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Es ist kurz vor 11 Uhr am nächsten Morgen, als Captain Eric Buck<br />
auf dem amerikanischen Forschungsschiff „Melville“ um Hilfe<br />
gebeten wird. Die chilenische Küstenwache hat das Seenotsignal der<br />
„Ole Hoop“ mittlerweile auch aufgefangen und die „Melville“ ist eines<br />
von drei Schiffen in der Nähe. „Das Wetter war ziemlich scheußlich“,<br />
berichtet Buck. Erst am späten Nachmittag kommt sein 83-Meter-<br />
Schiff im Suchgebiet an. 16 Stunden nach dem Notruf.<br />
Das wird unser Meisterstück<br />
Sie seien „keine Abenteurer oder Zivilisationsflüchtlinge“ gewesen,<br />
die wegfahren und nicht wiederkommen wollten, beteuern Freunde.<br />
Alles Draufgängerische lag ihnen fern. Sie seien „auf eine Art<br />
besessen gewesen“, sagt einer, „aber überlegt und akribisch,<br />
wagemutig und doch kontrolliert“. In Tahiti beobachten Nachbarn,<br />
wie die beiden „ganz kompromisslos ihr tägliches Arbeitspensum am<br />
Boot absolvierten“. In der Traumkulisse von Südsee-Atollen denken<br />
sie schon an die antarktischen Stürme. Besonders das innige<br />
Verhältnis des Paares hat viele beeindruckt. Er – ein „spröder,<br />
eigenwilliger und schwieriger Charakter, der manchmal den<br />
Politologen in sich nicht verheimlichen konnte“, sie – „eine<br />
humorvolle, aufgeschlossene und warmherzige Frau“. Jürgen Timm<br />
vernahm am anderen Ende der Funkwellen stets eine „gleichbleibend<br />
fröhliche Stimmungslage, von der man nicht darauf schließen konnte,<br />
was wirklich an Bord los war“.<br />
Das Schiff wurde von ihnen gleichberechtigt geführt. Auch in der<br />
Unglücksnacht des 12. Dezember dürften sie sich nach alter<br />
Gewohnheit alle zwei Stunden abgelöst haben. Wahrscheinlich<br />
standen sie also abwechselnd am Ruder, wenn sie nicht unter Deck<br />
auf besseres Wetter warteten. Die Seenotboje war ebenfalls dort<br />
befestigt. Um Mitternacht wurde sie über Bord geworfen.<br />
17 Stunden später erreicht auch der Tanker „Stena Spirit“ die<br />
Unglücksstelle. Er ist voll beladen und kann kaum etwas tun. So<br />
können nur die „Melville“ und ein chilenischer Fisch-Trawler nach<br />
den Vermissten suchen. „Wir sahen die anderen nur einmal kurz auf<br />
einem Wellenkamm“, erzählt Buck. „Außerdem sprach die<br />
Mannschaft nur spanisch und ein paar Brocken Englisch, so dass wir<br />
sie nicht zu einer systematischen Suche bewegen konnten.“ Trotzdem<br />
sichtet ein Ausguck der „Melville“ um 20 Uhr 15 die gelbe<br />
Rettungsboje. Sie ist nicht gößer als eine Magnum-Flasche. Mehr ist<br />
von der „Ole Hoop“ nicht zu sehen.<br />
Wussten Klaus Nölter und Johanna Michaelis, was auf sie zukam? Die<br />
Wellen waren so hoch, wie die „Ole Hoop“ lang war – gute elf Meter.<br />
Nach Modellversuchen, in denen die Stabilität von Yachten bei<br />
brechenden Seen getestet wurde, hätte sie schon einer kollabierenden<br />
Welle von sechs Metern nicht getrotzt. Das Boot stürzt dann kopfüber<br />
oder seitlich eine Wellenfront herunter, wird von tonnenschweren<br />
Wassermassen begraben und wie in der Waschmaschine um die<br />
eigene Achse gedreht. „Yachten, die diesen Trip machen, müssen sich