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dabei ist“, sagt Jürgen Timm, der Funker, „desto stärker wird der<br />
Wunsch, einmal um das Kap zu segeln“. Wem es gelingt, der lässt<br />
sich das vom Leuchtturmwärter mit einer Urkunde bestätigen. „Man<br />
ist dann Cap Hornier und darf einen Ring im linken Ohr tragen“ – als<br />
hätte ihn der Teufel selbst durchgesteckt, scherzt Timm. Tatsächlich<br />
gibt es eine Bruderschaft der „Cap Horniers“. Doch „Yachties“ sind in<br />
diesem Zirkel verpönt. Seit der Orden 1936 im französischen St. Malo<br />
gegründet wurde, sind nur solche Fahrensmänner aufgenommen<br />
worden, die das Kap auf Frachtseglern ohne Hilfsmotor passiert<br />
haben. Ende Mai kommen die im Durchschnitt 87-jährigen Herren ein<br />
letztes Mal in der bretonischen Hafenstadt zusammen.<br />
Auch Nölter und Michaelis sind fasziniert von der Legende von Kap<br />
Hoorn. Von Jugend an sind der gebürtige Rendsburger und die<br />
Hamburgerin mit Segelbooten vertraut. Mit 17 machen sie, ohne<br />
voneinander zu wissen, Ostsee-Törns in offenen Kutter-Booten, die<br />
weder Motor noch Kajüte haben. Sie lesen die Abenteuerromane von<br />
Hermann Melville und Daniel Defoe. Während Johanna Michaelis<br />
Reisen auf gaffelgetakelten Traditionsseglern macht, zieht Klaus<br />
Nölter als Student nach Westberlin und wird Jollensegler auf dem<br />
Wannsee. 1987 lernen sie sich kennen – auf einem Segelschiff. Sie<br />
wollen straffällig gewordenen Jugendlichen an Bord beibringen, für<br />
sich und andere Verantwortung zu übernehmen. Aber vor allem<br />
verlieben sie sich. Nach einem Sturm vor Teneriffa weiß Nölter, dass<br />
er die Frau seines Lebens gefunden hat: „Ich kann mich in jeder Lage<br />
auf Johanna verlassen und mit ihr auch die Weltmeere bezwingen“,<br />
bekennt er später.<br />
Wir haben geheult und geflucht<br />
Ihre erste Weltumsegelung machen sie 1991 mit der eigens dafür<br />
erworbenen „Ole Hoop“. Klaus Nölter, Politologe und Journalist,<br />
schreibt ein Buch über diese Reise mit dem Titel „Der erfüllbare<br />
Traum“. Es verkauft sich sehr gut und findet besonders unter „Low<br />
Budget“-Seglern viele Nachahmer. Schon, als sie nach vier Jahren<br />
zurückkehren, ist klar: Sie wollen wieder los, das nächste Mal „rund<br />
Südamerika“.<br />
Im Januar 2001 rückt der Kap Hoorn- Traum erstmals in greifbare<br />
Nähe. Sechs Monate zuvor haben sie Hamburg verlassen, um für<br />
weitere drei Jahre um den Globus zu streifen. Das Kap ist ihr<br />
„heiliger Gral“. Und so tasten sie sich über den Atlantik vorsichtig an<br />
das Horn heran. Doch dann versperrt ihnen zweimal Wetterpech das<br />
letzte Stückchen Weg. Der Wind wird binnen Minuten zum heulenden<br />
Sturm. Frustriert geben Nölter und Michaelis auf und drehen<br />
Richtung Beagle-Kanal ab, einer schmalen Wasserstraße, der<br />
Hintertür zum Pazifik. „Wir haben geheult und geflucht“, schreibt<br />
Johanna Michaelis nach Deutschland. Sie entscheiden sich schließlich,<br />
nach Neuseeland zu fahren.<br />
Soll alles umsonst gewesen sein? Nach ihrer ersten Weltumsegelung<br />
hatten sie sich sechs Jahre lang in Hamburg auf den nächsten großen