Festschrift 100 Jahre Albwerk - Alb-Elektrizitaetswerk Geislingen ...
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Schultheiß Schneider, Altenstadt Regierungsrat Hasel Bürgermeister Schmid, Waldhausen<br />
Konkrete Ursachen der Unternehmensgründung<br />
Eine Reihe typischer Ursachen führte<br />
zur Gründung des <strong><strong>Alb</strong>werk</strong>s. Im Laufe<br />
des <strong>Jahre</strong>s 1909 verschärften sich die<br />
finanziellen Probleme des Müllers und<br />
Elektrizitätswerkbesitzers Preßmar,<br />
so dass ein Konkurs immer wahrscheinlicher<br />
wurde. Bei einem Verkauf<br />
des Anwesens stand dem neu zu<br />
gründenden Unternehmen der Elektrizitätsgenossenschaft<br />
ein konkretes<br />
Objekt als Keimzelle zur Verfügung.<br />
Im oberen und mittleren Filstal, insbesondere<br />
aber in den <strong>Alb</strong>gemeinden<br />
um <strong>Geislingen</strong>, bestand eine ausgesprochene<br />
Unterversorgung mit<br />
Energie, vor allem Elektrizität.<br />
Zur gleichen Zeit waren Teile der Ostalb<br />
durch die Gründung des „Elektrizitätswerks“<br />
für die Heidenheimer<br />
und die Ulmer <strong>Alb</strong> e.G.m.b.H. in<br />
Heuchlingen a. A. bereits mit Strom<br />
versorgt und die Bevölkerung der<br />
Geislinger Region erkannte die Vorteile<br />
der Elektrizität für Haushalte,<br />
Landwirtschaft und Gewerbe.<br />
Das untere Filstal und der Raum Göppingen<br />
waren durch die Neckarwerke<br />
AG an die Stromversorgung angeschlossen.<br />
Trotz eines entsprechenden<br />
Energiebedarfs in der Geislinger<br />
Region gab es kein finan zielles und<br />
kommunales Interesse für ein privates<br />
oder städtisches Elek trizitätswerk.<br />
Private Investoren der Elektrizitätswirtschaft,<br />
insbesondere Banken,<br />
erwarteten für Investitionen in der<br />
Geislinger Region keine große Rendite.<br />
Kommunale Elektrizitätswerke,<br />
wie es sie in anderen Städten bereits<br />
gab, lehnte die Stadt <strong>Geislingen</strong> ab,<br />
da die Lichtversorgung von dem vorhandenen<br />
Gaswerk betrieben wurde.<br />
Das Dorf Altenstadt als relativ kleine<br />
Gemeinde war mit der Errichtung<br />
eines eigenständigen kommunalen<br />
Elektrizitätswerks finanziell überfordert.<br />
Das Angebot von Matthias<br />
Preßmar, sein Elektrizitätswerk an die<br />
Stadt <strong>Geislingen</strong> oder die Gemeinde<br />
Altenstadt zu verkaufen, stieß daher<br />
auf wenig Gegenliebe.<br />
Eine weitere und letztlich bedeutende<br />
Ursache für die Gründung des <strong><strong>Alb</strong>werk</strong>s<br />
waren Unternehmerpersönlichkeiten,<br />
insbesondere Schultheiß<br />
Gustav Schneider. Obwohl auch er<br />
zunächst keine Absicht hatte, sich<br />
über seine Gemeinde an einem Elektrizitätswerk<br />
zu beteiligen, erkannte<br />
er den notwendigen Energiebedarf in<br />
der Region und änderte seine Meinung.<br />
Seit Frühsommer 1909 war er<br />
mit dem Beauftragten des Müllers<br />
Preßmar, Oberingenieur Büggeln,<br />
in Kontakt, um mit ihm das Schicksal<br />
des Preßmar´schen Werkes und der<br />
zukünftigen Elektrizitätsversorgung im<br />
Oberamt <strong>Geislingen</strong> zu besprechen.<br />
Schneider erkannte die Chance einer<br />
groß angelegten Stromversorgung<br />
für die gesamte Geislinger Region.<br />
Schultheiß Schell, Stötten Sattlermeister Bückle, Aufhausen Privatier Junginger, <strong>Geislingen</strong><br />
Als außerordentlich fähiger Kommunalbeamter,<br />
der allen technischen<br />
Fortschritten der Zeit, vor allem mit<br />
kommunalen Auswirkungen, aufgeschlossen<br />
gegenüberstand, hatte er<br />
die Entwicklung der Stromversorgung<br />
in den Nachbargebieten analysiert<br />
und sich Kenntnisse über die Überlandversorgung<br />
mit Elektrizität angeeignet.<br />
Er publizierte Handbücher und<br />
Kommentare zu Problemen der Kommunalverwaltung,<br />
was für den Bürgermeister<br />
einer kleinen Gemeinde<br />
wie Altenstadt durchaus nicht üblich<br />
war. Generell wird er als „heller Kopf“<br />
geschildert, der als Mensch „aufgeschlossen,<br />
umgänglich und freundlich“<br />
wirkte, und ein heiteres Wesen<br />
und einen scharfen Verstand mit<br />
großem Verhandlungstalent sein<br />
eigen nannte.<br />
Ein Zeitgenosse charakterisierte den<br />
Altenstädter Schultheiß als jemand<br />
der bisweilen „Sprüche machen“<br />
konnte und die Leute durch sicheres,<br />
vornehmes Auftreten zu beeindrucken<br />
wusste. Sein Optimismus, sein Pioniergeist<br />
und seine Hartnäckigkeit<br />
führten letztlich zur Gründung des<br />
<strong><strong>Alb</strong>werk</strong>s. Einen wichtigen Mitstreiter<br />
für die Idee eines regionalen Elektrizitäts<br />
werkes fand Schultheiß<br />
Schneider in Regierungsrat Hasel, der<br />
Vorstand des Oberamtes <strong>Geislingen</strong><br />
war und der die Arbeiten und Planungen<br />
Schneiders sehr begrüßte.<br />
Er unterstützte auch die „Werbeaktivitäten“<br />
von Schneider in den Gemeinden<br />
des damaligen Oberamtsbezirks<br />
<strong>Geislingen</strong> für ein Elektrizitätswerk in<br />
der Region. Der Leiter des Oberamtes<br />
kann deswegen ohne Zweifel als einer<br />
der Gründungsväter des <strong><strong>Alb</strong>werk</strong>s<br />
angesehen werden.<br />
Lange <strong>Jahre</strong> hatte der Altenstädter<br />
Schultheiß Schneider die Hoffnung,<br />
ein gemeinsames Elektrizitätswerk<br />
<strong>Geislingen</strong>/Altenstadt zu gründen,<br />
musste aber im Laufe des <strong>Jahre</strong>s 1909<br />
erkennen, dass dies zunächst nicht<br />
möglich war. Er setzte deswegen alle<br />
Hoffnungen auf die ländlichen Regionen<br />
und versuchte dort Persönlichkeiten<br />
für seine Gründungsidee einer<br />
Elektrizitätsgenossenschaft zu gewinnen.<br />
Als besonders wichtige Wegbereiter<br />
des <strong><strong>Alb</strong>werk</strong>s erwiesen sich die<br />
Schult heißen Schmid (Waldhausen),<br />
der spätere, langjährige Vorsitzende<br />
des Aufsichtsrats Schell (Stötten) und<br />
Buhl (Hausen) sowie Sattlermeister<br />
Bückle aus Aufhausen und Privatier<br />
Junginger aus <strong>Geislingen</strong>.<br />
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