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wande - Akzente Salzburg

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ULTIMO: Haben Sie da schon konkrete<br />

Erfahrungen mit Ihren Lehrlingen<br />

gemacht?<br />

Stephan Trilety: Ja, ein Lehrling hat im<br />

Mai angefangen und er ist von einem<br />

Tag auf den anderen einfach nicht mehr<br />

gekommen. Keine Reaktion der Eltern,<br />

auch nicht von ihm selbst. Ich habe gar<br />

nichts gehört – schließlich habe ich bei<br />

ihm zu Hause vorbeigeschaut und da hat<br />

dann die Großmutter gesagt: ‚Er mag nicht<br />

mehr kommen.‘ Und jetzt weiß ich nicht,<br />

woran es liegt; an der Erziehung? An der<br />

nicht vermittelten Grundhaltung auch<br />

einmal etwas durchzuziehen? Ich sehe nur<br />

ein sukzessives Abnehmen der Vorqualifi -<br />

kation und der Leistungsbereitschaft und<br />

eine Zunahme des diff usen Gefühls ‚ich<br />

reiße mir hier keinen Haxen aus’.<br />

ULTIMO: Mangelt es hier an einer Kommunikation<br />

zwischen Ausbildnerinnen<br />

und Ausbildnern, Jugendlichen und<br />

Eltern? Oder woran liegt diese Unverbindlichkeit<br />

in so einer Situation?<br />

„Es gibt da eine Leiter,<br />

und eigentlich wollen wir<br />

alle hinauf, was wir nicht<br />

kapieren ist, dass wir<br />

selber klettern müssen!“<br />

So beschrieb mir ein Jugendlicher mit<br />

migrantischem Hintergrund seine Situation.<br />

Ausgehend von diesem Bild wird klar,<br />

dass der Zugang zu Arbeit und Beruf mit<br />

einer Persönlichkeitsentwicklung einherzugehen<br />

hat.<br />

Sehr oft befi nden sich diese Jugendlichen<br />

zum Zeitpunkt ihrer Berufswahl<br />

durch schlechte Noten, mangelhafte<br />

Sprachkenntnisse und sonstige negative<br />

Erfahrungen in einem emotionalen Tief,<br />

sodass Berufsinformation alleine nicht<br />

greifen kann.<br />

Gerade Jugendliche mit Migrationshintergrund,<br />

aber nicht nur die, brauchen<br />

Ermutigung, Vertrauen und positive<br />

Bestätigung um die eigenen Fähigkeiten<br />

Stephan Trilety: Ich merke, dass der<br />

Respekt abnimmt: Vom Jugendlichen<br />

gegenüber dem Ausbildner, der Firma<br />

oder dem ausbildenden Meister.<br />

„Da musst du oft aufpassen,<br />

dass dir ein Junger<br />

keine Gosch’n anhängt.<br />

Du verlierst als Ausbildner<br />

deine Respektsposition,<br />

die du haben musst.“<br />

Es ist natürlich auch ein Versäumnis der<br />

Eltern, der Lehrer – hier kommen einfach<br />

viele mit den Jungen nicht mehr zurecht<br />

und in der Arbeitswelt, wo dann der<br />

Jugendliche auf sich alleine gestellt ist,<br />

kommen einfach diese ganzen Defi zite<br />

raus. Ich setze nicht weiß Gott was<br />

voraus, aber ein Mindestmaß an Disziplin<br />

gegenüber Eltern oder Vorgesetzten muss<br />

sein. Natürlich gibt es auch sehr positive<br />

Beispiele an jungen Menschen, aber die<br />

nehmen einfach ab.<br />

entdecken und formulieren zu können.<br />

Diese Zielformulierung muss so stark sein,<br />

dass sie bereit sind „die Leiter anzulegen“<br />

und eigenverantwortlich zu klettern.<br />

Mittlerweile gibt es nahezu eine Infl ation<br />

an Projekten und Angeboten für Jugendliche<br />

mit Migrationshintergrund – die<br />

meisten pädagogisch wertvoll und wissenschaftlich<br />

begründet – und doch fühlen<br />

sich die Jugendlichen oft emotional nicht<br />

angenommen.<br />

Wichtig erscheint mir, nicht ständig Neues<br />

zu erfi nden sondern Bestehendes im Sinne<br />

der Jugendlichen, und nicht nur derer mit<br />

Migrationhintergrund nachzujustieren und<br />

besser zu vernetzen.<br />

Es gibt nicht „die Lösung“, kein einfaches<br />

Rezept wie Jugendliche eigenverantwortlich<br />

und selbstbestimmt ihren Weg fi nden,<br />

es sind individuelle Wege auf denen wir<br />

sie begleiten und an ihnen dranbleiben<br />

sollten – unabhängig ob aus menschlicher,<br />

gesellschaftspolitischer oder wirtschaftlicher<br />

Sicht.<br />

ULTIMO: Wie beurteilen Sie den<br />

derzeit oft in den Medien zitierten<br />

Facharbeitermangel?<br />

Stephan Trilety: Ich hoff e nur, dass wir<br />

in Europa gegenüber Schwellenländern<br />

oder Indien und China nicht ins Hintertreff<br />

en geraten und überholt werden. Wir<br />

in Österreich können nur mit Know-how<br />

punkten, aber gerade das verspielen wir<br />

gerade – auch mit unserer Schulpolitik.<br />

Wir verlieren mit schlecht ausgebildeten<br />

Jugendlichen an Boden und könnten<br />

international irgendwann den Anschluss<br />

verlieren. Wenn ich keinen Nachwuchs an<br />

guten Inländerinnen und Inländern habe,<br />

dann brauche ich Zuzug von außen – das<br />

löst vielleicht das Symptom, triff t das<br />

Problem aber nicht an der Wurzel. Das ist<br />

dann ein Pfl aster, aber keine Medizin. Wir<br />

müssen selber fähig sein, guten Nachwuchs<br />

für unsere Gesellschaft und unsere<br />

Wirtschaft zu produzieren.<br />

Wie fi nden Jugendliche mit migrantischem Hintergrund<br />

Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt?<br />

Dipl.Ing. Eva Maria<br />

Habersatter-Lindner<br />

Arbeitet selbständig als Baumeisterin<br />

und Architektin in Hallein, ist Bezirksstellenobfrau<br />

der Wirtschaftskammer<br />

<strong>Salzburg</strong> im Tennengau und ehrenamtliche<br />

Obfrau des Vereins „Jugend<br />

in Hallein“, der das Jugendzentrum<br />

ZONE11 in Hallein betreibt.<br />

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