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wande - Akzente Salzburg

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Wenn der Lehrling alles tut,<br />

außer lernen ...<br />

Die Firma Trilety in Hallein produziert seit über 40 Jahren Maschinen und Fahrzeuge für die Städtehygiene,<br />

vornehmlich für die Straßen- und Tunnelreinigung und bildet auch jedes Jahr Lehrlinge aus.<br />

Ein Gespräch mit dem Prokuristen des Unternehmens, Mag. Stephan Trilety, über Erfahrungen aus der<br />

täglichen Praxis, das Niveau von Lehrlingen und den abnehmenden Respekt gegenüber Ausbildnerinnen<br />

und Ausbildnern.<br />

ULTIMO: Wie viele Lehrlinge bilden Sie<br />

derzeit in Ihrem Unternehmen aus?<br />

Stephan Trilety: Aktuell absolvieren bei<br />

uns fünf Burschen und ein Mädchen eine<br />

Lehre, alle im Bereich Metalltechnik – Fahrzeugbautechnik.<br />

Eigentlich wollte ich im<br />

Frühling einen Mechatroniker aufnehmen,<br />

das versuche ich im Herbst wieder und<br />

wir nehmen dieses Jahr erstmals keinen<br />

Metalltechniker auf. Der Grund ist, dass wir<br />

keine vernünftigen Bewerbungen erhalten<br />

haben.<br />

ULTIMO: Über welche Kanäle fi nden Sie<br />

Ihre Lehrlinge und wie entwickeln sich<br />

diese bei Ihnen im Betrieb?<br />

Stephan Trilety: Wir schreiben unsere<br />

off enen Lehrstellen über das AMS aus und<br />

erhalten darüber hinaus auch direkt Initiativbewerbungen<br />

und Anfragen. Ich bin<br />

jetzt seit fünf Jahren in der Firma und merke,<br />

salopp gesagt, dass das Niveau jedes<br />

Jahr hinuntergeht. Die Jugendlichen, die<br />

bei uns anfangen, haben oft massive Probleme<br />

in den Berufsschulfächern Deutsch<br />

und Mathematik. Ich telefoniere dann mit<br />

dem Klassenvorstand und erfahre, dass<br />

der Lehrling in den acht bis neun Wochen<br />

Schulzeit alles andere tut, nur nicht lernen.<br />

ULTIMO: Wie sind die Bewerbungen, die<br />

Sie von den Jugendlichen erhalten?<br />

Stephan Trilety: Die Rechtschreibung<br />

in den Bewerbungen ist zum Teil wirklich<br />

abenteuerlich und ich denke da schon<br />

weiter: Wenn die Bewerbung schon nicht<br />

klappt, wie wird dann das Verhalten, die<br />

Aufmerksamkeit in der Lehre sein? Und<br />

natürlich wirken da auch Schulnoten hinein,<br />

die geben schon einen Kompass vor.<br />

So eine wirkliche Auswahl an Lehrlingen<br />

habe ich derzeit einfach nicht und darüber<br />

mache ich mir Gedanken. Unser Betrieb<br />

schaut sehr auf die Lehrlinge und bei<br />

Leistungen für ein gutes Zeugnis erhalten<br />

sie Geld, für einen guten Lehrabschluss<br />

sogenannte ‚Keltentaler’.<br />

„Die negative Einstellung<br />

zum Lernen und<br />

auch zum Beruf schlägt<br />

sich auch auf die Einstellung<br />

in der Firma<br />

nieder, da gibt es dann<br />

in mehreren Bereichen<br />

Schwierigkeiten.“<br />

ULTIMO: Wie beurteilen Sie die Einstellung<br />

der Jugendlichen zu Schule, Ausbildung<br />

und Beruf?<br />

Stephan Trilety: Früher hat man<br />

Probleme mit Lehrlingen in den Griff<br />

bekommen, heutzutage merke ich,<br />

dass die positive Einstellung zur Arbeit<br />

rapide abnimmt ... und gleichzeitig<br />

sinken auch die schulischen<br />

Leistungen, sehr oft sind auch die<br />

sprachlichen Fähigkeiten nicht<br />

ausreichend für eine Lehre.<br />

Text + Foto: Marietta Oberrauch<br />

ULTIMO: Woher, glauben Sie, kommt<br />

diese Entwicklung?<br />

Stephan Trilety: Vielleicht hängt das mit<br />

einer zunehmenden Perspektivenlosigkeit<br />

zusammen. Wenn ich das ‚Heute’ mit der<br />

Generation meiner Eltern vergleiche, da<br />

waren die Arbeits- oder auch die Lebenswege<br />

vorgezeichnet – das hat sich heute<br />

massiv geändert. Bei Jugendlichen, habe<br />

ich das Gefühl, entsteht oft so ein Gefühl<br />

der ‚Wurschtigkeit’, ein Ohnmachtsgefühl.<br />

Sie sehen, dass sie es mit ihrer Ausbildung<br />

nur bis zu einem gewissen Punkt bringen<br />

und dann, so sehr sie sich auch bemühen,<br />

nicht mehr weiterkommen. Wenn du<br />

keinen hast, der es ‚für dich richtet’ oder<br />

wenn du nicht jemanden kennst, der<br />

wiederum jemanden kennt, bist du bald<br />

am Plafond angekommen – und diese<br />

Beispiele kennen viele Jugendliche und<br />

das entmutigt sie.<br />

Ein ausgelernter Lehrling verdient bei<br />

mir zum Beispiel sogar etwas mehr als<br />

den Kollektivlohn und dafür kann er sich<br />

in einer normalen Lage keine Wohnung<br />

leisten, wie soll er da einmal daran denken,<br />

eine Familie zu gründen? Und diese Unsicherheit,<br />

dieses Gefühl ‚ich stehe an’ trägt<br />

sicher dazu bei, dass es an Motivation und<br />

Willen in der Lehre fehlt.

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