Reisbericht - Johannes Gutenberg-Universität Mainz
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Studienreise Israel 2006<br />
hierbei sei allein die Perzeption, die Fakten schuf. Es wurde allgemein<br />
angenommen, dass die Palästinenser keinen Frieden wollten,<br />
„sondern nur die Vertreibung der Juden“. Die palästinensische<br />
Regierung habe alles getan, um diese Empfindungen zu<br />
unterstützen.<br />
Die Wahl Ariel Sharons zum Ministerpräsidenten ist, nach Primor,<br />
aufgrund dieser wahrgenommenen Prämisse allzu erklärlich.<br />
Schließlich habe sich Israel, in der Wahrnehmung seiner Bevölkerung,<br />
in einer Situation befunden, in der man sich verteidigen<br />
müsste. Sharon schien der geeignete Politiker zu sein, um diese<br />
Aufgabe zu erfüllen. Barak hingegen hatte falsche Hoffnungen<br />
geschürt und die Menschen enttäuscht. Das gemäßigte Lager<br />
wurde im Zuge dieser desillusionierten Stimmung mundtot gemacht<br />
– „wer von Frieden sprach, wurde nur belächelt“. Kein Politiker<br />
habe sich getraut vom Frieden zu sprechen.<br />
Schließlich ging Primor auf die Jahre der zweiten Intifada<br />
(September 2000 bis Februar 2005) ein. Diese haben bei den Israelis<br />
eine Atmosphäre der Unsicherheit geschaffen. Die Situation<br />
sei als alternativlos eingeschätzt worden, daher habe man der<br />
Regierung alle Mittel in die Hand gegeben, nach denen sie verlangte.<br />
Ökonomisch gesehen habe Israel während der Intifada die<br />
schlechtesten Jahre seit seinem Bestehen verzeichnet. Normalerweise<br />
konnte das Land in guten Jahren einen Zuwachs des Bruttosozialprodukts<br />
von sechs bis acht Prozent, in schlechten Jahren<br />
von drei Prozent aufweisen. Seit dem Ausbruch der Intifada jedoch<br />
schrumpfte diese Quote auf unter ein Prozent. Primor wies<br />
darauf hin, dass diese Zahl in einem Zuwanderungsland gleichbedeutend<br />
ist mit einem rasanten Anstieg der Arbeitslosigkeit. Alternativen<br />
in der Handlungsweise habe man weiterhin nicht gesehen.<br />
Man habe in den Palästinensern keinen vertrauenswürdigen<br />
Verhandlungspartner gesehen.<br />
Im Jahr 2003 setzte ein Wandel ein. Man habe zwar auf palästinensischer<br />
Seite immer noch keinen Partner finden können, aber<br />
im Bewusstsein der israelischen Bevölkerung setzte sich die Erkenntnis<br />
durch, dass „es so nicht weitergehen kann“. Im Januar<br />
2003 fanden in Israel Parlamentswahlen statt. Primor wies darauf<br />
hin, dass der neue Vorsitzende der Arbeitspartei schon damals<br />
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