ICOM Deutschland Mitteilungen 2012
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Vaterländischen Krieges im Jahr 2011<br />
aus Anlass der für das Jahr 2013 geplanten<br />
Neueinrichtung des Museums<br />
zurück. Das GoetheInstitut hatte in<br />
einer Reihe von Veranstaltungen ein<br />
Team dieses Museums eingeladen,<br />
deutsche Museumskonzepte kennenzulernen,<br />
und aktuelle Methoden und<br />
Instrumente des Kultur und Museumsmanagements<br />
vermittelt. Die Expertise<br />
aus <strong>Deutschland</strong> ist in Be larus<br />
gefragt und willkommen. Dies<br />
zeugt angesichts der gemeinsa men<br />
Geschichte beider Länder im 20. Jahrhundert<br />
von einem besonderen Vertrauen.<br />
Diese positiven Erfahrungen<br />
rechtfertigten die Ausweitung der Zielgruppe<br />
auf Experten anderer Museen.<br />
Museumsexperten sind gesell schaft -<br />
liche umgestalter<br />
Das aktuelle Projekt „Museen als Bildungsorte<br />
im 21. Jahrhundert“ zielt<br />
auf die berufliche Qualifizierung im<br />
Kultur und Bildungsbereich. Es verfolgt<br />
den Ansatz, die Aktivitäten belarussischer<br />
Museen durch neue Impulse<br />
für die Kernbereiche (Sammeln, Bewahren,<br />
Forschen und Vermitteln),<br />
durch strategisches Museumsmarketing,<br />
Besucherorientierung sowie modernes<br />
Museums und Ausstellungsmanagement<br />
zu fördern. Eine wichtige<br />
Motivation besteht darin, die Akteure<br />
des Museumsbereichs in Belarus, so<br />
zum Beispiel Direktoren, Kuratoren,<br />
Historiker, Pädagogen und technisches<br />
Personal, als potentiell wichtige Mitgestalter<br />
gesellschaftlicher Veränderungen<br />
wahrzunehmen.<br />
Die Seminarreihe startete mit der<br />
Veranstaltung „Zeitgeschichte in Museen“,<br />
die die Erinnerungslandschaft<br />
in <strong>Deutschland</strong> thematisierte. Die Aufarbeitung<br />
der NS und DDRVergangenheit<br />
rief zunächst viele Nachfragen<br />
hervor. In den lebhaften Diskussionen<br />
und Arbeitsphasen entstanden dann<br />
dif ferenzierte Entwürfe für die Situation<br />
im eigenen Land mit konkreten<br />
Vorschlägen etwa zur Stärkung regiona<br />
ler Strukturen gerade im Kulturbereich.<br />
Museen sind Orte nationaler Identifikations-<br />
und Demokratisierungsprozesse<br />
Zwar ist die Wirkungsmacht der Museen<br />
unter den aktuellen politischen<br />
Bedingungen sehr eingeschränkt, doch<br />
kann gerade die Rückbesinnung auf<br />
museale Kernaufgaben dazu beitragen,<br />
Freiräume zu schaffen, die sich<br />
aus den spezifischen Funktionen eines<br />
Museums als informellem und au ßerschulischem<br />
Lern und Bildungsort<br />
ergeben. Indem Sammlungspolitik,<br />
Ge staltung und Vermittlung innerhalb<br />
politischer Vorgaben neue Formen<br />
des Dialogs und der Interaktivität<br />
entwickeln, können die Museen auf<br />
diese Weise zu Orten kritischer Auseinandersetzung<br />
und zukunftsorientiertem<br />
Lernen werden. Junge Professionelle<br />
sollen ebenso wie ältere<br />
Ent scheidungsträger darin unterstützt<br />
werden, ihre Kompetenzen und ihre<br />
Kreativität zu entwickeln und die Notwendigkeit<br />
struktureller Veränderungen<br />
zu erkennen. Gleichzeitig werden<br />
Brücken nach <strong>Deutschland</strong> gebaut, auf<br />
denen neue Netzwerke entstehen und<br />
Beziehungen zur deutschen Szene intensiviert<br />
werden können.<br />
Auf diesem Wege können Anregungen<br />
für die kulturelle, politische und<br />
historische Entwicklung von Belarus<br />
in die Gesellschaft auch außerhalb der<br />
Museen getragen werden. Was dem<br />
bisher im Wege steht, ist neben den politischen<br />
Einschränkungen und finanzieller<br />
Engpässe eine mangelnde Qualifizierung<br />
des Museumspersonals.<br />
Diese gründet auf dem fehlenden Zugang<br />
zu internationaler Fachliteratur,<br />
den eingeschränkten Reise und Kooperationsmöglichkeiten<br />
sowie einem<br />
Man gel an ausgewiesenen Experten<br />
des Museums und Kulturmanagements.<br />
Zum Abschluss der Seminarreihe<br />
ist daher eine zweisprachige Publikation<br />
auf Deutsch und Russisch in<br />
Form einer Handreichung von praxisorientierten<br />
Arbeitsmaterialien vorge<br />
sehen.<br />
Dr . Kristiane Janeke ist Inhaberin der Agentur<br />
Tradicia History Service . Sie war mehrere<br />
Jahre an deutschen Museen tätig und arbeitet<br />
seit 2010 in Minsk als freiberufliche Ausstellungs<br />
kuratorin, Museumsberaterin und<br />
Dozentin, vornehmlich in deutsch-russi schen<br />
und deutsch-belarussischen Projekten;<br />
drjaneke@tradicia .de .<br />
Weitere Informationen:<br />
Projekt „Museen als Bildungsorte im 21 . Jahrhundert“:<br />
www .goethe .de/ins/by/min/ges/<br />
pok/de9282920 .htm<br />
Agentur Tradicia: www .tradicia .de<br />
uMsChau<br />
Foto: Kristiane Janeke<br />
Die Diskussionen und Gruppenarbeiten<br />
verliefen sehr offen, mit viel Humor und<br />
Kreativität . Als neue zeithistorische Museen<br />
im Falle völliger Planungs freiheit wurden<br />
vorgeschlagen: Ein Museum der Geschichte<br />
der Republik Belarus, in dem die leeren<br />
Regale und Schlangen vor den Wodkaregalen<br />
Anfang der 1990er Jahre gezeigt<br />
werden könnten, um die aktuelle Situation<br />
umso heller erstrahlen zu lassen; ein<br />
Museum der Belarussischen Sozialistischen<br />
Sowjetrepublik mit einem ähnlich<br />
nostalgischen Konzept wie die privaten<br />
DDR-Museen in <strong>Deutschland</strong>; ein Museum<br />
des gegenwärtigen belarussischen Films,<br />
das ohne Objekte auskommen müsste,<br />
da die Requisiten regelmäßig im Auftrag<br />
privater Sammler aus den Filmstudios<br />
gestohlen würden; oder ein Museum des<br />
Schmuggels, das die eigentliche belarussische<br />
Identität dokumentieren würde, da<br />
das Land seit jeher als Transitgebiet<br />
zwischen den übermächtigen Nachbarn<br />
fungiere .<br />
iCoM deutschland – MittEilungEn <strong>2012</strong> | 51