremen positioniert sich<br />

als unkonventionelles „Budget-Design<br />

Hotel“. Das Alleinstellungsmerkmal<br />

des Zwei-Sterne-Hotels: Design zu einem<br />

guten Preis-Le<strong>ist</strong>ungs-Verhältnis.<br />

Der Preis für ein Zimmer beginnt bei<br />

59 Euro pro Nacht. Das Hotel, das<br />

im Februar 2009 mit 127 Zimmern<br />

eröffnete, wurde von dem international<br />

renommierten Designer Karim<br />

Rashid als Gesamtkonzept entworfen.<br />

Die Zielgruppen, die das Hotel<br />

anspricht, sind kostenbewusste Geschäfts-<br />

und Städtereisende.<br />

Gründer und Initiatoren sind Marco Nussbaum<br />

und Matthias Zimmermann. Prizeotel<br />

beschäftigt zehn Mitarbeiter, darunter einen<br />

Mitarbeiter-T-Shirt:<br />

Bitte um Bewertung<br />

MARKETING & WERBUNG<br />

Blick in die Lobby des Bremer Prizeotel. Entworfen hat das Budget-Design Hotel Karim Rashid<br />

Sites wie Holidaycheck.de, Qype.com,<br />

Trivago.de und Tripadvisor.de oder Buchungsplattformen<br />

wie HRS und Expedia<br />

zeigt, dass Hotelkunden sehr gern anderen<br />

darüber berichten, was ihnen gut und was<br />

ihnen gar <strong>nicht</strong> gefallen hat.<br />

Vor Kritik oder schlechten Bewertungen<br />

hat Nussbaum keine Angst. Die Kunden<br />

hätten am Anfang beispielsweise kritisiert,<br />

dass es keinen Föhn und keinen Seifenspender<br />

auf den Zimmern gab oder dass das<br />

Hotel keinen Raum hatte, um Koffer tagsüber<br />

bis zur Abreise abzustellen.<br />

Nussbaum griff die Vorschläge<br />

auf, räumte ein Büro aus,<br />

um dort Platz für die Koffer<br />

zu schaffen und stellte<br />

Föhn und Seifenspender<br />

in den Zimmern<br />

bereit. Dann berichtete<br />

er darüber im Blog.So entstehen<br />

immer wieder Anlässe,<br />

um Neues über das Hotel mitzuteilen.<br />

Dass Prizeotel auf die<br />

Wünsche und Vorschläge der<br />

Gäste eingeht, schlägt sich<br />

wiederum in positiven Kundenbewertungen<br />

nieder. „Die Com-<br />

Prizeotel: Red-Dot-Award für Architektur, Interior Design<br />

„Chief Online Reputation Management Officer“,<br />

der sich um Online-Bewertungen kümmert.<br />

Das Marketing findet ausschließlich im<br />

<strong>Internet</strong> und über Social Media statt.<br />

Foto: Prizeotel<br />

Der Blog auf der Webseite des Hotels <strong>ist</strong><br />

nur eins von vielen Social-Media-Marketing-Instrumenten,<br />

mit denen das noch<br />

relativ junge 2-Sterne-Haus für sich wirbt.<br />

Im März 2008, also ein Jahr vor der Eröffnung,<br />

stellte Nussbaum ein Video auf Youtube,<br />

um die Entstehung des Hotels medial<br />

zu begleiten und um erste virale Werbeeffekte<br />

anzustoßen. Inzwischen hat das<br />

Hotel zusätzlich zum „Prize-Blog“ eine<br />

Facebook-Seite mit eigener Buchungsapplikation,<br />

einen Fotostream auf Flickr<br />

sowie einen B-to-B- und B-to-C-Twitter-<br />

Account (twitter.com/prizeotelbremen).<br />

Auch Youtube wird regelmäßig mit neuen<br />

Kurzvideos bestückt, die interessante<br />

Themen rund um das Hotelleben aufgreifen,<br />

beispielsweise die regelmäßige Reinigung<br />

der Matratzen oder die Ausbildung.<br />

Inzwischen sind über 20 Clips von Prizeotel<br />

auf der Video-Plattform, die Nussbaum<br />

auch in Apples iTunes stellt, wo sie<br />

als Video-Podcast abgerufen werden können.<br />

Im Social-Media-Newsroom der<br />

Hotel-Webseite laufen diese verschiedenen<br />

Kommunikationsfäden zusammen.<br />

Das Engagement in Social Media lohnt<br />

sich für Prizeotel:„Wir ,outperformen‘<br />

den Markt belegungstechnisch<br />

und liegen<br />

über dem Branchendurchschnitt.<br />

Für das Jahr 2010<br />

erwarten wir eine Belegung<br />

von circa 80 Prozent, wovon<br />

fast 70 Prozent des Aufkommens<br />

über elektronische<br />

Buchungskanäle generiert<br />

werden. Stärkster Bu-<br />

chungskanal <strong>ist</strong> dabei die eigene<br />

Homepage“, gibt Nussbaum<br />

Auskunft. Er plant,<br />

mit dem Prizeotel-Konzept<br />

zu expandieren und es in eine Großstadt<br />

wie Hamburg oder Berlin zu bringen.<br />

Lässt sich diese Art, mit Kunden zu<br />

interagieren auch auf andere Branchen<br />

übertragen? Davon <strong>ist</strong> Nussbaum überzeugt:<br />

„Grundsätzlich passt das für alle<br />

Branchen, die direkten Kundenkontakt<br />

haben. Es stärkt auch die Servicekultur der<br />

Mitarbeiter.“ is ❚<br />

Ortsbezogenes Marketing: Gratisfrühstück für den Bürgerme<strong>ist</strong>er<br />

Prizeotel nutzt unterschiedliche Social-Media-<br />

Plattformen, um für das Hotel zu werben. Da <strong>ist</strong><br />

es naheliegend, auch neueste<br />

Trends auszuprobieren, Stichwort<br />

Location Based Marketing.<br />

Damit die Gäste mitmachen,<br />

wird die Nutzung von Foursquare,<br />

Gowalla und Facebook<br />

mit einem Incentive honoriert:<br />

Wenn Kunden bei einem dieser<br />

drei Geo-Location-Dienste „einchecken“,<br />

erhalten sie pro Aufenthalt<br />

ein Freigetränk an der<br />

Hotelbar. Durch das Einchecken<br />

teilen sie ihren Freunden ihren<br />

Aufenthaltsort mit und werben<br />

gleichzeitig für Prizeotel.<br />

Marco Nussbaum, Gründer<br />

und Geschäftsführer Prizeotel<br />

Getränkecoupon für das<br />

Einchecken bei Foursquare<br />

So funktioniert’s: Die Gäste füllen den Getränkecoupon<br />

aus, den sie auf ihrem Zimmer finden,<br />

und zeigen ihn an der Bar. Abgefragt<br />

werden der Name der<br />

Plattform, auf der sie eingecheckt<br />

haben, der Name des<br />

Gastes, sein Login-Name und<br />

das Datum. Wird ein Gast „Bürgerme<strong>ist</strong>er“<br />

bei einem Dienst,<br />

weil er sich am häufigsten eincheckt,<br />

erhält er ein kostenloses<br />

Frühstück. Ein Großbildschirm<br />

über der Bar zeigt – ähnlich wie<br />

eine Twitterwall – an, wer sich<br />

gerade bei den ortsbezogenen<br />

Diensten unter Prizeotel eingecheckt<br />

hat.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!