ICOM Deutschland Mitteilungen 2012
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IClM – International Committee for literary Museums<br />
the interaction of literature and Music<br />
in literary and Composer Museums,<br />
with special regard of their importance<br />
for national identity<br />
Jahrestagung vom 26. bis 29. september 2011 in<br />
Chiaravalle, Italien<br />
Lothar Jordan<br />
Wie im Jahre 2008, so fand auch im Jahre 2011 die Jahrestagung<br />
des Internationalen Komitees der Literaturmuseen<br />
(ICLM) in Italien statt, diesmal allerdings nicht in der<br />
Toskana, sondern in der Region Marche. Gastgeber waren<br />
die Stiftung Chiaravalle Montessori sowie die Associazione<br />
Case della Memoria mit ihrem Präsidenten Adriano<br />
Rigoli. Die Konferenz wurde unterstützt von der Region<br />
Marche, der Provinz Ancona, der Stadt Chiaravalle und<br />
<strong>ICOM</strong> Italien. Die effektive und zugleich freundliche Organisation<br />
lag in den Händen von Lucio Lombardi, dem<br />
Generaldirektor der Stiftung, und seinem Team. Maria<br />
Gregorio, sowohl in ICLM als auch in <strong>ICOM</strong> Italien aktiv,<br />
hatte wie im Jahre 2008 das Komitee und die italienischen<br />
Partner zusammengeführt.<br />
81 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Europa, China<br />
und Aserbaidschan kamen nach Senigallia und Chiaravalle<br />
(bei Ankona). Der größte Teil der Tagung fand dort in dem<br />
alten, beindruckend gepflegten Teatro Valle Chiaravalle<br />
statt. Die Tagung war dem Thema Literatur und Musik<br />
gewidmet, das die Schwerpunkte des Komitees, nämlich<br />
Literatur und Musik (in ICLM sind auch Komponistenmuseen<br />
vertreten) spiegelte. Und die italienische Kultur ist<br />
nicht zuletzt durch die Verbindung von Literatur und Musik<br />
ein Bestandteil der Weltkultur geworden.<br />
Gerade im Jahre 2011, in dem das 150jährige Bestehen<br />
des Staates Italien gefeiert wurde, schien dieses Thema also<br />
zusätzlich naheliegend. Denn die uralte Verbindung von<br />
Literatur und Musik kam im 19. Jahrhundert zu einer neuen<br />
Blüte, sowohl durch die romantische Literatur als auch<br />
durch die Oper. Man muss nur an Alessandro Manzoni,<br />
Giacomo Leopardi und Giuseppe Verdi denken. Diese<br />
Künst ler waren Protagonisten des Kampfes für ein nationales<br />
Bewusstsein von Italien. Ihre Mittel waren Literatur,<br />
Sprache und Musik, und sie setzten sie im Rahmen des risor<br />
gimento ein, einer Bewegung, die auf die Schaffung eines<br />
italienischen Nationalstaates gerichtet war – was ihr 1861<br />
gelang.<br />
Über die Zusammenhänge von Literatur und Musik in<br />
der italienischen Gedächtniskultur hinaus befasste sich<br />
die Tagung mit den Traditionen und der musealen Praxis<br />
im Umgang mit dem Thema Literatur und Musik. Dem<br />
Eröffnungsvortrag des Musikologen und Journalisten Oreste<br />
Bossini (RAI) folgten 17 Fachvorträge, in denen der rote<br />
Faden sichtbar wurde: der Zusammenhang von Politik und<br />
Geschichte mit der Beziehung von Literatur und Musik.<br />
Diesen verdeutliche etwa Alexander Scholochow, Direktor<br />
des seinem Großvater gewidmeten Museums, am Beispiel<br />
des Antikriegssongs „Where have all the flowers gone“<br />
von Pete Seeger. Der FolkMusiker, so zeigte Scholochow,<br />
intErnationalE KoMitEEs<br />
ließ sich zu seinem Song durch einige Zeilen aus dem Roman<br />
„Der stille Don“ von Michail A. Scholochow inspirieren.<br />
In anderer Weise gab es einen Einfluss von Geschichte<br />
und Politik auf die Rezeption Beethovens durch chinesische<br />
Schriftsteller, wie Fu Guangming (Nationalmuseum für<br />
moderne chinesische Literatur, Peking) durch einen Abriss<br />
bis zur jüngsten Zeit darlegte.<br />
Die Besuche verschiedener Museen und Gedenkorte in<br />
der Region zeigten eindrucksvoll die Tiefe der italieni schen<br />
Kulturpflege, wenn auch die Finanzkrise als dunkle Wolke<br />
sichtbar wurde. Schöne Beispiele waren die Orte Maiolati<br />
Spontini oder das Recanati Leopardis. Mehrere Konzerte<br />
können als elegant auf das Thema und auf Museen,<br />
die auf der Tagung vertreten waren, abgestimmt gelten, so<br />
z. B. das Klavierkonzert des Pianisten Gregorio Nardi (der<br />
zudem selbst in Florenz ein Museum leitet), das Opernkonzert<br />
und das Konzert mit historischen mechanischen<br />
Musikinstrumenten.<br />
Auch Maria Montessori, die in Chiaravelle geboren wurde,<br />
und deren Stiftung ein Hauptförderer der Tagung war,<br />
spielte eine Rolle. Die Tagungsteilnehmer besuchten das<br />
MontessoriHaus, das heute ein Museum und eine Bibliothek<br />
beherbergt. Die Musikerin und MontesorriPädagogin<br />
Isenarda De Napoli ging in ihrem Vortrag auf die Rolle<br />
der Musik im Denken und in der Arbeit von Maria Montessori<br />
ein.<br />
Die Tagung vertiefte auf wunderbare Weise die Zusammenarbeit<br />
zwischen ICLM, <strong>ICOM</strong> Italien und den italienischen<br />
Literaturmuseen und häusern in der Associazione<br />
Case della Memoria.<br />
Die für ein kleines Komitee hohe Zahl von 81 Teilnehmern<br />
ist erfreulich und spricht für Thema, Programm und<br />
Tagungsort, dürfte aber bei im Allgemeinen in Europa<br />
schwieriger werdenden Finanzlagen kaum zu halten sein.<br />
Professor Dr . Lothar Jordan ist Präsident von ICLM und Mitglied des<br />
Vorstandes von <strong>ICOM</strong> <strong>Deutschland</strong>; iclm .jordan@gmx .de .<br />
Weitere Informationen:<br />
Jahrestagung <strong>2012</strong>: vom 17 . bis 20 . Juni <strong>2012</strong> in Oslo, Norwegen,<br />
Titel: Literary and Composer Museums and the spirit of the place<br />
Lothar Jordan (Mitte) stellte in Chiaravalle die Organisatoren der zurückliegenden<br />
ICLM-Jahrestagungen vor und bedankt sich bei ihnen<br />
für die gelungenen Veranstaltungen .<br />
Foto: Angelika Jordan<br />
iCoM deutschland – MittEilungEn <strong>2012</strong> | 43