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Im Leid mit Gott - Christentum und Kultur

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Rahmenerzählung, welche in zwei Schritten um den Dialogteil <strong>und</strong> später um die Elihu-Reden<br />

erweitert wurde.<br />

b) Interpretation/Auslegung ausgewählter Textstellen<br />

- Der biblische Ijob 73<br />

„<strong>Im</strong> Lande Uz lebte ein Mann <strong>mit</strong> Namen Ijob. Dieser Mann war untadelig <strong>und</strong> rechtschaffen, er<br />

fürchtete <strong>Gott</strong> <strong>und</strong> mied das Böse“ 74<br />

Mit diesem Portrait des Ijob wird die Erzählung eingeleitet, indem dieser als gottergebenen <strong>und</strong><br />

glaubensstarken Mann beschrieben <strong>und</strong> weiterhin seine familiären <strong>und</strong> wirtschaftlichen Verhältnisse<br />

hervorgehoben werden. Neben „7.000 Stück Kleinvieh, 3.000 Kamelen, 500 Rinder, 500 Eselinnen<br />

<strong>und</strong> einer großen Dienerschaft“ 75 sind Ijob 7 Söhne <strong>und</strong> 3 Töchter geboren. Diese reiche<br />

Nachkommenschaft ist vor dem Hintergr<strong>und</strong> der altisraelitischen Gesellschaft als besonderer Segen<br />

zu verstehen, sichern sie doch das Auskommen der Eltern im Alter <strong>und</strong> den Fortbestand der Familie.<br />

Zum Namen Ijob sei anzumerken, dass die Einheitsübersetzung ihn <strong>mit</strong> Ijob wiedergibt, während die<br />

lateinische Bibelübersetzung die Schreibweise Job verwendet <strong>und</strong> Martin Luther von Hiob schreibt.<br />

Als ein Mann voll innerer <strong>Gott</strong>esfurcht <strong>und</strong> äußerer Vollkommenheit wird Ijob zum Angriffsziel des<br />

Satans <strong>und</strong> Gegenstand von dessen Prüfung.<br />

- <strong>Leid</strong> als Prüfstein des Glaubens 76<br />

“Ist Ijob ohne Gr<strong>und</strong> gottesfürchtig? Beschützt du ihn nicht, sein Haus <strong>und</strong> alles, was ihm gehört, von<br />

allen Seiten? (…) Aber steck doch deine Hand aus <strong>und</strong> rühr alles an, was ihm gehört. Wahrhaftig, er<br />

wird dir ins Angesicht fluchen!“ 77<br />

Dies sind die Worte des Satans, der behauptet, Ijobs Glaube sei eigennützig <strong>und</strong> im Gr<strong>und</strong>e wertlos,<br />

da er nur in guten Zeiten der Unversehrtheit Bestand habe, <strong>und</strong> daher leicht entgegengebracht<br />

werden könne. In der Notsituation aber <strong>und</strong> schweren Zeiten würde sogar Ijob, der gottergebene<br />

Diener, von seiner Glaubensgewissheit abfallen, dann nämlich, wenn er von seiner <strong>Gott</strong>esfurcht nicht<br />

länger selbst profitiere. Ein derartiges Argumentationsmuster, wie es der Satan hier anführt, verweist<br />

auf menschliche Schwächen <strong>und</strong> ist sicher auch heute noch vielen nicht fremd: Wie leicht fällt es uns<br />

doch, auf <strong>Gott</strong> zu vertrauen <strong>und</strong> zu glauben, solange wir glücklich sind, ges<strong>und</strong> <strong>und</strong> von keinerlei<br />

existentiellen Sorgen belastet? Schließlich gibt es keinen un<strong>mit</strong>telbaren Gr<strong>und</strong>, <strong>Gott</strong>es Güte in Frage<br />

zu stellen. Sobald der Alltag, unsere Existenz, allerdings brüchig wird, wird unser Glaube erschüttert,<br />

Zweifel an der Gerechtigkeit <strong>Gott</strong>es kommen auf <strong>und</strong> wir beginnen, kritische Fragen aufzuwerfen:<br />

Warum bin ausgerechnet ich von <strong>Leid</strong> betroffen? Wie kann eine guter <strong>Gott</strong> seine Menschen leiden<br />

lassen?<br />

Auch Wolfgang Borchert greift diesen Gedanken auf, indem er seinem Protagonisten Beckmann<br />

folgende Worte in den M<strong>und</strong> legt: „Die im Sonnenschein gehen, verliebt oder satt oder zufrieden (…),<br />

die können sagen: Lieber <strong>Gott</strong>! Lieber <strong>Gott</strong>! 78 , er jedoch, der gebrochene Kriegsheimkehrer<br />

Beckmann, kann <strong>Gott</strong> nur noch schwerlich als „lieben <strong>Gott</strong>“ anreden.<br />

<strong>Leid</strong> <strong>und</strong> Schmerz werden folglich zur stärksten Herausforderung für den <strong>Gott</strong>esglauben des<br />

Menschen, da sie den härtesten Einwand gegen die Güte <strong>und</strong> Liebe <strong>Gott</strong>es darstellen. Auf diese<br />

Angreifbarkeit, auf diese Verw<strong>und</strong>barkeit des Glaubens durch <strong>Leid</strong>erfahrung, greift nun der Satan des<br />

Ijob-Buches zurück: <strong>Leid</strong> wird zum „Prüfstein des Glaubens“<br />

<strong>Im</strong> weiteren Verlauf der Himmelsszene willigt <strong>Gott</strong>, überzeugt von der Unerschütterlichkeit des<br />

Glaubens Ijobs, ein, die Treue seines Dieners zu prüfen, <strong>und</strong> legt alle Lebensumstände Ijobs, außer<br />

ihn selbst, in die Hand des Satans.<br />

Auch an dieser Stelle sei eine etymologische Namenserklärung hinzugefügt: Der hebräische Ausdruck<br />

„Satan“ bedeutete ursprünglich in säkularem Sinne „sich anfeinden, feindlich gesinnt sein“, wandelte<br />

sich jedoch in der Zeit des Exils (586 - 538) zur Funktionsbezeichnung des himmlischen Anklägers.<br />

Die griechische Entsprechung „diabolos“ kann am ehesten <strong>mit</strong> der Übersetzung „derjenige, der<br />

Zerwürfnis stiftet“ wiedergegeben werden. Und in diesem Sinne erhellt die Übersetzung die<br />

73 Ijob 1, 1-5<br />

74 Ijob 1, 1<br />

75 Ijob 1, 3<br />

76 Ijob 1, 6-12<br />

77 Ijob 1, 10-11<br />

78 „Draußen vor der Tür“, Wolfgang Borchert S. 41/42

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