PIBS NR.<strong>179</strong>/10.2003 H E I M A T . 32 � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � � Graue Erinnerungen * Ich komme aus Krakau Wenn Andrzej Kowalski das Krakau seiner Jugend mit dem Krakau von heute vergleicht, dann sagt er, es sei damals alles grauer gewesen. «Heute ist die <strong>Stadt</strong> farbiger. Es gibt Werbeplakate, die Leute kleiden sich anders, und auch die Cafés tragen zu einem viel bunteren <strong>Stadt</strong>bild bei.» Krakau mit rund einer Million Einwohnerinnen und Einwohnern ist deutlich grösser als <strong>Basel</strong>. Die Familie Kowalski lebte unter einfachsten Bedingungen. Andrzej und seine beiden jüngeren Brüder teilten mit den Eltern eine Ein-Zimmer-Wohnung. «Das änderte erst ganz am Ende meines Studiums an der Kunstakademie, als ich schliesslich daheim wegging», sagt der 52-Jährige. Dass es Kunst sein sollte und nicht eine Ausbildung, die vielleicht eher ein sicheres Einkommen versprochen hätte, stand bereits für den heranwachsenden Andrzej fest. «Woher das Talent zum Zeichnen und Malen genau kommt, ist schwer zu sagen. Meine Mutter ist nicht unbegabt, dazu hatten wir einige in der Familie, die musizierten – und auch einen Bildhauer.» Trotzdem sahen es die Eltern von Andrzej Andrzej Kowalski ist Lehrer an der Allgemeinen Gewerbeschule. Kowalski zuerst nicht gerne, dass er sich eher dem Musischen verbunden fühlte als zum Beispiel der Technik. «Als es um die Wahl des Gymnasiums ging, war ich noch zu jung, um mich gegen den Wunsch der Eltern zu stellen», sagt er. Aber mit der Matur im Sack schaffte er dann die Aufnahme in die Kunstakademie. «In Krakau passierte viel. Wir hatten Studio-Kinos, in denen zum Teil Filme gezeigt wurden, die das Regime eigentlich nicht tolerierte, und wir hatten auch eine aktive Theater-Szene.» Für ihn sei die Studienzeit jedenfalls eine sehr lebhafte, intensive Zeit gewesen. «An die Jahre vorher im Gymnasium erinnere ich mich dagegen kaum. Alle Freundschaften, die ich in Polen jetzt noch habe, gehen denn auch entweder auf die Primarschule oder die Studentenjahre zurück.» Als Exil-Pole verfolgte Andrzej Kowalski die Tage des Umbruchs aus der Ferne sehr genau. «Es war eine Zeit der Freude und der Befürchtungen: Wie würde es sein, plötzlich in ein anderes Polen zurückkehren zu können?» Die Kontaktaufnahme verlief nachher einfacher, als er gedacht hatte. «Ich konnte * mit meinen Freunden von früher eigentlich gleich wieder reden, als hätte es den Unterbruch nicht gegeben.» Andrzej Kowalski fährt etwa einmal im Jahr zurück nach Krakau. «Aber heute fühle ich mich in <strong>Basel</strong> daheim», sagt er. «Ich denke nicht, dass ich einmal für immer nach Polen zurückkehren möchte.» TEXT: MARKUS WÜEST FOTO: ERWIN ZBINDEN R E Z E P T . Golabki ˛ «Täubchen» (Weisskohlrollen) 1 Kabis (Weisskohl) 250 g Reis 250 g Suppenfleisch 50 g Butter 1 Ei 2 mittelgrosse Zwiebeln Salz und Pfeffer Kabisstiel entfernen und den Kabiskopf in leicht gesalzenem Wasser 15 bis 20 Minuten blanchieren. Wenn abgekühlt, vorsichtig einzelne Blätter abnehmen. Mit den obersten vier bis sechs Blättern eine backofenfeste Form auskleiden. Reis kochen. Zwiebeln klein hacken und in der geschmolzenen Butter dünsten. Das Fleisch kochen, abkühlen lassen und durch den Fleischwolf drehen. Fleischbrühe nicht wegschütten! Reis, Fleisch, Ei (roh) und Zwiebeln gut mischen und nach Belieben Salz und Pfeffer beigeben. Füllung auf eine Hälfte eines Kabisblatts legen, oberes und unteres Ende einknicken und sorgfältig zusammenrollen. Die fertigen Rollen in der vorbereiteten Form dicht schichten und mit Fleischbrühe begiessen. Im Backofen ca. 60 Minuten bei mittlerer Hitze braten. Von Zeit zu Zeit Fleischbrühe oder Wasser nachgiessen. Mit Pilz- oder einer andern Sauce als Hauptgang servieren. Tipp: Sehr schmackhaft zum Wiederaufwärmen.
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