Moral, Ethik und Werte - Georg-W. Moeller
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nehmensbereich schlecht geht <strong>und</strong> einer von<br />
zwei Mitarbeitern entlassen werden muss“,<br />
erklärt Rettig. Die Mitarbeiter diskutieren<br />
dann, wie sie entscheiden würden <strong>und</strong> wie<br />
ihre Entscheidung mit den <strong>Werte</strong>n <strong>und</strong> den<br />
Gr<strong>und</strong>sätzen ihrer Person <strong>und</strong> ihres Unternehmens<br />
übereinstimmt.<br />
Der erhobene Zeigefinger hilft nicht<br />
Der Trainer versteht sich bei <strong>Ethik</strong>seminaren<br />
in der Regel als Moderator. Es geht ihm<br />
nicht darum, den Teilnehmern mit dem<br />
erhobenen Zeigefinger moralische Vorschriften<br />
zu machen <strong>und</strong> Verhaltensanweisungen<br />
zu geben. Er möchte sie zu eigenständigem<br />
Denken animieren, erreichen,<br />
dass sie selbst den Wert einer werteorientierten<br />
Führung erkennen <strong>und</strong> sich bewusst<br />
dafür entscheiden, danach zu handeln.<br />
Denn: Zum einen lassen sich <strong>Werte</strong> schlecht<br />
von außen vorgeben, sie werden im Idealfall<br />
selbst erarbeitet. Zum anderen brauchen die<br />
Führungskräfte ethische Kompetenz, um<br />
eigenständig handeln zu können.<br />
„Die Kunst der Güterabwägung kann <strong>und</strong><br />
muss man selbst lernen“, sagt auch Konrad<br />
Stadler. „Schließlich kann ich den Führungskräften<br />
nicht sagen, wie sie sich bei ihren<br />
nächsten 5.000 Entscheidungen verhalten<br />
sollen.“ Stadler bietet beim Anselm Bilgri<br />
Zentrum für Unternehmenskultur seit neuestem<br />
eine der wenigen umfangreichen firmenübergreifenden<br />
Weiterbildungen zum<br />
Thema <strong>Ethik</strong> an. Zielgruppe sind junge Führungskräfte,<br />
die lernen möchten, wie sie sich<br />
<strong>und</strong> ihren Mitarbeitern in turbulenten Zeiten<br />
Orientierung verschaffen können.<br />
Um zu verdeutlichen, worum es beim<br />
ethischen Handeln geht, nutzt das Anselm<br />
Bilgri Zentrum für Unternehmenskultur die<br />
Regel des heiligen Benedikt von Nursia.<br />
Diese gilt bereits seit mehr als 1.500 Jahren<br />
für das Zusammenleben <strong>und</strong> -arbeiten der<br />
Benedektiner-Mönche. Darin kommen zunächst<br />
verstaubt wirkende Begriffe wie De-<br />
„Ich kann den Führungskräften<br />
nicht sagen, wie<br />
sie sich bei ihren nächsten<br />
5.000 Entscheidungen<br />
verhalten sollen.“<br />
Konrad Stadler, Anselm Bilgri Zentrum für<br />
Unternehmenskultur, München. Kontakt:<br />
stadler@a-zu.de<br />
mut, Dienen oder Gehorsam vor. Doch auch<br />
hier heißt es, sorgfältig <strong>und</strong> differenziert zu<br />
schauen, was darunter zu verstehen ist: „Dass<br />
Führen auch Dienen bedeutet, heißt nicht,<br />
zurückhaltend zu sein <strong>und</strong> es allen Recht zu<br />
machen“, so Stadler. Vielmehr gehe es darum,<br />
den Mitarbeitern zu helfen, sich zu entfalten<br />
<strong>und</strong> ihre Fähigkeiten bestmöglich einzusetzen.<br />
„Da können durchaus auch harte <strong>und</strong> klare<br />
Worte notwendig sein“, erklärt Stadler.<br />
Ethisches Handeln erfordert Mut<br />
Überhaupt gehöre das Thema <strong>Ethik</strong> nicht<br />
in die Softie-Ecke. Gefragt seien klare Entscheidungen,<br />
die häufig großen Mut erforderten.<br />
Bequem ist das Bekenntnis zur<br />
ethischen Führung Stadlers Ansicht nach<br />
ohnehin nicht. Stadler: „Es geht darum,<br />
Widersprüche auszuhalten.“ Schließlich<br />
wolle jeder, der ernsthaft über sein Tun<br />
nachdenke, am liebsten Sachen machen, die<br />
Sinn ergeben. Dinge, mit denen er aus seinem<br />
Wissen <strong>und</strong> Gewissen heraus dauerhaft<br />
zufrieden sein kann. „Was ist aber jetzt,<br />
wenn etwa ein Unternehmer ein neues<br />
Geschäftsfeld für sich findet <strong>und</strong> ein Teil<br />
seiner Mannschaft dafür nicht geeignet ist?<br />
Wie geht er damit um, wenn er Menschen<br />
enttäuschen muss?“, fragt Stadler. Als weiteren<br />
wichtigen Punkt, auf den in <strong>Ethik</strong>seminaren<br />
Wert gelegt werden sollte, nennen die<br />
Experten das Finden einer sachlichen Ebene:<br />
„<strong>Ethik</strong> bedarf einer gewissen Rationalität.<br />
Diese ist jedoch nicht vorhanden, wenn sich<br />
jemand im hektischen Alltag ausschließlich<br />
von Emotionen regieren lässt“, sagt Stadler.<br />
Zunächst sollte man sich daher fragen: Bin<br />
ich im Augenblick überhaupt fähig, eine<br />
ganzheitliche Sichtweise einzunehmen?<br />
Oder sehe ich gerade nur noch Ausschnitte?<br />
„Häufig sind wir voll bis obenhin“, weiß der<br />
<strong>Ethik</strong>experte <strong>und</strong> empfiehlt, erst einmal zu<br />
überlegen: Wie kann ich runterkommen,<br />
damit ich die Sache ganzheitlich <strong>und</strong> in<br />
Ruhe betrachten kann?<br />
A<br />
development | 83<br />
managerSeminare | Heft 98 | Mai 2006