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Im Leid mit Gott - Christentum und Kultur

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„ Und siehe, ich bin bei euch bis an der Welt Ende“ (Mat. 28,16)<br />

„Viele beten <strong>Gott</strong> an, aber warum dürfen sie dann Wale töten, <strong>und</strong> warum gibt es Hochwasser <strong>und</strong><br />

Krankheiten? Ich wünsche mir, <strong>Gott</strong> würde uns helfen“<br />

Zum <strong>Gott</strong>esbild von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

Obwohl mediale oder un<strong>mit</strong>telbare <strong>Leid</strong>enssituationen einem vorwiegend oder ausschließlich positiv<br />

konnotierten <strong>Gott</strong>esbild zu widersprechen scheinen, erweist es sich als problematisch, <strong>Gott</strong> die Allgüte<br />

abzusprechen, wie es zuvor unmöglich war, ihm seine Allmacht zu entsagen. Gerade diese beiden<br />

Eigenschaften konstituierten sich doch als so wesentliche Gr<strong>und</strong>züge des christlichen <strong>Gott</strong>es, dass<br />

ohne sie ein Festhalten am christlichen <strong>Gott</strong>esbild kaum begründet wäre. <strong>Gott</strong> wäre zwar entschuldigt,<br />

aber zugleich seiner Göttlichkeit beraubt. Dennoch versuchen verschiedene Ansätze im Hinblick auf<br />

die <strong>Gott</strong> einbeschriebene Allgüte die Theodizee-Problematik zu lösen, indem<br />

− <strong>Gott</strong>es Güte seiner Gerechtigkeit gegenübergestellt wird <strong>und</strong> menschliches <strong>Leid</strong>en als<br />

gerechte Strafe für Fehlverhalten, Ungehorsam gegenüber <strong>Gott</strong>es Geboten oder Sünde<br />

interpretiert wird. Allerdings ist diese Strategie dem Einwand ausgesetzt, dass das <strong>Leid</strong> häufig<br />

in keinem Verhältnis zur Schuld des Betroffenen steht <strong>und</strong> nicht länger von einem gerecht<br />

strafenden, sondern von einem willkürlich strafenden <strong>Gott</strong> ausgegangen werden muss, der<br />

allerdings für den christlichen Glauben nicht tragbar ist: Die Annahme eines willkürlich<br />

strafenden <strong>Gott</strong> kann die Theodizee-Problematik kaum lösen.<br />

− Auf die Unerforschlichkeit <strong>und</strong> Transzendenz <strong>Gott</strong>es verwiesen wird, wonach <strong>Gott</strong>es Güte nicht<br />

<strong>mit</strong> menschlichen Begriffen erfassbar <strong>und</strong> nicht an irdischen Maßstäben messbar ist. Diese<br />

Darlegung untersteht letztlich der Annahme, dass - <strong>mit</strong> Verweis auf die Transzendenz <strong>Gott</strong>es -<br />

dieser gegenüber der menschlichen Vernunft der „ganz Andere“ bliebe, was im Gesamten auf<br />

eine negative Theodizee hinausliefe.<br />

4. „Mit ihm (dem leidenden Menschen) bin ich im <strong>Leid</strong>“ Psalm 91,15<br />

- Der <strong>mit</strong>-leidende <strong>Gott</strong><br />

Diese Annahme gedenkt nicht, die Wirklichkeit <strong>und</strong> Entsetzlichkeit menschlichen <strong>Leid</strong>ens<br />

abzuschwächen oder zu relativieren; sie will in keinem Fall gr<strong>und</strong>legende Wesenszüge des<br />

christlichen <strong>Gott</strong>es anzweifeln - die zentrale christliche Antwort auf die Theodizee-Frage verweist auf<br />

die Solidarität <strong>und</strong> Nähe <strong>Gott</strong>es zu den Menschen in der Passion, um, in der Konsequenz, Schmerz<br />

bestehbar <strong>und</strong> überwindbar zu machen.<br />

Auch ein <strong>Gott</strong>, der menschliches <strong>Leid</strong> bewusst übernehme <strong>und</strong> <strong>mit</strong> seinem Geschöpfen leide, könne<br />

diese nicht von der Schwere ihres <strong>Leid</strong>ens entlasten oder gar befreien, die leidvollen Strukturen nicht<br />

aus der Welt verbannen - so ein zumindest nachdenklich stimmender Entwurf, der den<br />

Argumentierenden stutzen lässt <strong>und</strong> auf den bereits hier zu Beginn eingegangen werden soll: Trotz<br />

des Eingeständnisses, dass irdisches <strong>Leid</strong> durch <strong>Gott</strong>es Solidarität nicht ausgewischt <strong>und</strong><br />

aufgehoben wird, erfährt diese Antwort keinen Abbruch, da sie an <strong>Gott</strong> nicht die Forderung richtet,<br />

<strong>Leid</strong> zu exterminieren, sondern vielmehr aus der Absicht heraus gewählt wird, <strong>Leid</strong>, als existierend<br />

anerkannt, zu bestehen.<br />

Zugegeben: Der der Theodizee-Frage zugr<strong>und</strong>e liegende Widerspruch kann höchstens dadurch<br />

gelöst werden, dass es schwerer fällt, <strong>Gott</strong> des Negativen anzuklagen, woran er selbst willentlich<br />

Anteil nimmt: „Wenn <strong>Gott</strong> selbst leidet, ist das kein <strong>Leid</strong>, kein Einwand mehr gegen <strong>Gott</strong>“ (Kaspar, S.<br />

85). <strong>Gott</strong>es, dem <strong>Leid</strong> der Welt widersprechende Charakterzüge, werden hierbei nicht in Frage gestellt<br />

<strong>und</strong> auch das <strong>Leid</strong> braucht nicht länger reaktiviert zu werden, sondern wird faktisch anerkannt -<br />

vielmehr sei bestehendes Übel, so die Wortführer, viel leichter oder gänzlich <strong>mit</strong> den <strong>Leid</strong>enden<br />

solidarisiert. Dennoch wird der Akzent der Theodizee-Frage dahingehend verschoben, dass das<br />

Nebeneinander des <strong>Leid</strong>ens <strong>und</strong> eines guten <strong>Gott</strong>es akzeptiert wird <strong>und</strong> es viel eher gilt, <strong>Leid</strong><br />

bestehen zu können <strong>und</strong> zugleich an <strong>Gott</strong>es Liebe nicht zu verzweifeln. Zumindest zu einem gewissen<br />

Grad seien auf diese Weise die <strong>Leid</strong>en der Welt <strong>und</strong> die Liebe <strong>Gott</strong>es nebeneinander denkbar.

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