Festschrift 100 Jahre Albwerk - Alb-Elektrizitaetswerk Geislingen ...
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Rahmenbedingungen der Unternehmensgründung<br />
WMFWerk <strong>Geislingen</strong> um 1925<br />
Gas- oder Strombeleuchtung<br />
in <strong>Geislingen</strong><br />
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war<br />
die Elektrizitätsversorgung im Geislinger<br />
Raum wenig attraktiv und kaum<br />
entwickelt. Man verglich sich mit<br />
Nachbarregionen und erkannte bald<br />
die unzureichende Beleuchtungssituation<br />
durch Petroleumleuchten und die<br />
Notwendigkeit einer verbesserten<br />
Beleuchtungssituation. Für die Stadt<br />
<strong>Geislingen</strong> ergab sich jedoch, durch<br />
eine im Jahr 1889 erbaute Steinkohlegasfabrik,<br />
eine ganz besondere Situation.<br />
Zunächst war man sich noch<br />
darüber im Unklaren, ob eine Gasbeleuchtung<br />
der Straßen auf Kosten der<br />
Stadt gerade bei der Größe <strong>Geislingen</strong>s<br />
sinnvoll und nicht zu kostspielig<br />
wäre. Um die notwendige Sorgfaltspflicht<br />
zu wahren, erkundigte man<br />
sich nach entsprechenden Regelungen<br />
in anderen Städten und holte von der<br />
Königlichen Zentralstelle für Handel<br />
und Gewerbe ein Gutachten ein.<br />
Darin wurde ausgeführt, „daß es<br />
keineswegs ratsam seye, ohne weiteres<br />
elektrische Beleuchtung in einer<br />
kleinen Stadt einzuführen, weil die<br />
Sicherheit des Betriebes noch keineswegs<br />
unbedingt zweifellos seye und<br />
weil die Erträgnisse des Betriebes<br />
nach allgemeinen Erfahrungen meistens<br />
eine Unterbilanz zeigen, auch der<br />
Gebrauch eines elektrischen Stroms<br />
für den Privaten teuer und die<br />
Behandlung der Apparate diffizile<br />
seye, während die Gasbeleuchtung<br />
ebenfalls ihre Fortschritte gemacht<br />
habe, billig zu stehen komme und<br />
deren Ertragsfähigkeit außer allem<br />
Zweifel stehe.“ Außerdem besichtigte<br />
eine Kommission des Geislinger<br />
Gemeinderates ein Elektrizitätswerk<br />
im Münchner Stadtteil Schwabing und<br />
informierte sich vor Ort.<br />
Dies bestärkte die Stadt <strong>Geislingen</strong> in<br />
ihrer Entscheidung, Gasbeleuchtung<br />
anstelle von Strombeleuchtung einzuführen.<br />
Damit stellte man zu Beginn<br />
des 20. Jahrhunderts in <strong>Geislingen</strong> die<br />
Weichen gegen die Errichtung eines<br />
Kommunalen Elektrizitätswerkes.<br />
Aus heutiger Sicht ist es durchaus<br />
verständlich, dass man in der damaligen<br />
Situation die Bedeutung von<br />
Elektrizität als eine die Welt verändernde<br />
Basisinnovation noch nicht<br />
richtig einschätzen konnte.<br />
Punktuelle Einführung der Elektrizität<br />
durch Private<br />
Allerdings produzierte und verwendete<br />
man auch in <strong>Geislingen</strong> elektrischen<br />
Strom. Die Württembergische<br />
Metallwarenfabrik AG hatte bereits<br />
am Ende des 19. Jahrhunderts als<br />
erster Betrieb ein eigenständiges<br />
Elektrizitätswerk in der Rorgensteig<br />
mit einer Stromübertragung in die<br />
„Untere Fabrik“, dem heutigen Werksgelände<br />
der WMF. Diese erfolgreiche<br />
elektrische Kraftübertragung von der<br />
Rorgensteig auf die „Laufen“, weckte<br />
damals durchaus Aufmerksamkeit<br />
und gehörte in der Region zu den<br />
entscheidenden Innovationen bei der<br />
Nutzung von Elektrizität. Unter der<br />
Leitung von WMFDirektor Kommerzienrat<br />
C. Haegele betrieb neben der<br />
WMF auch das Portland Zementwerk<br />
an der Ecke Längental und Eybacher<br />
Tal seine Anlagen für die Zementherstellung<br />
mit Strom. So wurden<br />
beispielsweise eine elektrische Lichtleitung<br />
vom Tal bis zum 150 Meter<br />
höher gelegenen Kalk steinbruch in<br />
den Anwandfelsen und auch eine<br />
Drahtseilbahn elektrisch betrieben.<br />
KaiserWilhelmStraße <strong>Geislingen</strong> um 1900<br />
Außerdem wurde der Geislinger<br />
Firma Gebrüder Hess, Rothgerberei,<br />
bereits 1899 die Erstellung einer elektrischen<br />
Lichtanlage in Verbindung mit<br />
einer neuen Dampfkesselanlage in<br />
der Gartenstraße 2 genehmigt und<br />
die gegenüberliegende Praxis von<br />
Dr. med. Zwißler konnte mit elektrischem<br />
Licht beleuchtet werden.<br />
Damit schuf die WMF nicht nur eine<br />
Beleuchtung der Werksanlagen,<br />
sondern ab 1892 auch eine externe<br />
Straßenbeleuchtung für die Kaiser<br />
WilhelmStraße, den Ölweg und die<br />
Fabrikstraße. So waren – abgehängt<br />
von der übrigen Beleuchtungssituation<br />
der Geislinger Straßen – die<br />
Straßen rund um das WMF Betriebsgelände<br />
bereits zu Beginn des<br />
20. Jahrhunderts als Arbeitswege<br />
für die Beschäftigten außergewöhnlich<br />
erhellt.<br />
16 Rahmenbedingungen der Unternehmensgründung 17