Im Leid mit Gott - Christentum und Kultur
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suggeriert, wendet sich <strong>Gott</strong> den Menschen zu,<br />
er will von ihnen erhört <strong>und</strong> angenommen<br />
werden, er bietet sich ihnen an, <strong>und</strong> seine Nähe<br />
kann erfahren werden, solange sich der Mensch<br />
nicht von <strong>Gott</strong> abwendet. Die Aussage, die das<br />
Ijob-Buch über den Menschen macht, lehnt sich<br />
an Ijob als zentrale Person <strong>und</strong><br />
Bedeutungsträger. Gleich zu Anfang bezeugt der<br />
Satan, dass <strong>Leid</strong>en für Ijob <strong>und</strong> so für jeden<br />
Menschen zur härtesten Herausforderung seines<br />
<strong>Gott</strong>esglaubens werden wird: <strong>Leid</strong>en gilt als der<br />
„Prüfstein des Glaubens“, im <strong>Leid</strong>en muss sich<br />
der Glaube bewähren <strong>und</strong> festigen.<br />
Redlich-Kocks, „Hiob“<br />
Ijob ist Abbild des „leidenden Gerechten“, weshalb die traditionellen Antworten auf die Sinnfrage des<br />
<strong>Leid</strong>ens, welche <strong>Leid</strong> als die Folge menschlicher Schuld interpretieren, bereits am alttestamentlichen<br />
Ijob scheitern <strong>und</strong> sie zudem von <strong>Gott</strong> in keiner Weise legitimiert, sondern eher getadelt werden.<br />
Selbst im Moment äußerster Not weicht Ijob nicht im Geringsten von seiner Glaubensfestigkeit ab,<br />
auch wenn er zu <strong>und</strong> über <strong>Gott</strong> klagt, auch wenn sich sein Verstand an einem <strong>Gott</strong> stößt, der<br />
Gerechte <strong>und</strong> Unschuldige leiden lässt. Ijob verharrt im Glauben <strong>und</strong> durchlebt sein <strong>Leid</strong> in der<br />
Hoffnung, ja gar in der Gewissheit auf Erlösung. Selbst in seiner äußersten Krise, in der er nach dem<br />
Sinn seines <strong>Leid</strong>ens fragt, ist Ijob ein Glaubender geblieben <strong>und</strong> nur auf diese Weise kann er die<br />
Zeit des <strong>Leid</strong>ens überstehen. Am Ende erhebt sich sein Verhältnis zu <strong>Gott</strong> gar auf eine neue Ebene:<br />
Vom bedingungslosen Glauben, der Hoffen, Vertrauen, ja nahezu Gewissheit ist, zum Schauen<br />
<strong>Gott</strong>es, der existentiellen Erfahrung der Nähe <strong>Gott</strong>es im <strong>Leid</strong>. Ijobs äußerer Zustand erfährt keine<br />
Veränderung, sein <strong>Leid</strong> besteht in all seiner Radikalität weiter. Es ist vielmehr der Mensch, der ein<br />
anderer wird, dessen innere Transformation 94 nach dem „Schauen <strong>Gott</strong>es“ ihm die Kraft <strong>und</strong><br />
Gewissheit gibt, das <strong>Leid</strong> bestehen zu können. Daher lautet der Appell des Ijob-Buches an den<br />
Menschen: Auch wenn sein Verstand im <strong>Leid</strong>en keine Befriedigung erfährt (da der Mensch sich <strong>mit</strong><br />
der Theodizee auseinandersetzt, ebenso wie sich Ijob am unschuldigen <strong>Leid</strong>en reibt), muss der<br />
Mensch im Glauben verharren. Das Buch Ijob bezeugt den Glauben eindrucksvoll als einen Weg<br />
durch das <strong>Leid</strong>, als einen Weg aus dem <strong>Leid</strong>.<br />
94 Transformation: Umformung, Umwandlung, Umgestaltung