08.01.2013 Aufrufe

Festschrift 100 Jahre Albwerk - Alb-Elektrizitaetswerk Geislingen ...

Festschrift 100 Jahre Albwerk - Alb-Elektrizitaetswerk Geislingen ...

Festschrift 100 Jahre Albwerk - Alb-Elektrizitaetswerk Geislingen ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Preßmarsche Mühle Altenstadt<br />

Anfänge der Elektrizitätswirtschaft<br />

Bereits vor der Gründung des<br />

<strong><strong>Alb</strong>werk</strong>s im <strong>Jahre</strong> 1910 wurde der<br />

Geislinger Raum in kleinerem Umfang<br />

mit Elektrizität versorgt. 1898 hatte<br />

Matthias Preßmar in seiner Mühle in<br />

Altenstadt eine bescheidene Stromproduktion<br />

begonnen. Zu Beginn des<br />

20. Jahrhunderts bezogen Haushalte,<br />

Betriebe und Kommunen in Baden­<br />

Württemberg häufig ihren Strom bei<br />

Mühlenbetrieben. Technisch waren<br />

die Mühlen besonders dafür geeignet,<br />

weil sie über ausgebaute Wasserkraftanlagen<br />

und die Wasserrechte<br />

verfügten.<br />

Außerdem konnten sie Mühlenbetrieb,<br />

die Vermahlung von Getreide<br />

und die Stromlieferung gleichzeitig<br />

durchführen. Trotzdem gab es zu<br />

Beginn des 20. Jahrhunderts ein so<br />

genanntes „Mühlensterben“, da die<br />

kleineren Ortsmühlen den größeren<br />

Unternehmen und Handelsmühlen im<br />

Wettbewerb nicht gewachsen waren<br />

und ihre Betriebe schließen mussten.<br />

Gab es 1892 in Württemberg 3 private<br />

Elektrizitätswerke, so war die Zahl bis<br />

1900 bereits auf 88 und bis 1910 auf<br />

259 Unternehmen angestiegen,<br />

davon 221 im privaten und 38 im<br />

kommunalen Eigentum sowie 215 mit<br />

Gleichstrom­ und 44 mit Drehstromsystem.<br />

Schon zu Beginn des 20.<br />

Jahrhunderts waren prinzipiell verschiedene<br />

Auffassungen zur Organisation<br />

von Elektrizitätswerken und der<br />

Stromsysteme Gleichstrom und Drehstrom<br />

vorhanden. Dies zeigt sich am<br />

deutlichsten in der rein kommunal<br />

und am Gemeinwohl ausgerichteten<br />

Auffassung in Stuttgart und der privatwirtschaftlich<br />

auf Gewinnerzielung<br />

orientierten Position des Elektrizitätswerks<br />

Heilbronn. Trotz eines gewissen<br />

unternehmerischen Risikos sollte in<br />

Stuttgart die gesamte Energieversorgung,<br />

inklusive Gas, in kommunaler<br />

Hand sein, während man in Heilbronn<br />

die Stromversorgung der Württembergischen<br />

Portland­Cement AG,<br />

Lauffen (WPC) überließ. Die produzierte<br />

Strom zwar primär für den<br />

Bedarf ihrer Fabrik, konnte jedoch im<br />

Nebenbetrieb Lauffen und Heilbronn<br />

mit Strom versorgen. Die Gemeinden<br />

gingen kein unternehmerisches<br />

Risiko ein.<br />

Bereits vor der Errichtung der Geislinger<br />

Elektrizitätsgenossenschaft<br />

<strong><strong>Alb</strong>werk</strong> kam es allerdings in Württemberg<br />

schon im <strong>Jahre</strong> 1905 zu einer<br />

ersten Genossenschaftsgründung im<br />

Energieversorgungsbereich.<br />

Die „Elektrische Kraftübertragung für<br />

den Bezirk Herrenberg und Umgebung<br />

eGmbH, Unterjesingen, wählte<br />

die Rechtsform der eingetragenen<br />

Genossenschaft. Der Grund für diese<br />

Unternehmensgründung lag wohl in<br />

den großen Problemen der Überlandversorgung<br />

für kleinere Orte.<br />

Allerdings war diese Elektrizitätsgenossenschaft<br />

grundsätzlich keine<br />

Erwerbsgenossenschaft, sondern im<br />

Prinzip eine kommunale Einrichtung.<br />

Dies ergibt sich schon aus der Zusammensetzung<br />

der Gründungsmitglieder:<br />

28 von 37 Gemeinden, die bei der<br />

Unternehmensgründung dabei waren,<br />

wurden durch ihren Bürgermeister<br />

vertreten, so dass es sich hier keineswegs<br />

um eine Zusammenkunft privater<br />

Interessensvertreter handelte.<br />

In seinem grundlegenden Werk über<br />

die Geschichte der Elektrizitätswirtschaft<br />

in Württemberg beschreibt<br />

Wolfgang Leiner (1985), dass die<br />

Phase von 1886 bis 1915 als die Zeit<br />

der Vollabdeckung in der Elektrizitätsversorgung<br />

in Württemberg bezeichnet<br />

werden kann. So hatte in der<br />

damaligen Zeit fast jede größere<br />

Gemeinde ihr Elektrizitätswerk, sei<br />

es in kommunalem oder privatem<br />

Eigentum. Aber auch in den kleinen<br />

Gemeinden der Flusstäler gab es in<br />

bescheidenem Umfang eine Versorgung<br />

mit elektrischem Strom, insbesondere<br />

über die Mühlen. Auch in<br />

unserer Region befanden sich die kleinen<br />

Mühlenbetriebe in einem starken<br />

Konkurrenzkampf zu der gerade entstehenden<br />

Mühlengroßindustrie.<br />

Sie versuchten durch eine Diversifizierung<br />

ihres Leistungsangebotes<br />

und die zusätzliche Lieferung von<br />

Strom ihre wirtschaftliche Existenz<br />

zu sichern.<br />

Im Geislinger Bezirk – in Gingen,<br />

Kuchen, Altenstadt – die Preßmarsche<br />

Mühle – Überkingen, Hausen, Deggingen,<br />

Gruibingen und ebenfalls in<br />

Wiesensteig – gab es einige kleinere<br />

örtliche Elektrizitätswerke, die mit<br />

einer Mühle verbunden waren.<br />

Insgesamt war in den Gemeinden die<br />

Verwendung von elektrischem Strom<br />

für die Haus­ und Straßenbeleuchtung<br />

außerordentlich eingeschränkt und<br />

zudem sehr kostspielig. Zur damaligen<br />

Zeit hatte die Elektrizitätswirtschaft<br />

auch keine besonderen gesetzlichen<br />

Regelungen. Der Versorgungsbereich<br />

von Kraftwerken umfasste<br />

lediglich einige Straßenzüge oder das<br />

Gebiet von kleineren Gemeinden.<br />

Einen Verbund zwischen einzelnen<br />

Kraftwerken gab es in der Regel nicht.<br />

Wenn sich juristische Probleme bei<br />

der Verlegung von Leitungen ergaben,<br />

konnten diese privatrechtlich durch<br />

Konzessionsverträge gelöst werden.<br />

Allerdings legte im Jahr 1909 der Verband<br />

Deutscher Elektrizitätstechniker<br />

(VDE) und die Vereinigung der Elektrizitätswerke<br />

(VDEW) den Entwurf eines<br />

„Starkstromanlagengesetzes“ vor,<br />

um die spezialgesetzlichen Regelungen<br />

der Elektrizitätswirtschaft,<br />

ins besondere die Hemmnisse beim<br />

Leitungsbau, in wegerechtlicher<br />

Beziehung zu beseitigen.<br />

10 Anfänge der Elektrizitätswirtschaft 11

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!