Reisbericht - Johannes Gutenberg-Universität Mainz
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Studienreise Israel 2006<br />
tive. Mit der Hamas ist seit der Wahl in den Autonomiegebieten<br />
eine, nach Eigendefinition, religiös motivierte Terrororganisation<br />
nun in politischer Verantwortung – Entwicklung unklar.<br />
Die beiden politischen Akteure waren ursprünglich in ihrer Ausrichtung<br />
durchaus säkular, sowohl der 1948 gegründete Staat<br />
Israel mit dem Gedankengut der ost- und westeuropäischen Juden<br />
als mehrheitliche Gründerväter, als auch die PLO als Vertreter<br />
der palästinensischen Interessen. Natürlich ist der Begriff<br />
„säkular“ hier relativ zu betrachten, da auch unter anderem bereits<br />
bei der Staatsgründung Israels starke religiöse Symbolik verwendet<br />
wurde, z.B. bei der Staatsflagge, die an den Gebetsschal<br />
erinnert oder auch der Hymne. Die Verschiebung hin zu einem<br />
religiös geprägten Identitätskonflikt ist nirgendwo so stark spür-<br />
und fassbar wie in Jerusalem. Bereits bei unserer abendlichen<br />
Ankunft und unserem ersten Besuch der Altstadt innerhalb der<br />
Mauern Suleimann des Prächtigen war die Spannung förmlich zu<br />
greifen. Es war der Übergang des jüdischen Festes Schawuot<br />
zum Shabbat, und uns kamen bei unserem Weg, zuerst durch<br />
das christliche und anschließend das arabische Viertel, hin zur<br />
Klagemauer tausende orthodoxe Juden entgegen, die ihren Gottesdienst<br />
an der Mauer begangen hatten. Die trotz der Hitze traditionell<br />
gekleideten Juden beeilten sich, durch das arabische Viertel<br />
in Richtung des Jaffa Tors die Altstadt wieder zu verlassen,<br />
den Blick nach unten gerichtet. Eine Gruppe arabischer Kinder<br />
blockierte die schmale Straße jedoch mit zwei kleinen Absperrgittern,<br />
im Grunde mit der Intention eines Spiels oder Streichs. Doch<br />
während in einer beliebigen anderen Stadt die Männer wohl einfach<br />
die Blockade beseitigt und die Kinder zurechtgewiesen hätten,<br />
kann hier in Jerusalem aus solchen „Spielen“ schnell bitterer<br />
Ernst werden. Die orthodoxen Juden versuchten nahezu panisch<br />
dieser Situation zu entkommen – ohne ein Wort oder einen Blick<br />
an bzw. auf die Kinder zu richten. Die Berührungsangst war allgegenwärtig.<br />
Hier in Jerusalem liegt der religiöse Kern des Konflikts, der eine<br />
politische Lösung in weite Ferne rückt. Das so genannte „Camp<br />
David II“ im Jahre 2000 scheiterte – nicht ausschließlich – aber<br />
eben doch auch an der Jerusalem-Frage. Beide Regierungen be-<br />
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