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Im Leid mit Gott - Christentum und Kultur

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Beziehung zwischen <strong>Gott</strong> <strong>und</strong> dem <strong>Leid</strong>en des Menschen. Jetzt überspannt das Bekenntnis zu<br />

seinem Erlöser beide Größen - die Wirklichkeit des Erlösergottes wird zum wichtigsten <strong>und</strong> letzten<br />

Wesenszug <strong>Gott</strong>es. Selbst, wenn der „gute <strong>und</strong> gerechte“ <strong>Gott</strong> die <strong>Leid</strong>en Ijobs zulässt, wird er ihn<br />

wieder erlösen; von dieser Gewissheit zehrt Ijob, sie erhält seinen Glauben selbst in Notsituationen.<br />

Die Erlösung liegt für Ijob darin, „<strong>Gott</strong> (zu) schauen“ - eine Erlösung, die für ihn freilich noch nicht<br />

Wirklichkeit wurde, aber die ihn hoffen <strong>und</strong> glauben lässt.<br />

- Die Elihu-Reden<br />

Noch einmal meldet sich ein Fre<strong>und</strong> Ijobs zu Wort, Elihu, von dem der Leser bisher nichts erfahren<br />

hat: Obwohl Ijob gerade in einem eindrucksvollen Bekenntnis seine Hoffnung auf Erlösung durch <strong>Gott</strong><br />

artikuliert hat, geht dieser noch auf die zuvor immer wieder <strong>und</strong> in vielfältigen Variationen<br />

vorgetragene Klage Ijobs ein, warum <strong>Gott</strong>es Antwort ausbleibt.<br />

Elihu bietet Ijob eine überraschende Deutung: <strong>Gott</strong> wendet sich im Verborgenen den Menschen zu, er<br />

schweigt nicht, sondern spricht zu ihnen, es sind vielmehr die Menschen, die sein Wort nicht<br />

beachten. Elihu erbringt das „Modell einer therapeutischen orientierten spirituellen Theologie“, ein<br />

Trost, aber auch eine Aufforderung an Ijob, noch bevor er von <strong>Gott</strong> selbst unterbrochen wird.<br />

- Die Jahwe-Reden<br />

In zwei langen Ansprachen wendet sich <strong>Gott</strong> nun direkt an Ijob. Allerdings leitet die Bibel diese Reden<br />

nicht als die Worte <strong>Gott</strong>es, sondern als die des Jahwe ein. Dieser Wechsel von der<br />

<strong>Gott</strong>esbezeichnung zum <strong>Gott</strong>esnamen Jahwe ist bereits Hinweis <strong>und</strong> eine Antwort auf die Klage Ijobs.<br />

In Exodus 3, 14 offenbart <strong>Gott</strong> dem Mose die Bedeutung seines Namens: „Ich bin der: Ich-bin-da“, <strong>und</strong><br />

dies ist der Kern biblischer <strong>Gott</strong>eserfahrung: <strong>Gott</strong>es Wesen ist Da-sein, ein Da-sein, das allerdings<br />

nicht verfügbar ist. Diese Anspielung ist Trost <strong>und</strong> Aufrichtung für Ijob: <strong>Gott</strong> ist gegenwärtig, auch<br />

wenn er dem Menschen, wie in <strong>Leid</strong>situationen, verborgen ist.<br />

Der weitere Verlauf der <strong>Gott</strong>esreden allerdings verwirrt. Wie kann ein Vortrag über die Entstehung der<br />

Erde, über Ordnung <strong>und</strong> Wesen der Welt den leidenden Ijob trösten? Der Schlüsselsatz zum<br />

Verständnis dieser Antworten ist folgender:<br />

„Wer ist es, der den Ratschluss verdunkelt<br />

<strong>mit</strong> Gerede ohne Einsicht?“ 89<br />

Abzielend auf Ijob bedeutet diese Aussage: Jahwe führt Ijob sein Nicht-Wissen vor Augen, er<br />

konfrontiert ihn aufs härteste da<strong>mit</strong>, dass alles irdische Wissen in Bezug auf <strong>Gott</strong> nur vermeintlich ist.<br />

Der schmerzvolle <strong>und</strong> langwierige Prozess der Bewusstwerdung des eigenen Nichts-Wissens, der<br />

Einsicht Ijobs dauert an, solange <strong>Gott</strong> zu ihm spricht. Als die Worte <strong>Gott</strong>es verstummen, hat Ijob eine<br />

Wahrnehmungsveränderung durchlaufen, einen veränderten erweiterten <strong>und</strong> aufgeklärten<br />

Bewusstseinszustand erlangt. Davon, von dieser inneren Wandlung ausgehend, könnten die<br />

Antworten Jahwes verstanden werden: <strong>Gott</strong> hilft, <strong>Leid</strong> zu bestehen, er zeigt einen Weg durch das <strong>Leid</strong><br />

hindurch. Obwohl sich an der äußeren Realität, an der Wirklichkeit des <strong>Leid</strong>ens nichts ändert, kann<br />

das <strong>Leid</strong>en durch Veränderung des inneren Bewusstseins bestanden werden. Genau wie Ijob von<br />

fälschlicher Wahrnehmung zur Einsicht in sein eigenes Unvermögen gelangt, muss die zum <strong>Leid</strong><br />

unangebrachte Einstellung, die klagende, an <strong>Gott</strong> zweifelnde Haltung, überw<strong>und</strong>en werden. In<br />

welcher Richtung diese innere Bewusstseinsveränderung verlaufen soll, zeigt der folgende Abschnitt<br />

als Lösung des Ijob-Buches.<br />

Zudem kann gerade in Bezug auf das Verständnis der Jahwe-Reden angemerkt werden, dass Ijob<br />

auch die von <strong>Gott</strong> beschriebene Weltordnung, das Leben nicht länger als sinnentleert <strong>und</strong> finster (vgl.<br />

Ijobs Klage) wahrnehmen soll. Stattdessen wird er aufgefordert, die Welt <strong>und</strong> das Leben in<br />

sinnstiftendem Verweis auf <strong>Gott</strong> anzuerkennen <strong>und</strong> sich darüber klar zu werden, dass alles, die guten<br />

Seiten seines Lebens wie schwere Zeiten, seine gesamte Existenz auf <strong>Gott</strong> hin bezogen ist.<br />

89 Ijob 38, 2

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