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Moral, Ethik und Werte - Georg-W. Moeller

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36 | knowledge<br />

„Wir trauen dem Geweihten<br />

wieder etwas zu“<br />

THEOLOGIN IM INTERVIEW<br />

Lange Zeit galt sie hierzulande fast schon als Auslaufmodell, jetzt erobert<br />

die Religion ihren Platz in der Gesellschaft zurück. Über die Gründe für<br />

diese Entwicklung <strong>und</strong> deren Auswirkungen auf die Arbeitswelt sprach<br />

managerSeminare mit der Theologieprofessorin Dr. Susanne Sandherr.<br />

Die Vermittler von Firmen-Geistlichen aus<br />

den USA haben ihre ersten Standorte in Europa<br />

geschaffen. Wie kommt es, dass die Vereinigten<br />

Staaten uns vorführen, wie die Rückkehr<br />

zur Religion funktioniert?<br />

Prof. Dr. Susanne Sandherr: Die transatlantische<br />

Pipeline ist intakt. Das zeigen uns<br />

viele Beispiele. Wir haben Coca-Cola importiert,<br />

auch Marlboro, das Hollywood-Kino<br />

<strong>und</strong>, in den Siebzigerjahren beginnend, die<br />

Schnellimbisskette McDonald‘s. Jetzt ist es<br />

eben die öffentlich ausgeübte Religion, die<br />

aus Amerika zu uns gelangt.<br />

Hat die Religion in den USA eine bessere<br />

Bühne?<br />

Sandherr: Gewiss. In den Vereinigten Staaten<br />

gibt es eine viel größere Religionsfre<strong>und</strong>lichkeit<br />

als in Europa. Zudem ist es auf der<br />

anderen Seite des Atlantiks ganz normal,<br />

Religiosität auch öffentlich zur Schau zu<br />

stellen. Gottesdienste, das Gebet, der Glaube,<br />

all das ist Teil des öffentlichen, auch<br />

medial gezeigten Lebens.<br />

managerSeminare | Heft 141 | Dezember 2009<br />

Aber warum erreicht uns der Religionstrend<br />

erst jetzt?<br />

Sandherr: Lange Zeit schien es so, als spiele<br />

Religion in unserem Alltag keine Rolle mehr.<br />

Die moderne, aufgeklärte Gesellschaft hatte<br />

keinen Platz mehr für Religion. Der Philosoph<br />

Hans Joas sagte, dass Modernisierung<br />

keineswegs mit Säkularisierung einhergehen<br />

muss. Heute sehen wir, dass Joas‘ These richtig<br />

ist – der Glaube ist im Begriff, den Alltag<br />

zurückzuerobern. Religion ist eine starke<br />

spirituelle Ressource. Das zeigt uns die islamische<br />

Welt, aber eben zunehmend auch<br />

das alte Europa ...<br />

Und deswegen gibt es jetzt Gebetskreise in der<br />

Hauptverwaltung einer Großbank <strong>und</strong> einen<br />

Kongress christlicher Führungskräfte, der aus<br />

allen Nähten platzt ...<br />

Sandherr: Das sind sichtbare Ergebnisse<br />

einer länger andauernden Entwicklung.<br />

Der Einfluss des Gedankenguts von 1968<br />

schwindet. Diese Jahreszahl war das Symbol<br />

der bedingungslosen Moderne in allen<br />

Bereichen der Gesellschaft. 1968 brachte<br />

uns das Versprechen der Gestaltbarkeit.<br />

Alles ist machbar, gestaltbar <strong>und</strong> rational<br />

erklärbar. Die Kirche hatte in dieser Denkweise<br />

keinen Platz mehr, sie galt als dumpfautoritäre,<br />

gestrige Institution. Aber das<br />

neue Jahrtausend hat hier einen Sinneswandel<br />

gebracht. Heute ist es wieder sozial<br />

akzeptiert, sich der Religion zuzuwenden.<br />

Auch im Büro muss niemand mehr seinen<br />

Glauben verheimlichen.<br />

Offensichtlich auch nicht die Top-Manager.<br />

Der Unternehmer Ludwig <strong>Georg</strong> Braun war<br />

bis 2009 Präsident des Spitzenverbandes<br />

DIHK. Bei seinem Amtsantritt 2001 verwies<br />

er deutlich auf seinen christlichen Glauben.<br />

Sandherr: Vor 30 Jahren wäre so etwas<br />

noch nicht möglich gewesen. Dass sich eine<br />

Führungskraft in einer herausgehobenen<br />

Position offen zum Glauben bekennt, ist<br />

ein Zeichen der Postmoderne. Ihr Kennzeichen<br />

sind die Beliebigkeit, Medien <strong>und</strong><br />

Internet zeigen uns jeden Tag: Alles ist<br />

möglich. In diesem Umfeld können es die

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