wande - Akzente Salzburg
wande - Akzente Salzburg
wande - Akzente Salzburg
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Stefan Oblasser: Wie sieht die Situation<br />
konkret in <strong>Salzburg</strong> aus? Auf der einen Seite<br />
gibt es Betriebe, die suchen und finden<br />
keinen Lehrling – gerade im Tourismusbereich.<br />
Andererseits gibt es auch Jugendliche,<br />
die keine Lehrstelle finden. Wie ist das<br />
möglich?<br />
Siegfried Pichler: Von Jugendarbeitslosigkeit<br />
sind in erster Linie jene bedroht,<br />
die keinen Ausbildungsplatz haben – die<br />
bildungsfern sind, keinen Schulabschluss<br />
haben. Weil gerade auch dann die Weiterbildung<br />
entsprechend schwierig ist.<br />
Wir müssen zusehen, dass Jugendliche<br />
zu einem Schulabschluss kommen. Dann<br />
kommt natürlich ein großer Teil von<br />
jugendlichen Migranten und Migrantinnen<br />
dazu, die vor allen Dingen mit Sprachbarrieren<br />
zu kämpfen haben – das ist mit<br />
Bildung auszugleichen. Natürlich: Bildung<br />
kostet, keine Frage. Da fragen natürlich<br />
viele: wer soll das zahlen?<br />
Warum einzelne Branchen Nachwuchsprobleme<br />
und Ausbildungsprobleme haben,<br />
liegt – ich weiß, der Herr Präsident Schmalz<br />
wird es mit Sicherheit anders sehen – aber<br />
das liegt sicher auch an den Arbeitsbedingungen.<br />
Heißt nicht, dass diese grundsätzlich<br />
schlecht sind, aber die Arbeitssituation<br />
ist heute belastender. Wenn man sich die<br />
Aussteigerquote ansieht: von jenen, die<br />
lernen anfangen und gar nicht fertigmachen<br />
oder auch jene, die eine Ausbildung<br />
in einer Branche machen und nach ein<br />
paar Jahren umsteigen, das nimmt zu.<br />
Stefan Oblasser: Kann man sagen: Die<br />
Jugendlichen heute halten nichts mehr<br />
aus, oder sind die Arbeitsbedingungen im<br />
Generellen schlechter geworden?<br />
Siegfried Pichler: Ohne Vorbehalt dem<br />
Tourismus gegenüber: meine beiden<br />
Kinder haben im Tourismusbereich gelernt<br />
– aber die Jugendlichen kommen aus der<br />
Schule, mit Matura und Auszeichnung,<br />
haben ein Kolleg mit Auszeichnung abgeschlossen,<br />
gehen in die Rezeption und<br />
verdienen dann 1.000 netto – mit Sonn-<br />
und Feiertagsarbeit und Nachtdienst. Da<br />
muss man sich natürlich fragen: ist das<br />
angepasst?<br />
Gerade die Arbeitszeiten und -bedingungen<br />
im Tourismus sind belastend. Wenn<br />
man dann an Familiengründung denkt, ist<br />
das sicher schwierig in der Branche – hinzu<br />
kommt die Bezahlung, die gerade im Tourismus<br />
eher schlecht ist. Und arbeitsrecht-<br />
liche Übertretungen sind auf der anderen<br />
Seite relativ hoch – ohne pauschalieren zu<br />
wollen – es gibt gute Betriebe, die werden<br />
natürlich weniger Probleme haben, Personal<br />
zu finden.<br />
Stefan Oblasser: Wo kann man Ihrer Meinung<br />
nach ansetzen um den Tourismus als<br />
Arbeitsfeld attraktiver zu machen – gerade<br />
in <strong>Salzburg</strong> trägt der Tourismus doch<br />
entscheidend zur Wirtschaft bei.<br />
Siegfried Pichler: Die Chance liegt in<br />
attraktiveren Arbeitsmodellen – mit<br />
zusammenhängenden Freizeiten natürlich.<br />
Eine 5-Tage Woche, etwas anders verteilt<br />
– also die Betriebe, die das haben, haben<br />
keine Probleme. Wer flexible, attraktive<br />
Arbeitszeiten bietet und die Leute besser<br />
bezahlt, bleibt auch für die Arbeitnehmer<br />
attraktiv.<br />
Stefan Oblasser: Um zum Nachwuchsproblem<br />
zurückzukehren: Der Präsident<br />
der Arbeiterkammer sagt „Der Präsident<br />
der Wirtschaftskammer wird es anders<br />
sehen“ – wie sehen Sie es?<br />
Julius Schmalz: Hier muss ich dann doch<br />
auf die Statistik zu sprechen kommen:<br />
4,8 % Arbeitslosigkeit – 3 % Jugendarbeitslosigkeit.<br />
Fakt ist, wir haben in <strong>Salzburg</strong><br />
einen Lehrstellenüberhang. Das heißt: ein<br />
junger Mensch kann sich die Lehrstelle<br />
aussuchen. Ich gebe dem AK- Präsidenten<br />
ganz recht, vereinzelt gibt es schwarze<br />
Schafe. Wenn es gravierende Probleme<br />
gibt, dann entziehen wir die Lehrberechtigung<br />
– keine Frage.<br />
„Der Mensch muss in<br />
erster Linie arbeitswillig<br />
sein und er muss lernwillig<br />
sein – das ist die<br />
Voraussetzung, dass er<br />
in den Arbeitsprozess<br />
hineinkommt.“<br />
Natürlich, es gibt Menschen mit sozialen<br />
Problemen – die sind auch am Markt. Und<br />
da braucht man besondere Programme<br />
um zu helfen.<br />
Wir haben auch Jugendprogramme speziell<br />
für Migranten und Migrantinnen, um<br />
diese in den Arbeitsprozess reinzubringen.<br />
Ein Problem haben wir im Bereich der 8.<br />
und 9. Schulstufe – hier verschwinden<br />
junge Leute plötzlich aus der Statistik.<br />
Julius Schmalz<br />
Stefan Oblasser: Wohin verschwinden<br />
diese jungen Leute?<br />
Julius Schmalz: Die sind dann oft als<br />
Hilfsarbeiter tätig. Es gibt Arbeitslose, die<br />
wollen halt einfach nicht arbeiten, das<br />
gibt’s auch – das ist ein kleiner Prozentsatz.<br />
Alles andere ist in <strong>Salzburg</strong> meiner<br />
Meinung nach mit Programmen und<br />
Förderungen bestens abgedeckt. Im<br />
Gegenteil, wir versuchen die Arbeitswelt<br />
bestmöglich darzustellen. Der Nachwuchs<br />
wird weniger, das zeigt die Statistik ganz<br />
klar und das hängt mitunter auch an der<br />
demografischen Entwicklung in <strong>Salzburg</strong>:<br />
die Geburtenraten sinken.<br />
Stefan Oblasser: Wo sehen Sie Potential<br />
– wo muss man ansetzen? Niedrige<br />
Geburtenraten auf der einen Seite – Facharbeitermangel<br />
auf der anderen ...<br />
Julius Schmalz: Was es unbedingt<br />
braucht, ist eine bessere Berufsinformation<br />
ab der 7. und 8. Schulstufe. Von neutralen<br />
Personen, die Praxis haben, die sich auskennen<br />
– aber auch von Jugendlichen, die<br />
schon in der Lehre sind.<br />
Chancen sehe ich in einer Potenzialanalyse<br />
um zu schauen: wofür ist gerade<br />
dieser Jugendliche besonders geeignet?<br />
Die Neigung ist extrem wichtig für ein<br />
glückliches Berufsleben – wesentlicher<br />
Faktor sind aber auch die Eltern für die<br />
Berufsentscheidung.<br />
„Nicht den Staat akademisieren<br />
– wir brauchen<br />
Facharbeiter, die die Wirtschaft<br />
weiterbringen.“<br />
15